Ergänzungsblätter Nr. 1 bis Nr. 15, Steyr 1848

sich zu dieser Clique bekannten. Das waren die Leute, die glaubt, daß die wahre Andacht nicht am Tage geht, sie ist jeden Augenblick ein: „Gelobt sei Jesus Christ!“ im Munde, scheu wie die wahre Liebe; im Dunkel des Waldes oder in führten, mit niedergeschlagenen Augen durch die Strassen, stiller Kammer mag sie gern ihre heißesten Gebete zum schlichen, und Tod und Verdammniß von den Kanzeln heul= Thron des Ewigen emporsenden. Und weg mit den „No¬ ten, die den Beichtstuhl zum Flüsterwinkel ihrer Begierden senkranzvereinen“ die ebenso verdächtig sind, wie das machten, und derweil sie Fasten und Almosengaben predig=, heimliche Treiben der Liguorianer. „Der Glaube ohne Werke ten, bei vollen Schüsseln schwelgten und Schätze häuften, ist todt“ heißt es in der Schrift, und der Zöllner der still auf unbillige Weise. an die reuige Brust klopfte war besser denn der Pharisäer. Ihr alle, die ihr dieses leset, hüthet euch vor denen, Ihn empfing die Musik der Sfären so gewiß, als unsere die gleich den Liguorianern, wenn auch nicht ihres Ordens, Liguorianer ihre Katzenmusik bekamen. Ich befehle Euch meine lieben Landsleute dem Schutze sich schon bei Lebzeiten den Stralenkranz der Heiligkeit ums Haupt zu werfen suchen. Hüthet Euch vor ihnen und Gottes. Silv. Pötzelberger. Eingesendetes. Noch eine öffentliche Antwort! Die in Nr. 5 dieser Blätter gestellte öffentliche Anfrage erhiekt zwar in Nr. 6 bereits eine Antwort. Ohne die Wahr¬ heit der darin enthaltenen Worte auf irgend eine Weise anfechten zu wollen, sehe ich mich dennoch veranlaßt, auch meinerseits einige Erörterungen abzugeben, um jener Anfrage, welche un¬ geachtet ihrer Kurze Grundlichkeit, nüchterne Auffassung der Verhältniße, und rege Menschenliebe beurkundet, soviel es vom ärztlichen Standpunkte aus möglich ist, zu entsprechen: „Mit dem Promotionseide gelobet der Arzt mit der nähm¬ lichen Sorgfalt und Freundlichkeit den Armen wie den Reichen beizuspringen“.“ Der Kreisarzt gelobet mit seinem Eide „den Armen so wie den Reichen ohne Unterschied mit gleichem Eifer und mit Menschenliebe zu behandeln, und die Heilung zu befördern**“). Die Verpflichtung zur Behandlung Armer ist eine all¬ gemeine, denn ein jeder Arzt geht diese in demselben Augen¬ blicke ein, in welchem seine arztliche Qualifikation ausgesprochen und er promovirt wird. Die Stellung, welche der Arzt bei oder nach seinem Ein¬ tritte in das öffentliche Leben einnimmt, übt auch ihren Einfluß auf den Umfang dieser Verpflichtung aus. Beschränkt sich der Arzt lediglich auf die Ansübung der Heilkunde, so erleidet diese Verpflichtung keine Abänderung. Tritt er dagegen in einen Diensi, so werden ihm durch die mit demselben verbundenen Obliegenheiten besondere Verpflichtungen auferlegt. Diese sind von der Art, daß sie entweder jene allgemeine steigern, und seine ganze Thätigkeit den Armen zuwenden, oder, daß sie an¬ dere Leistungen in den Vordergrund siellen, welchen alle ande¬ ren Rücksichten weichen mussen. Der in Nr. 6 dieser Blätter angezogene Amtsunterricht für die Kreisämter 2c. ist bereits im Jahre 1785 erlassen, und durch die mit hoher Hofkanzlei=Verordnung vom 14 Februar 1809, (kundgemacht von der k. k. ob deretsischen Regierung am 14. Dezember 1813, Zahl 2924,)***) herabgelangte Instruc¬ tion fur das Kreissanitäts=Personale ersetzt, und außer Wirk¬ samkeit gebracht worden. In diesem Letzteren ist der erwähnte § 24 nicht mehr ent¬ halten; vielmehr heißt es dort: 7§2. Das