Heft 31 April 1974 Gründungsjahr 1948 Veröffentlichungen des fCulturamtes der Stadt Steyr Schriftleitung : D r. Volker Lutz D r. Josef Ofner: Kunstchronik der Stadt Steyr Architektur, Bildhauerei und Malerei (Schluß) Erwin Pöschl Steyrs Bedeutung in den Anfängen der Elektrotechnik und Elektroindustrie (1882 — 1886)
Alle Rechte Vorbehalten Herausgegeben vom Magistrat der Stadt Steyr Eigentümer, Herausgeber und Verlag : Stadtgemeinde Steyr Für den Inhalt verantwortlich: Dr. Volker Lutz Prietzel-Druck Steyr
jCunstcbronik der Stadt Steyr von Dr. Josef Ofner Architektur, Bildhauerei und Malerei (Schluß)
'fcae Schloß Steyr Im Jahre 1614 verlieh Kaiser Matthias das Burggrafenamt der Herrschaft Steyr Georg Siegmund Freiherrn von Lamberg. Kaiser Ferdinand II. überließ ihm um 1630 pfandweise Burg und Herrschaft.1) Der Dreißigjährige Krieg und die Türkeneinfälle zwangen die Landesfürsten, große Herrschaften (Freistadt 1622, Wels 1654) zu verkaufen.2) Die ausgedehnte Grundherrschaft Steyr erwarb 1666 von Kaiser Leopold I. um 365.844 Gulden Johann Maximilian Reichsgraf von Lamberg.3) Dieser Besitzwechsel bewirkte bauliche Veränderungen und eine Bereicherung der in der Burg vorhandenen Kunstwerke. So stammt aus dieser Zeit der Schloßbrunnen mit Hundeplastik.4) Im folgenden Jahre ließ der Burginhaber einen neuen Turm erbauen,5) vermutlich den aus dem Nordtrakt vorspringenden Uhrturm. Unter Franz Josef von Lamberg wurde 1687 ein schönes Gartenhaus im Hofgarten (heute Schloßpark) errichtet, die damals noch recht mittelalterlich aussehende Styraburg restauriert und Innenräume von den Malern Anton Galliardi und Karl von Reselfeld mit Fresken geschmückt.6) 1689 schuf Reselfeld für den Hofgarten um 12 Gulden ein Gemälde, den „Herkules“ darstellend.7) Für die Lamberge arbeiteten auch die Maler Degenhart und Mader. Christoph Matthäus Degenhart malte 1655 „den Jungen Herrn Johann Philipp Graven v. Lamberg in seiner völligen Statur zwaymal“ und ein Antipendium für die Hofkapelle, außerdem reinigte er „alle vorhandene Gemahlene bilder und Kunstwerke, alles um 17 Gulden.“8) Balthasar Mader hatte 1673 seine Werkstatt im gräflich Lambergischen Freihaus am Graben.9) 1689 lieferte er dem Grafen um 10 Gulden Abkürzungen : K. = Kasten, L. = Lade, F. = Faszikel, Rp. = Ratsprotokoll, VKSt. = Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, fl. = Gulden, s = Schilling, d = Pfennig, Hs. = Handschrift. Alle in dieser Arbeit zitierten Quellen, deren Archivzugehörigkeit nicht vermerkt ist, befinden sich im Stadtarchiv Steyr. ’) F. X. Pritz, Beschreibung und Geschichte der Stadt Steyer und ihrer nächsten Umgebungen (1837), S. 242. — A. Rolleder, Heimatkunde von Steyr, 1894, S. 127. 2) A. Hoffmann, Wirtschaftsgeschichte des Landes Oberösterreich, 1952, S. 86. 3) Oö. Landesarchiv, Herrschaft Steyr, Urkunde Nr. 66 a. — Rolleder, Steyr, S. 128. 4) Der Hund ist das Wappentier der Lamberge. Die alsTräger des Ausflußrohres dienende Brunnenfigur zeigt die Jahreszahl 1666. Dehio, Oberösterreich, 1958, S. 326. 5) Rp. 1667, 84. — Die städtischen Zimmermeister ersuchten den Stadtrat, den Burgherrn zu bewegen, heimische Meister zu beschäftigen. E. Krobath, Die Bürgermeister der Stadt Steyr und ihre Zeit. VKSt., Heft 25, 1964, S. 13. 6) Rolleder, Steyr, S. 129 f. 7) J. Wussin und A. Ilg, Beiträge zur österr. Künstler-Geschichte. Mitteilungen der k. k. CentralCommission. Jg. XV., Wien 1889, S. 34. 8) Wussin, Ilg, Beiträge, S. 34. 9) Die Stadtobrigkeit beschwerte sich über Mader, da er kein Recht besaß, in diesem Hause ein Gewerbe auszuüben. Rp. 1673, 65. 9
„eine gemahlte schiacht.“10) Im oberösterreichischen Landesmuseum befindet sich von ihm ein Entwurf zu einem Altarbild, darstellend Gottvater, die Muttergottes, einen Abt und eine Äbtissin. Die lavierte Tuschpinselzeichnung aus dem Jahre 1673 verrät eine große künstlerische Begabung.11) Der große Brand des Jahres 1727 fügte der Burg einen Schaden in der Höhe von 92.500 Gulden zu. Für den Wiederaufbau, der in den Jahren 1728 bis 1731 durchgeführt wurde, lieferte der Baumeister Johann Michael Prunner aus Linz die Pläne. An dem Bau arbeiteten auch der Metalidecker Wenzel Dobrischistky aus Steyr, der Linzer Kupferschmied Michael Kipferling, der Linzer Vergolder Franz Joseph Feldberger und der Schloßzimmermann Matthias Reuthner.12) Damals erhielt die zu einem Schloß umgestaltete Styraburg einen prachtvollen Hallentorbau. Gegenüber entstand die reichgeschwungene Fassade der Schloßkapelle. Die Einförmigkeit der langen Ostfront erfuhr eine Belebung durch das mächtige Portal und durch den barocki- sierten Vorsprung der Schloßkapelle. Den Burggraben überquert seither eine Arkadenbrücke mit einem dachlosen Rundbau gegen den Park zu.13) Besondere Beachtung verdienen in diesem Rondell die reichen schmiedeeisernen Fensterkörbe,14) die aus der Werkstätte des Schlossers Georg Eder stammen könnten.15) Prächtig wurden auch einige Innenräume gestaltet, vor allem die Bibliothek,16) die Fürstenzimmer und die Schloßkapelle. Das Gemälde „Christus am Kreuze“ für den Altar derselben malte um 1770 Franz Xaver Gürtler.17) „Die Bauformen des Schlosses“, sagt Grimschitz, „weisen eindeutig auf den Formenvorrat Prunners, der sich stärker als sonst den architektonischen Ausdrucksmitteln Hildebrandts nähert“.18) Prunner erbaute auch das geräumige Gartenhaus im Hofgarten, in dem mehrere Statuen aufgestellt waren.19) Große Verdienste um den Wiederaufbau und die Erneuerung des Herrschaftssitzes erwarb sich Graf Josef Dominik von Lamberg, Fürstbischof von Passau (1680 — 1761) .20) 10) Wussin, llg, Beiträge, S. 34. n) Die weißgehöhte Tuschzeichnung trägt unten rechts die Bezeichnung „B. Mader f: 1673“, 375 x 240 mm. Oö. Landesmuseum, Graph. Sammlungen, Inv. Ha 391 a. Für die Vermittlung einer Aufnahme des Bildes danke ich bestens Herrn Oberrat Dr. A. Marks. ,2) B. Grimschitz, Johann Michael Prunner. Wien 1958, S. 55 f. 13) Dehio, Oberösterrech, S. 326. u) O. Kästner, Eisenkunst im Lande ob der Enns, 1961, S. 83. 15) Eder erhielt 1675 in Steyr das Bürgerrecht. Rp. 1675, 109, 124, 139. Er arbeitete um 1687 mit Melchior Preisinger an dem Fischbehälter-Gitter in Kremsmünster. Kästner, Eisenkunst, S. 138. 16) Nach E. Schmidel (Die gräfl. Lamberg’sche Bibliothek in Steyr. Steyrer Zeitung v. 12. 6. 1895) umfaßte die Bibliothek 12.000 Bände, nach G. Neweklowski (Das Schloß von Steyr. Unterhaltungsbeilage der Linzer Tages-Post v. 20. 10. 1907) 14.000 Bände. 17) Dehio, Oberösterreich, S. 331. — Nach Profanierung der Schloßkapelle im Jahre 1938 kam das Altarbild in die Franz-Xaver-Kapelle der Vorstadtkirche St. Michael. ,8) Grimschitz, Prunner, S. 55 f. — Schweren Schaden erlitt das Schloß neuerdings durch den Stadtbrand am 21. Juni 1824. I. Schroff, Hs. Annalen, Band III, S. 81. K. XI. ,9) Am 15. 9. 1770 erhielt der bgi. Bildhauer Josef Schuster für das Ausbessern „samentlicher Statuen samt Pasen (Basen, Sockel) im hiesigen Hofgarten“ den Betrag von 60 Gulden. Wussin, llg, Beiträge, S. 34 f. 2°) Rolleder, Steyr, S. 130. 10
Den an der Straße nach Christkindl liegenden alten, Wirtschaftszwecken dienenden herrschaftlichen Quenghof (Spitalskystraße Nr.12) ließ 1710 Anna M. Gräfin von Lamberg von dem Steyrer Baumeister Georg Aigner durch den Zubau eines „Stockes“ vergrößern.21) Die schöne, mit zwei Eckgiebeln und einem sehenswerten Einfahrtstor ausgestattete spätbarocke Fassade erhielt das Gebäude in den Jahren 1747 bis 1750 unter Fürstin Aloisia von Lamberg, geb. Gräfin von Harrach.22) Im hinteren Hoftrakt befindet sich ein hübscher Renaissance-Wandbrunnen. t>er Neubau des (Rathauses Der Bauzustand des alten Steyrer Rathauses verschlechterte sich zusehends in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts. Um 1720 war der Turm „im Ghiltz (Gehölz) Völlig verfault“23) und die Uhr schadhaft.24) Im Jahre 1749 stellte Stadtbaumeister Gotthard Hay- berger schwere Schäden am Dachstuhl fest.25) Vorläufig aber gestattete die ungünstige Wirtschaftslage noch nicht die Ausführung eines größeren Bauvorhabens. Am 26. November 1757 legte Hayberger dem Stadtrat „den grundris vor, auf was arth das Rathaus erbauet werden könte“.26) Er wurde beauftragt, einen Kostenvoranschlag zu erstellen. In der Folgezeit ließ der Magistrat im „Gmain Holz“ für den Neubau Holz Schlägern. Doch der Baumeister war mit diesem Material nicht zufrieden. Am 21. Mai 1759 berichtete er der Stadtobrigkeit, daß von 99 ausgehackten und etlich zwanzig unausgehackten Bäumen kaum sechs „die erforderliche Größe zu Dippelböden besitzen“, die übrigen könnten nur „zu Rafen und Mauerbänkh oder Christ-Holtz (Gerüstholz“ verwendet werden, außerdem sei das Holz meist „Kern failig“ (kernfaul). Mit Fuhrlohn und sonstigen Auslagen komme es „um 2 Drittel höher“ zu stehen als das „Holz aus der Enns“.27) Der Siebenjährige Krieg zwang zur Einstellung der Vorarbeiten. Kaum aber war der Friede zu Hubertusburg geschlossen (15. Februar 1763), beschäftigte sich schon am 22. Februar die Stadtverwaltung mit dem Rathausprojekt. Sie verhandelte nun über den „Riß von H. Hayberger und Hueber.28) Doch die Bauangelegenheit mußte abermals hinausgeschoben werden, sicherlich auch mit Rücksicht auf den um diese Zeit erkrankten Hayberger. Erst einige Monate nach seinem Ableben 21) Kosten 400 fl. Oö. Landesarchiv Linz, Herrschaft Steyr, Schachtel 418. 22j Oö. Landesarchiv Linz, Herrschaft Steyr, Schachtel 1266, Nr. 59/1963. — Dehio, Oberösterreich, S. 333. 23) Rp. 1720, 87. 24) Rp. 1693, 233 ; — 1720, 36. 25) F. Bau- u. Straßensachen 1490 — 1777, K. III, L. 19, Nr. 4464. 26) Rp. 1757, 428. 27) F. Bau- u. Straßensachen 1490 — 1777, K. III, L. 19, Nr. 4471. Holz aus der Enns Floßholz, das die Steyrer Holzhändler verkauften. 28) Rp. 1763 , 44. — Vermutlich haben damals Hayberger und der bürgerliche Maurermeister Wolfgang Hueber gemeinsam an dem Plan gearbeitet. 11
am 7. März 1764 befaßten sich die Stadtväter wieder mit dem Neubau des Rathauses. Am 13. August unterbreitete der Gastwirt und Oberstadtkämrperer Johann Mayrhofer seinen Ratsfreunden „den von Hueber Maurermeister entworfenen Rathaus Riß und Überschlag.“29) Da ab 1765 Hueber auch für das „Rüss machen und alle extra Arbeit“ besonders entlohnt wurde,30) wäre die Annahme, daß das neue Ratsgebäude zum Teil ein Werk des Maurermeisters sein könnte, nicht ganz unberechtigt. Wolfgang Hueber war nämlich ein tüchtiger Baufachmann, der schon durch viele Jahre in Steyr tätig war. Sein „Riß“, der jedenfalls nur bestimmte Wünsche der Stadtobrigkeit zu berücksichtigen hatte, beruhte aber ohne Zweifel auf der Gesamtplanung Haybergers. Das Ansuchen des Magistrats um die Genehmigung zur Erbauung des Rathauses wurde am 28. August der Landeshauptmannschaft überreicht. In dem mit „Bau Rüß sambt Überschlag“ versehenen Gesuch betonten Bürgermeister, Richter und Rat die Dringlichkeit des Bauvorhabens, da ja im alten Gebäude keine feuer- und einbruchsicheren Gewölbe zur Aufbewahrung des Geldes und wichtiger Dokumente vorhanden seien. Der Magistrat wies hin auf den vor wenigen Jahren verübten „gewaltätigen Einbruch in das Steueramt“ und gab der Hoffnung Ausdruck, innerhalb von drei Jahren das „nothwendige gebäu“ vollenden zu können. Zur Finanzierung werde er jährlich aus der Stadtkasse 2000 Gulden aufbringen und auch ausständige Gefälls- reste verwenden. Abschließend wird „dises so höchst nöthigen ge- bäues halber, umb die hochgnädige erlaubnus“ gebeten.3’) Am 20. September erteilte die Landeshauptmannschaft die Baubewilligung, verlangte aber, daß der Überschlag nicht überschritten und in jedem Quartal über den Baufortschritt und über die Auslagen berichtet werde.32) Im Jänner 1765 wurde mit den Vorarbeiten begonnen.33) Am 26 März meldete Mayrhofer im Stadtrat, „daß er anheute das Rathaus-Gebäu in Gottes Namen angefangen" habe. Er stellte einen Polier an, dem er „vor Lohn samt Kost täglich 30 Kreuzer“ bezahlte.34) Der Magistrat übertrug dem Oberstadtkämmerer die Vergebung sämtlicher Arbeiten. Auch den Bildhauer, der die auf dem Geländer der Attika anzubringenden Statuen anfertigen sollte, konnte er nach freiem Ermessen wählen.35) Vermutlich beauftragte Mayrhofer damit einen Bildhauer aus St. Florian.36) ”) Rp. 1764, 281. RP- 17ß6. 