was der Protomedikus in Hinsicht einer ganzen Provinz ist, ist der Kreisphisikus in Bezug auf seinen Kreis. Er führt die Aufsicht a über den allgemeinen Gesundheitszustand; b über das Sanitäts=Personale; *) Uebersicht der Gesetze und Verordnungen in Bezug auf das Sanitatswesen von Dr. Streinz 2c. S. 61. **) Ebendaselbst S. 21. Verordnung der k. k. obderennsischen Regierung vom 29. Dezember 1814, Zahl 16599. **) Ebendaselbsi S. 18. c über die Spitäler, Gebärkindel=, Siechen=, Erziehungs=, Zuchthäuser, Gefängniße des Kreises u. s. w.; d besorgt bei Epidemien und Viehseuchen die zu ergreifenden Maßregeln im Kreise. Erwägt man, wie vor mehr als sechszig Jahren die Be¬ völkerung minder dicht, die Lebensweise einfacher, das Leben ruhiger, das Gemuth heiterer, der Erwerb leichter, das Ein¬ kommen gesicherter, das Verarmen seltener, und die Unterstut¬ zungen obschon nicht häufiger, so doch fruchtbarer waren: wie der Landmann bei vorkommenden Erkrankungen arztlichen Bei¬ stand höchst selten in Anspruch nahm, und sich mit Diät und den einfachsien Hausmitteln behalf, so wird man leicht begreifen, daß der Kreisphisikus solchen Obliegenheiten, welche sich sogar auf Kranke außerhalb seines Wohnortes ausdehnten,*) ohne Anstand nachkommen konnte, obwohl er oft der einzige Arzt im Kreise war. Die allmählige Reglung des Sanitätswesens, die Heran¬ bildung desselben zu einem besonderen Zweige der Amtswirksam¬ keit politischer Behörden, die Schreibseligkeit unseres Zeitalters mit allen ihren durch Formalitäten, Controllen, und großen Kleinigkeiten bediengten Schwerfälligkeiten veränderte die Stel¬ lung des Kreisphisikers, welcher als ärztliches Individuum be¬ trachtet sich im Schwarme der Heilkünstter im Kreise, ja selbst im Kreisorte verlor. Diese Beziehung wurde von den hohen Behörden erkannt, und dem gemäß die Norm festgesetzt, wor¬ nach seinem ärztlichen auf den ganzen Kreis Bezug habenden Verrichtungen die Priorität zuerkannt ward. Hätte der Kreisphisikus die unmittelbare Verpflichtung zur Armenbehandlung, so mußte er gehalten fein, dieserwegen die offiziosen Reisen zurückzulehnen, oder in einem solchen Falle auf seine Kosten und Gefahr einen Stellvertreter beizuschaffen, was wohl Niemand behaupten wird. Wenn der Kreisphisiker gelobet dem Armen mit gleichem Eifer wie dem Reichen beizusiehen, so macht er sich keineswegs anheuschig, alle Armen einer Stadt zu übernehmen, weil er diesen bei einer übergroßen Anzahl Kranker nicht die nöthige Sorgfalt widmen, und dann wieder wegen Vernachlässigung der bereits übernommenen Patienten zur Verantwortung gezogen werden könnte. Er hat daher durchaus keine größere Verpflich¬ tung zur Behandlung der Armen, als sie dem Arzte überhaupt auferlegt ist, woraus sich ergiebt, das hier Niemand ge¬ halten sei, sich der Armenbehandlung unabweisbar zu unterziehen. Da es mir aber nicht lediglich um eine Antwort auf die erschwebende Frage, sondern um eine des Gegenstandes würdige Erörterung in Bezug auf Steyr, und um Ertheilung einer den Menschenfreund unter den gegebenen Verhältnissen möglichst beruhigenden Auskunft zu thun ist, so sehe ich meine Aufgabe¬ als noch nicht gelösi an, und erlaube mir noch Folgendes vor¬ (Fortsetzung folgt.) zubringen. *) Amtsunterricht vom Jahre 1785, § 25. Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredacteur des nichtpolitischen Theiles F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandböck und Haas in Steyr.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2