291. — J. Ofner, Das Rathaus der Eisenstadt Steyr. Oö. Heimatblätter, Jg. 24, 1970, S. 8. 31) Am 28. 8. 1758 wurde „alles vorrätige Steueramtsgeld im Betrage von 1960 Gulden 45 Kreuzer 3 Pfennige gestohlen.“ Rp. 1758, 411. 32) F. Bau- u. Straßensachen 1490 — 1777, K. III, L. 19, Nr. 4474 : Ansuchen (Konzept) 33) Rp. 1765, 14. 34) Rp. 1765, 107. 35) Rp. 1765, 72, 315. “) Die sechs allegorischen, vorzüglich gearbeiteten Statuen aus Gaflenzer Muschelkalk deutet E. Krobath als symbolische Darstellung der städtischen Gerichts- und Verwaltungsbefugnisse im 18. Jahrhundert. E. Krobath, Die Bürgermeister der Stadt Steyr und ihre Zeit. VKSt., Heft 28, 1967, S. 27. 12
Der platzseitige Flügel wurde im Frühjahr 1772 vollendet. Im Februar wurden die Vergolderarbeiten am Turmhelm und die Anfertigung der Fenstergitter in Auftrag gegeben.37) Der Steueramtsschreiber Johann Kaltenböck verfaßte eine Gedenkschrift, die in die Krone des den schönen Fassadenturm abschließenden Doppeladlers im April eingelegt wurde.38) Zur Ausstattung der Kanzleien kaufte der Magistrat im Juli 1773 in Mauthausen um 300 Gulden eine Uhr, einen Luster und Bilder.39) Für den Bau des Flintertraktes erhielt nach längeren Verhandlungen die Stadtgemeinde von der Landeshauptmannschaft am 1. Mai 1775 den Betrag von 4891 Gulden. Am 31. Oktober 1776 waren von dieser Summe noch 2178 Gulden 16 Kreuzer vorhanden. Zu Beginn des Jahres 1777 drohte die Landeshauptmannschaft mit der Einstellung des Baues, wenn mit dem vorhandenen Geld nicht das Auslangen gefunden werden sollte.40) Da in der ersten Hälfte des nächsten Jahres das Gebäude noch nicht vollendet war,4') erging am 26. Juni an die Stadtgemeinde der Auftrag, es bis zum Jahresende fertigzustellen. Stadtbaumeister Johann Wolfgang Hueber, der im Sommer 1776 den Rathausbau übernommen hatte,42) vollendete ihn bereits im Herbst. Schon ab 16. Oktober 1778 konnten in dem mit einer reizvollen Stuckdecke ausgestatteten Sitzungssaal im ennsseitigen Flügel die Ratsverhandlungen aufgenommen werden.43) Seit dieser Zeit dient auch der schöne gewölbte Archivraum im ersten Stock des südlichen Seitentraktes zur geordneten Verwahrung des für die Stadtgeschichte und für die österreichische Wirtschaftsgeschichte aufschlußreichen Quellenmaterials. Auf Grund der noch vorhandenen Aufschreibungen dürfte das Steyrer Rathaus, ein Meisterwerk des österreichischen Rokoko, den Betrag von etwa 38.000 Gulden erfordert haben. Besondere Verdienste erwarben sich um diesen Bau die Bürgermeister Johannes Simon Carl Angerholzer (1764 — 1770), Bernhard Großrucker (1771) und Johann Reichard von Paumgartten (1772 — 1781).44) Uber den Barockbaumeister Gotthard Hayberger und sein bedeutendstes Werk urteilte bereits 1906 Konservator E. Schmidel : „Der Steyrer Hayberger eroberte sich durch seine Werke einen vornehmen Platz in der Kunstgeschichte, er muß unter den großen Meistern genannt 37) Rp. 5. 2. 1772, Hs. 175, 51. 38) Rp. 10. 4. 1772, Hs. 175, 116. — Kaltenböck erhielt für „seine Mühe“ 3 kaiserliche Dukaten = 12 fl. 48 Kreuzer. Kassa-Amts-Rechnungen, Hs. 57, 77, Nr. 1124, 1125. Bei den Bauarbeiten erlitt 1770 der „Hirschenhaus-Bub“ Jakob Hochedlinger einen Unfall. Zur „Gewrnnung des Brods“ erhielt er aus der Armenkasse täglich 6 Kreuzer. Rp. 27. 6. 1770, Hs. 173, 168. I. Schroff, Annalen, HS., Bd. 6, S. 874, K. XI. Krobath, Bürgermeister, Heft 28, S. 25. — F. Bau- u. Straßensachen 1490 — 1777, K. III, L. 19, Nr. 4480. 41) Die Stadtgemeinde hatte versprochen, bis Ende des Jahres 1777 das Rathaus zu vollenden. F. Bau- u. Straßensachen 1490 — 1777, Nr. 4480. 42) Schroff, Annalen, Hs., Bd. 6, S. 882, K. XI. — Hubers Vorgänger (Wolfgang Hueber) war im Sommer 1776 gestorben. Schroff, Annalen, Hs., Bd. 6, S. 879, K. XI. *) Stadtschreiber Matthäus Guggenbichler verfaßte anläßlich der ersten Ratssitzung eine kurze Gedenkschrift in lateinischer Sprache (Chronogramm). Krobath, Bürgermeister, VKSt., Heft 28, 1967, S. 25 f. M) Krobath, Bürgermeister, VKSt., Heft 28, S. 27 — 51. 13
werden, welche den Barockstil in Österreich zu einer hohen Bedeutung gebracht haben : Fischer von Erlach, die Carlone, die Allio, Prandtauer, Hildebrand. So ist auch das Rathaus Steyrs ein Meisterwerk dieses Stils im edelsten Sinne. Diese Fassade ist eine Schöpfung von harmonischer Gliederung, von reizender Ornamentik, von prunkvoller Ausführung. Das schöne Portal, Tür- und Fensterumkleidungen, die Piedestale der durch drei Stockwerke aufsteigenden Pilaster sind aus Granit, und dies harte Material mußte es sich gefallen lassen, von Meisterhand zu einer Fülle erfindungsreicher zierlicher Ornamente verarbeitet zu werden. Nur die überaus zierlichen Kapitale der Pilaster sind aus Sandstein. Manches Motiv erinnert noch an die keuschen Formen der Renaissance und über dem Ganzen schwebt schon ein Hauch des Rokoko, das ja in Frankreich seinen Eroberungszug durch Europa begonnen hatte. Nach oben schließt eine kräftige, säulengeschmückte Balustrade die Fassade ab, über der sich der Rathausturm mit seinem überaus zierlichen und fein gegliederten Dache erhebt. Und was das Äußere uns zeigt, das setzt sich auch in den schönen Räumen des Innern fort. Der lichte Hof mit seinen Säulengängen auf der einen Seite des Viereckes, die schönen Graniteinfassungen der Portale mit ihrer mannigfaltigen Ornamentik, reizende Stuckverzierungen lassen den guten Geschmack der Bauherren und des Baumeisters erkennen“.45) f&arocke föobnbauten ln der Barockzeit erhielten mehrere Wohnhäuser neue Fassaden, von denen einige sehr prunkvoll, die meisten aber einfach gestaltet wurden. Wie schon erwähnt, bekamen vornehmlich die durch den Brand des Jahres 1727 beschädigten Gebäude barocke Schauseiten. Besonders bemerkenswert sind folgende Bürgerhäuser: Berggasse Nr. 26: Ehemaliges Benefiziatenhaus, 1738 wahrscheinlich nach Plänen von Gotthard Hayberger erbaut.46) Enge Gasse Nr. 5 : Das Gebäude besaß in der Zeit von 1723 bis 1735 der Handelsmann Franz Brandegski, der jedenfalls nach der erwähnten Feuersbrunst die Fassade prächtig gestalten ließ.47) Der in einer Ecke im Hausgang befindliche aus Stein gemeißelte Kopf wird im Volksmund „Fadingerkopf“ genannt, obgleich zu dem Bauernführer keine Beziehungen nachzuweisen sind. „Es liegt wohl“, so bemerkt M. Frankhauser, „eine baumeisterliche Spielerei vor, indem man das Stück, das vielleicht aus dem Schlosse stammt, nicht nutzlos wegwerfen wollte und also zum Wahrzeichen des Hauses in diese Ecke E. Schmiedel, Aus dem Rathause der Stadt Steyr. Unterhaltungsbeilage der Linzer Tages-Post v. 25. 2. 1906. I. Krenn, Häuserchronik der Altstadt Steyr. Phil. Dissertation Innsbruck, 1950, Maschinschrift, Bd. 2, Nr. 114. — Rp. 1738, 148, 175, 179, 199. 47) Krenn, Häuserchronik, Diss., Bd. 2, Nr. 170. 14
mauerte. Genaueres ließ sich wohl bestimmen, wenn der Kopf, der über die Hälfte in der Ummauerung steckt, daraus gelöst werden könnte.“48) Gleinkergasse Nr. 14 : An diesem Hause befinden sich acht Köpfe unter dem Dachgesims. Es sind kahle Türkenschädel, die vermutlich zur Erinnerung an die Siege Prinz Eugens angebracht wurden.49) Besitzer des Hauses war 1736 der Gastwirt Johann Praurather.50) Haratzmüllerstraße Nr. 4 : Der Wiederaufbau und die Fassadengestaltung nach dem Brand des Jahres 1727 werden Gotthard Hayberger zugeschrieben.51) Kirchengasse Nr. 4 : Die Fassade stammt aus dem zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts.52) Um 1735 besaß das Haus der Gastwirt Wolf Adam Behamb.53) Stadtplatz Nr. 7 (Stadtapotheke) : Die schöne Fassade erhielt das Haus jedenfalls unter Apotheker Maximilian Tillmetz (1718 — 1746) ,54) Stadtplatz Nr. 9 (Meditz-Haus, früher Schönthan-Haus) : Die Gestaltung der Prunkfassade fällt in das zweite Viertel des 18. Jahrhunderts.55) Hauseigentümer waren damals der Handelsmann Wilhelm Adam (1696 — 1727) und der Verwalter Georg Joseph v. Erb (1730 — 1742).56) Stadtplatz Nr. 12 („Sternhaus“) : Die mit Reliefs und Putten prachtvoll geschmückte Hausfront entstand jedenfalls zur Zeit der Besitzer Johann Friedrich und Theresia Winterl (1722 — 1771).57) Stadtplatz Nr. 30 („Sieben-Stern-Haus“) : 1695 erwarb dieses Gebäude das Stift Kremsmünster um 1200 Gulden von der Stadtgemeinde Steyr. In der Zeit von 1734 bis 1738 besaß es Gottfried Hayberger, der eine sechsachsige barocke Scheinfassade aufführen ließ, der als Abschluß sieben Sterne (Planeten) aufgesetzt wurden.58) Bis zum Jahre 1776 besaß das Haus wieder das Stift Kremsmünster.59) Wehrgrabengasse Nr. 34 („Voglhaus“) : Das beachtenswerte Gebäude zeigt eine mit einem Gemälde (1765) geschmückte Schauseite. Es gehörte von 1783 bis 1797 dem Papiermacher Jakob Vogl. Einen reizvollen Fassadenschmuck bilden die Wirtshausschilder.60) Im 17. Jahrhundert ersuchten nachstehend angeführte Gastwirte die M. Frankhauser, Bilder aus Alt-Steyr. Bilder-Woche der „Tages-Post“ v. 16. 3. 1930, Jg. 7, Nr. 11. 49) 1960 Restaurierung der Fassade. Steyrer Zeitung v. 15. 9. 1960. 5°) F. Berndt, Häuserverzeichnis,, Hs., o. J., S. 320. 51) Krobath, Bürgermeister, VKSt., Heft 28, 1967, S. 18. — Hayberger kaufte 1730 von Eva Susanna Ernst eine Brandstatt in Ennsdorf. Rp. 1730, 94. 52) Dehio, Oberösterreich, S. 335. “j Berndt, Häuserverzeichnis, S. 185. Krenn, Häuserchronik, Diss., Nr. 149. 55) Dehio, Oberösterrech, S. 335. “J Krobath, Bürgermeister. VKSt., Heft 26, 1965, S. 27. — Krenn, Häuserchronik, Diss., Nr. 148. — Renovierung der Fassade 1968 durch ak. Bildhauer Leopold Hollnbuchner. Freilegung und Erneuerung von sieben Portal-Wappen (Kronländer zur Zeit Kaiser Maximilians I.). Steyrer Zeitung v. 18.7.1968. s7) Benannt nach dem über dem Tor sichtbaren goldenen Stern. F. Berndt, Stadtplatz 12 — Juwel der Stadt. Steyrer Zeitung, Beilage „Zum Feierabend“ v. 25. 6. 1953. — Krenn, Häuserchronik, Diss., Nr. 73. — Das Gebäude wurde durch Bomben am 23. 2. 1944 schwer beschädigt. Vorzügliche Restaurierung im Jahre 1953. 58) Krobath, Bürgermeister, VKSt., Heft 28, 1967, S. 17. — Rp. 1734, 255, 266 ; — 1738, 268. 59j Krenn, Häuserchronik, Diss., Nr. 63. “J J. Drausinger, Steyrer Wirtshausschilder. VKSt., 1949, S. 19 ff. — Lychdorff, Schmiedeeiserne Schildhalter. Unterhaltungsbeilage der Linzer Tages-Post. Jg. 1906, Nr. 19 v. 13. 5. 1906 (mit vielen Abbildungen von Franz Hölzlhuber). 15
Stadtobrigkeit um die Bewilligung zur „Aushängung eines Schildes“ : 1637 Sebastian Aichholzer (Adler),61) 1679 Matthias Großweger,62) 1683 Wilhelm Mühlner (Drei Kronen)63) und 1685 Michael Hueber (Weißes Rößl).64) Stadtbrunnen Eine besondere Zierde unseres Stadtplatzes bildet der aus dem 17. Jahrhundert stammende Leopold-Brunnen. Er gelangte in der Zeit des zweiten großen Türkeneinbruches zur Aufstellung. Um 1680 waren die beiden Renaissance-Brunnen (Neptun- und Meerfräulein-Brunnen) schon sehr schadhaft. Der Magistrat ließ daher von dem Kremsmünsterer Steinmetz Wolf Aichenauer zwei „Brunnen Abriß“ vorlegen,65) die aber nicht ausgeführt wurden. Am 15. April 1681 erfolgte der erste Spatenstich zum Bau des neuen Dominikanerinnenklosters in Windhaag bei Perg. Die Priorin Maria Magdalena, eine Tochter des Grafen von Windhaag Dr. Joachim Enz- müller, ließ, um Material für den Klosterbau zu gewinnen, das von ihrem Vater vor drei Jahrzehnten erbaute prächtige Schloß demolieren. Der entzückende Hofgarten mit seinen Wasserwerken und Teichen wurde aufgelassen, da man ihn als Bauplatz benötigte.66) Der Stadt Steyr bot man einen Brunnen aus dem Schloßgarten um 1000 Gulden an. Der Magistrat ließ nun durch den Stadtkämmerer Michael Derfflmayr den „Windthaagerischen Prunn“ besichtigen.67) Er kaufte das mächtige Brunnenbecken um 300 Gulden. Es wurde auf dem Wasser nach Steyr transportiert, wofür 310 Gulden zu bezahlen waren. Die Aufsetzung des Brunnens auf dem Stadtplatz besorgten die Steinmetzmeister Jakob Rebhandl und Georg Pichler aus Münzbach, der Maurermeister Hans Pelndorffer, der Zimmermeister Hans Kriech- baumer und der Steinmetz Wolf Sandtner. Die aus der großen Schale aufragende Brunnensäule, gekrönt mit dem Standbild des hl. Leopold, lieferte der Linzer Steinbildhauer Peter Pez um 140 fl. 3 s 22 d. Der Stadtschmied Hans Adam Teucher verfertigte die Eisenklammern und jedenfalls auch die zierlichen, an den Ausflußrohren befestigten 6') Rp. 1637, 131. «) Rp. 1679, 180, “) Rp. 1683, 132. M) Rp. 1685, 125. 65) Aichenauer verlangte für die Abrisse 18 fl. Rp. 1681, 169. R. Hittmair, Der Josefinische Klostersturm im Lande ob der Enns, 1907, S. 27. — Rudolf von Khoß- Sternegg, Des Joachim Enzmüller Grafen von Windhag Leben und Werk. Bilder-Woche der „TagesPost“ v. 26. 5. 1929, Jg. 6, Nr. 21. " 67) Rp. 1681, 173. — Krobath, Bürgermeister, VKSt., Heft 25, S. 33. 16
Spiralfelder, in denen sich die „Kj-üglein“ an den Spiralendungen besonders hübsch ausnehmen.68) An dem Brunnen arbeiteten ferner der Rohrschmied Melchior Schnürer aus Linz, der Zinngießer Michael Schießl und die Maler Balthasar Mader und Hans Joachim Mayr. Erst im Jahre 1685 war der Brunnen vollendet. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 2819 fl. 6 s 20 d.69) Daß für den Abschluß der Brunnensäule die Statue des hl. Leopold gewählt wurde, mag zurückzuführen sein auf die große Verehrung, die dem Heiligen als Landespatron seit dem Mittelalter entgegengebracht wurde und auf den Sieg über die Türken bei Wien. Schließlich war er auch Namenspatron des damals regierenden Landesfürsten (Kaiser Leopold I.), dem die Stadt im August 1680 einen großartigen Empfang bereitet hatte, als er und seine Gemahlin aus Prag zurückgekehrt waren. Im Jahre 1687 vermerkt das Ratsprotokoll : „Der obere Brunnen in der Stadt geht ganz zu Grund“.70) Es handelte sich um den Meerfräulein-Brunnen in der Nähe der Dominikanerkirche. Die Stadtverwaltung beauftragte daher 1688 wieder Peter Pez mit der Errichtung eines neuen Brunnens und gab ihm eine Vorauszahlung von 200 Gulden. Im Juli 1689 hatte er jedoch die Arbeit noch nicht begonnen. Er berichtete dem Magistrat, „daß er die zum Brunnen notwendige Marmorstein von Salzburg nicht haben könne“. Obwohl die Stadt nun forderte, daß der Brunnen bis Michaeli (29. September) gesetzt sein müsse, begann Pez erst im Sommer 1690 mit der Aufstellung desselben und vollendete ihn im Jahre 1691.71) Die Brunnensäule zierte eine vorzüglich gearbeitete Muttergottes-Statue. Der Bildhauer erhielt bis 1691 eine Abschlagzahlung von 400 Gulden, seine Frau Eva nach dem Ableben ihres Mannes im Jahre 1693 noch 20 Gulden.72) In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (1882) wurde der Marienbrunnen abgetragen. Die Marienstatue thront heute auf einem Steinsockel an der Pfarrgasse in der Nähe der Stadtpfarrkirche. In der Vorstadt Steyrdorf schmückt den Platz, wo Kirchen-, Sierninger- und Gleinkerstraße Zusammentreffen, ein schon im 17. Jahrhundert erwähnter Brunnen. Da er früher mit einem roten Dache versehen war, wird er noch heute „Roter Brunnen“ genannt.73) Die aus dem Becken aufstrebende Säule krönt eine um 1700 angefertigte Marienstatue74) Ein den kleinen Platz vor dem Hause Berggasse Nr. 14 schmückender Brunnen dürfte schon 1577 errichtet worden sein.75) In der Barockzeit 68) Kästner, Eisenkunst, S. 70 f. 69) F. Bau- u. Straßensachen 1490 — 1777, K. III, L. 19, Nr. 4433. — Renovierungen in den Jahren 1808, 1889, 1930. 1954/55 wurde der Brunnen um Durchmesserlänge gegen Süden versetzt. E. Krobath, Von alten Brunnen unserer Stadt. Amtsblatt der Stadt Steyr v. 1.5. 1962. 70) Rp. 1687, 208. 71j Rp. 1688, 158 ; — 1689, 145 ; — 1690, 81 ; — 1691, 104. — 1693 wurde Pez ersucht, den etwas mangelhaften Brunnen in Ordnung zu bringen. Rp. 1693, 110. 72) Rp. 1691, 159 ; — 1693, 227. 73j G. Goldbacher, Alte Brunnen in Steyr. Heimatland. Jg. XIII, Heft 8, 1936, S. 126. — Die Bezeichnung „Roter Brunnen“ findet sich bereits in einem Schriftstück aus dem Jahre 1772. K. XI, L. 7, F. Postwesen, Nr. 6. 74) Dehio, Oberösterreich, S. 337. 75) Rp. 1577, S. 563. 17
lieferte laut Kontrakt vom 9. März 1731 der Steinmetzmeister Max Loidl in Steinbach, der 1730 den Brunnen in der Nähe der Stadtpfarrkirche erneuert hatte,76) ein „Brun Chor auf dem Berg nächst des Brueder Haus Kasten“,77) dazu „vmb vnd vmb einen Stainern Staffl“ aus einem „guten, sauberen, haltbaren und dauerhaften Stein“. Der Steinmetz erhielt 200 Gulden, Klampfen und Blei wurden extra bezahlt.78) Der Theaterbrunnen wurde 1796 und 1836 renoviert.79) f&aumäßter, f&ildfyauer und t/haler Nachstehende Liste enthält die Namen jener Künstler, die in der Barock- und Rokokozeit in Steyr tätig waren.80) Baumeister: Aigner Georg, Stadtbaumeister, 1687, 1710.81) Carlone Carlo Antonio, Stiftsbaumeister in Garsten, 1680.82) Hayberger Gotthard, 1695 — 1764, BR 1721, Stadtbaumeister, Bürgermeister (1759 — 1764) ,83) Hueber Johann Wolfgang, Stadtbaumeister, BR 1765.84) Hueber Wolfgang, Maurermeister, BR 1741.85) Prandtauer Jakob, Barockbaumeister, 1708.86) Prunner Johann Michael, Linzer Architekt, 1669 — 1739.87) Thanner Hans, Stadtbaumeister, 1648, 1659.88) Zachhuber Michael, Maurermeister, BR 1720.89) Bildhauer : Gaubinger (Gabinger) Hans Gabriel, BR 1676.90) Hofer Johann Nepomuk, BR 1770.91) Jeckherle Georg, 1661.92) ?6) F. Bau- u. Straßensachen, K. III, L. 19, Nr. 4451. 77) Heute Haus Berggasse Nr. 14. 78) Rp. 1731, 56, 71. — F. Bau- u. Straßensachen, K. III, L. 19, Nr. 4454. 79) Den Brunnenkorb lieferte 1836 der Steinmetzmeister Johann Haider aus Mitteregg. Krobath, Bürgermeister, VKSt., Heft 30, 1972, S. 39. — K. V., F. 145, Nr. 16. 80) Beigefügte Jahreszahlen = Erwähnung in den Archivalien und in der Literatur. BR = Bürgerrechtsverleihung,' in Steyr. 81) J. Perndl, Die Stiftskirche von Garsten. Sonderdruck aus dem Jahresbericht des Kollegium Petrinum 1962/63, S. 33. — Siehe Anmerkung 21. 82) Perndl, Garsten, S. 34. — M. Riesenhuber, Die kirchliche Barockkunst in Österreich, 1924, S. 220. 83j Krobath, Bürgermeister, VKSt., Heft 28, 1967, S. 3 — 27. 84j A. Haindl, Die Ergänzung der Bürgerschaft Steyrs im 18. Jahrhundert. Phil. Diss. Innsbruck, 1950, Maschinschrift, Bd. 2, S. 170. 85) Haindl, Bürgerschaft, S. 102. 86j J. Perndl, 250 Jahre Christkindl. Sonderdruck aus dem Jahresbericht d. Kollegium Petrinum 1957/58, S. 19. 87) Grimschitz, Prunner, S. 55 f. 88) K. XI L. 29 : Pfarrkirchenrechnungen 1648 — 1659. 89) Haindl, Bürgerschaft, S. 50. 9°) Rp. 1676, 122 ; —1677, 297. 91) Rp. 1770, 197. 92) Rp. 1661, 72. 18
Kreitsch Ferdinand Christoph, BR 1745, 1779.93) Loi Anton, BR 1711,94) Mail (Mähl) Franz, BR 1727, 1743.95) Rittinger Marian, 1652 — 1712, Kloster Garsten.96) Rosenfelder Johann, BR 1648.97) Scheübele Georg, 1633, 1635.98) Schifferl Georg, BR 1630.99) Schuster Johann Michael, BR 1711, 1745.100) Schuster Josef, BR 1764, 1797.101) Spindler Hans d. Ältere, 1618, 1660, Kloster Garsten.102) Steidl Matthias, BR 1790.103) Sturmberger Elias, BR 1647, 1675.104) Sturmberger Lorenz, BR 1696.105 106 ) Maler : Aichen Johann Michael, Maler und Krippelmandelmacher, 1749, 1758.,06) Aichen Viktor, BR 1710, 1749.107) Aigner Thomas, 1696.108) Brückel Anton Balthasar, BR 1776.109) Dallinger Wolfgang, Kunstmaler, 1727, 1736.110) Degenhart Christoph, 1692, 1695.m) Degenhart Christoph Matthäus, Kunstmaler in Garsten, 1648, 1675.1'2) Dollicher Matthias, Kunstmaler, BR 1755, 1768.1'3) Dollinger Jakob, 1716.114) Donn Johann Georg, Schulmeister, 1733.115) Egger Georg Siegmund, BR 1654, 1667.116) Erben Stephan, 1646.117) Fuchs Franz Joseph, Kunstmaler, BR 1728, 1732.118 119 ) Gürtler Franz Xaver, Kunstmaler, Zeichenlehrer, BR 1768, 1818."9) 93) Rp. 1745, 27. — Krenn, Häuserchronik, Diss., Nr. 110. 94) Rp. 1711, 163. 95) Rp. 1727, 40 ; — 1743, 94. 96j Perndl, Garsten, S. 38. 97) Rp. 1648, 263. 98) Rp. 1633, 63. — Steuerbuch 1635, Hs. Nr. 113. ") Rp. 1630, 133. 10°) Rp. 1711, 207; — 1712, 31. — Krenn, Häuserchronik, Diss., Nr. 110. 101) Rp. 1764, 40. Krenn, Häuserchronik, Diss., Nr. 110. 102j Perndl, Garsten, S. 39 f. ,03j Haindl, Bürgerschaft, S. 244. 104) Rp. 1647, 379 ; — 1675, 97. ,05) Rp. 1696, 165. 106) Rp. 1749, 173 ; — Rp. 1752 — 1758, Bd. 162, 305. 107) Rp. 1710, 183 ; — 1749, 5. 108) Rp. 1696, 19. ,09) Haindl, Bürgerschaft, Bd. II, S. 197. 110) Rp. 1727, 164 ; — 1736, 163. in) Stadtpfarramt Steyr, Trauungsbuch, Bd. 1, Nr. 14, pag. 737. — Stadtgerichtsprotokoll 1695, Hs.Nr.202, S. 23. m) K. XI, L. 29 : Pfarrkirchenrechnungen 1609 — 1702, Rechnung 1648 ; — Perndl, Garsten, S. 40. ”3) Rp. 1755, 338 ; — 1768, 118. ' 114) Rp. 1716, 19. 115) Donn verehrte 1733 dem Magistrat ein „minder Feder gemachtes Crucifix-Bild“. Rp. 1733, 55. 116) Rp. 1654, 106 ; — 1667, 164. 117) Rp. 1646, 227. 118) Haindl, Bürgerschaft, S. 69. -r Rp. 1732, 202. 119) Rp. 1768, 181. — Schroff, Annalen, Bd. 1, S. 59. 19
Gürtler Maria Katharina, Kunstmalerin, 1768, 1790.120) Gutwein (Guettwein) Wenzel Daniel, Kunstmaler, Kupferstecher, 1747, 1749.'21) Guttprunner Lorenz, 1766.122) Hammel Kaspar, Kunstmaler, BR 1666.123) Haußkha Joseph, 1649.,24) Hochsün Lorenz, 1685, 1688.125) Käplin (Kheppl) Joseph, 1634.,26) Khürchel (Küechl, Krichl, Kiechl) Georg, BR 1656, 1673.127) Mader Balthasar, Kunstmaler, 1673, 1691,128) Mayr Johann Joachim, Kunstmaler, BR 1675, 1699.129) Mechtl Franz, Bilder- und Kupferstecher, BR 1750.130) Morzer Johann Georg, Porträtmaler, BR 1735.131) Pästorfer (Pärstorffer) Johann Franz, BR 1732, 1735.132) Pahofer Johann Ulrich, BR 1696, 1721.,33) Prandauer Franz, t725, 1728.134) Prechler Franz Ambrosius, Bildlmaler, BR 1732, 1755.135) Prechler Franz Xaver, Bildlmaler, 1756, BR 1762.136) Prechler Joseph Gottfried (Georg), Bildlmaler, 1707, 1708.137) Prenndorfer Johann, Kunstmaler, BR 1712, 1717.13s) Prunner Johann Georg, 1717, 1718.139) Reselfeld Karl von, Hofmaler im Stift Garsten, 1685, 1735.'40) Schmidt Martin Johann („Kremser Schmidt“), 1718 — 1801.141) Schöttl Wolf, 1644, 1661.142) Staindorffer Hans Georg, Kunstmaler, BR 1674.143) Strasser Paul, BR 1710, 1721.,44) Wahl Matthias, Kunstmaler, BR 1657, 1664.145) Wegmayr Ignaz, BR 1784.146) Weinzörl Simon, Faßmaler, BR 1749, 1769.147) '») Rp. 1768, U81. — F. X. Pritz, Steyr, Hs., S. 1046. '2') Rp. 1747, 181 ; — 1749 , 5. '22) Rp. 1766, 74. '23) Rp. 1666, 102. 124) Rp. 1649. 168. '25) Rp. 1685, 146 ; — 1688 , 81. '2‘) Rp. 1634, 9. '22) Rp. 1656, 92 ; — 1673, 28. 'S») Rp. 1673, 65 ; — 1691, 54. i») Rp. 1675, 167. G. Grüll, Kunstgeschichtl. Angaben in den Weyrer Kirchenrechnungen. Heimatgaue, Jg. 14, 1933, S. 182, 187 f. i») Rp. 1750, 104. 131) Rp. 1735, 66, 241 ; — 1765, 165. 132) Rp. 1732, 296 ; — 1735, 216. 133) Rp. 1696, 59 ; — 1721, 176. 134) Rp. 1725, 86 ; — 1728, 246. 135) Rp. 1732, 153 ; — 1755, 122. 135) Rp. 1756, 205 ; — 1762, 21. . j £ 137) J. Schmidt, Linzer Kunstchronik. 1. Teil. Die Baumeister, Bildhauer und Maler. Linz 1951, S. 111 f. 138) Haindl, Bürgerschaft, Bd. II, S. 32. — Rp. 1717, 199. 139) Grüll, Kunstgeschichtliche Angaben, S. 184. — Rp. 1718, 3. 14°) H. Oberleitner, Johann Karl von Reslfeldt. Jahrbuch des Oberösterr. Musealvereines, Bd. 100, 1955, S. 205 — 220. 141) Riesenhuber, Barockkunst, S. 564. 142) Rp. 1644 )>— 1661, 165. 143) Rp. 1674, 125. i4i) Rp. 1710, 15 ; — 1721, 176. 14) Rp. 1657, 131 ; — 1664, 82. 14«) Haindl, Bürgerschaft, Bd. II, S. 223. 14) Rp. 1749, 76 ; — 1769, 119. 20
Schloß Steyr, Bibliothek (um 1930) Aufnahme: A. Seir 31
Leopold-Brunnen Aufnahme : A. Seir 33 48
Steyrs Bedeutung in den Anfängen der Elektrotechnik und Elektroindustrie (1882 -1886) von Erwin Pöschl
I. Josef Werndl Steyr war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bekannt und berühmt durch die österreichische Waffenfabrik, die unter Josef Werndl zur zeitweise größten europäischen Waffenfabrik emporgewachsen war. Doch auch für die Weiterentwicklung der Elektrotechnik und Elektroindustrie hat Steyr Bedeutung erlangt. Verantwortlich dafür zeichnet wiederum Josef Werndl als damaliger Generaldirektor der österreichischen Waffenfabriks-Gesellschaft. Es ist daher notwendig, zunächst das Leben und die Persönlichkeit dieses genialen Mannes zu skizzieren. Josef Werndl wurde als erstes von sechzehn Kindern am 26. Februar 1831 zu Steyr geboren. Sein Vater, ursprünglich Bohrerschmied, wandte sich in den 30iger Jahren der Waffenschmiedekunst zu und beschäftigte 40 bis 50 Mann. Nach einigen Jahren waren es schon zehn Mal so viel. Fleiß und Tüchtigkeit hatten ihm den Erfolg gebracht. Obwohl der Sohn diese beiden Eigenschaften vom Vater geerbt haben dürfte, kam es dennoch nach der Ausbildung zum Gesellen zu keiner längeren Zusammenarbeit mit dem konservativen Vater. Leopold Werndl hielt an den althergebrachten Arbeitsmethoden fest, während der Sohn auf neuen, ungegangenen Wegen zum Erfolg zu kommen suchte. Diese Unstimmigkeiten trieben Werndl jun. auf Wanderschaft nach Prag (1847), ein zweites Mal nach Wien (1849), wo er sich zu einem Chevauxlegers Regiment anwerben ließ. Bald darauf wurde er in die staatlichen Gewehrfabrik nach Währing abkommandiert und lernte dort die von Amerika für die Gewehrerzeugung importierten Maschinen kennen. Werndl gehörte endgültig zu den wenigen, die sich der neu heraufkommenden Zeit der Maschine verschrieben hatten. Als es Leopold Werndl (wohl auf Bitten der Mutter) gelang, den Sohn vom Militär für den eigenen Betrieb freizubekommen, zeigte sich wiederum, daß eine Zusammenarbeit mit dem Vater, gleichbedeutend mit der Unterordnung unter dessen Willen, nicht möglich war. Es war Josef Werndl nicht gelungen, den Vater vom Mißtrauen gegen die arbeitssparende Maschine zu befreien. Die abermalige Wanderschaft brachte ihn bis nach Amerika, nach Ilion und Hartford, zu den bedeutendsten amerikanischen Waffenfabriken. Mit zahlreichen Berechnungen und heimlich angefertigten Zeichnungen von den Maschinen im Koffer, den Kopf vollgestopft mit Ideen und Plänen, kehrte Werndl 1853 wieder nach Steyr zurück. Er pachtete die Kettenhuberschleife im Wehrgraben und beschäftigte ein Dutzend Gesellen mit Schleif- und Polierarbeiten. 37
Zwei Jahre später starb Leopold Werndl an Cholera. Josefa Werndl führte, unterstützt von ihren Söhnen Josef und Franz, den Betrieb fort. Im Bewußtsein seiner Verantwortung als ältester der Geschwister setzte Josef seine ganze Persönlichkeit für den elterlichen Betrieb ein und übernahm nach und nach immer mehr die Leitung desselben. Die Situation um das Jahr 1859 war signifikant für Steyr und wiederholte sich in den nächsten Jahrzehnten. 1859 stand der Krieg mit Sardinien vor der Tür. Handel und Gewerbe stockten. Nur die Armaturerzeugung bei Werndl, der durch die Einführung von Maschinen der Waffenerzeugung neue Impulse zu geben versuchte, und dessen Werkstätten zum größten Industriebetrieb Oberösterreichs angewachsen waren, stieg immer mehr. Die Inflation verhalf dem Gewerbe zu einem bedeutenden Absatz im Ausland. Viele Menschen wanderten zu, es herrschte eine unglaubliche Wohnungsnot. Dann aber ging das Silberagio wieder zurück. Deflation trat ein. Die Industrie konnte nicht mehr exportieren, die Waffen und Eisengewerbe stockten, die Arbeiter mußten entlassen werden. Es herrschte allgemeine Verarmung und Arbeitslosigkeit. Die Stadtgemeinde, deren Prosperität von der Industrie abhing, mußte ungeheure Schulden machen, um die Not wenigstens halbwegs zu lindern. Werndls Streben zu Beginn der 60iger Jahre war es, bei dem Problem des Hinterladerverschlusses eine erzeugungsmäßig einfache und vor allem billige Lösung zu finden. Werndls Weitblick erkannte, daß die Ablösung des Vorderladers nur eine Frage der Zeit war. Mit einem eigenen Gewehr und der für Großaufträge bereitstehenden Fabrik zu jenem Zeitpunkt sah er seine große Chance zum Aufstieg. So studierte er gemeinsam mit seinem Werkmeister und späteren Direktor Karl Holub 1863 in Amerika den neuesten Stand der amerikanischen Technik, vor allem das sogenannte Austauschprinzip, das in größerem Umfange damals nur in Amerika praktiziert wurde. Um die Mutter von der Last des Erbbetriebes zu befreien, wurde am 16. April 1864 die Firma „Josef und Franz Werndl & Comp. Waffenfabrik und Sägemühle in Oberletten“ gegründet. Josef Werndl wurde die Geschäftsführung, die Vertretung nach außen und die Zeichnung übertragen. Werndl, beseelt mit einem unerschütterlichen Glauben an die Kraft des Fortschrittes, investierte das ganze und nicht unbeträchtliche Vermögen der Familie in Maschinen und Fabrikshallen und bereitete sich nach den in Amerika gewonnenen Erkenntnissen auf die Massenproduktion vor, obwohl weder das Verschlußproblem hinreichend gelöst noch Großaufträgö in Aussicht gestellt waren. Ohne diesen zuversichtlichen Glauben an den Fortschritt, dem zu dienen er sich berufen fühlte, und ohne das nötige Übermaß an Selbstvertrauen wäre es nicht möglich gewesen, die Zweifel und Schwierigkeiten zu überwinden. Es darf daher nicht überraschen, daß später die Herstellung von Elektroartikeln gleich in Serie aufgenommen wurde. 38
Der Ausgang des Krieges gegen Preußen veranlaßte die Heeresverwaltung Österreichs, raschest zur Einführung der Hinterladegewehre zu schreiten. Eine eigens für die Prüfung der Gewehre geschaffene Hinterladungskommission prüfte über 100 eingelangte Konkurrenzangebote. Am 28. April 1867 wurde das im allerletzten Moment fertiggewordene Werndl-Holubsche Hinterladungsgewehr, 11 mm mit Wellenverschluß, zur Annahme empfohlen und am 28. Juli 1867 endgültig angenommen. Noch im selben Jahr wurden 250.000 Gewehre bestellt. Werndls größter und riskantester Schritt zum europäischen Großunternehmer war getan. Zu den Lieferungsverpflichtungen für Österreich kamen noch die aus dem Ausland. Die Gewehrerzeugung wurde auf 5.000 Stück wöchentlich gesteigert. Neue Objekte mußten errichtet werden. Das zu diesem großartigen Aufbau notwendige Kapital brachte die am 1. August 1869 durchgeführte Umwandlung der Firma Josef und Franz Werndl & Comp, in die österreichische Waffenfabriks-Gesellschaft — ein Vorgang, wie er sich bei fast allen großen Waffenfabriken der Welt findet. Die Aktiengesellschaft übernahm sämtliche Rechte, Privilegien, Patente, Aufträge der Firma um 5,2 Mill. Gulden. Werndl wurde Generaldirektor. Der Aufstieg und Aufschwung ging unaufhaltsam vor sich. Die österreichische Waffenfabriks-Gesellschaft exportierte in alle Welt. Mit Recht konnte Josef Werndl bei der 900-Jahr-Feier der Stadt Steyr (1880) sagen : „Durch unsere technische Leistung stehen wir in der Dualität der Waffen unerreicht da und haben dort, wo Dualität entscheidet, keine Konkurrenz zu fürchten“. Im Jahre 1881 trat wiederum eine Stockung in der Gewehrerzeugung ein. Die Ursache lag darin, daß die Heere nun mit Hinterladern ausgerüstet waren und die Entscheidung auf Umstellung auf Mehrladegewehre noch nicht gefallen war. Diesmal war die Situation besonders kraß. Die Arbeiterzahl sank in dieser Zeit.von 7.000 auf 800 bis 900. Zu diesem häufigen Auf und Ab der Konjunktur in der Waffenindustrie kam es deswegen, weil eine Vorausproduktion unmöglich war, da ja die Waffen stets auf dem neuesten Stand sein mußten und vorausproduzierte Waffen beim nächsten Kriegsausbruch bereits wieder veraltet sein konnten und keinen Absatz fanden. Welche Möglichkeiten boten sich, dieses Konjunkturtief abzuschwächen ? Der Unternehmer konnte (a) von Land zu Land reisen und versuchen, neue Aufträge zu erhalten ; (b) einschneidende Verbesserungen schaffen, die die Heeresverwaltungen zum Umrüsten zwangen, da man ja auch in Friedenszeiten bestens gerüstet zu sein hatte. Es gab aber noch eine dritte, viel wirksamere Möglichkeit : das Aufnehmen einer anderen Produktion, auf welcher in Krisenzeiten der Schwerpunkt lag. Werndl, dem zweifelsohne die Rastlosigkeit und der Rhythmus des damaligen modernen Lebens gegeben waren, war schon längst von den neuen Errungenschaften auf dem Gebiet der Elektrizität fasziniert. 39
Josef Werndl (1831 — 1889) (aus : Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1890, S. 1) 40
II. Die Anfänge der elektrischen Beleuchtung Meines Wissens gibt es kein wissenschaftliches Werk, das ausführlich die Geschichte der Elektrizität behandelt. Daher habe ich die einzelnen Daten aus der angeführten Literatur (ergänzt bzw. überprüft durch Lexika) chronologisch aneinandergereiht, um einen Überblick über die Entwicklung der elektrischen Beleuchtung, Kraftübertragung und Kraftwerke bis 1882 geben zu können. Erst etwa ab dem Jahre 1800 gelang es, in die geheimnisvolle Kraft der Elektrizität tiefer einzudringen und sie praktisch verwendbar zu machen. Bis die Elektrizität ungefähr jene Bedeutung erlangte, die ihr jetzt zukommt, mußte noch eine Reihe von Versuchen absolviert werden. 1841 wurde das Kunststück zu Wege gebracht, mit einem aus einer Batterie von 200 Kohle-Zink-Elementen gespeisten Bogenlicht einen Brunnen an der Place de la Concorde in Paris anzustrahlen. Diesem Versuch kam noch keinerlei praktischer Wert zu, denn diese Beleuchtung kostete für vier Stunden Betrieb 12.000 Goldfranken. — ein Betrag, um den man sich damals ein schönes Haus kaufen konnte1). 1846 wurde ebenfalls in Paris bei der Erstaufführung von Meyerbeers Oper „Der Prophet“ das elektrische Bogenlicht zum ersten Mal für einen praktischen Zweck, zur Effektbeleuchtung, verwendet. Staunend bewunderte man das blendend weiße Licht, das aber den Augen schädlich sei, sodaß man zur Straßenbeleuchtung, an die man damals schon dachte, elektrische Bogenlampen wohl nicht werde verwenden können. Dagegen wären Leuchttürme ein ausgezeichnetes Anwendungsgebiet.2) 1852 wurde zum ersten Mal versucht, einen Innenraum, die Deputiertenkammer in Brüssel, elektrisch zu beleuchten. Für Leuchttürme wurde das Licht in England schon 1857 verwendet und im italien.- österr. Kriege 1859 plante man bereits, das Bogenlicht für militärische Zwecke nutzbar zu machen3) 1861 gab es einen öffentlichen Beleuchtungsversuch im Berliner Lustgarten mit Bogenlampen und 480 Bunsenelementen der Firma Keuser & Schmidt. Aber erst als es gelang, mit Hilfe von Maschinen elektrischen Lettenmair, 1, S. 1. 2) Matschoß, S. 2. 3) Ebd. 41
Strom zu erzeugen, konnte die elektrische Beleuchtung aus dem Reich der Pläne und Einzelanwendungen zu größerer praktischer Bedeutung gelangen. 1866 fand Werner v. Siemens das dynamo-elektrische Prinzip. Jetzt war es möglich, wesentlich größere Strommengen zu erzeugen.4) 1876 wurden in den Fabriksräumen von Fa. Krupp in Essen elektrische Beleuchtungsanlagen mit Bogenlampen errichtet. Zahlreiche amerikanische Bogenlicht-Gesellschaften richteten nach dem Wechselstromsystem von Ch. F. Brush in allen Städten Amerikas und in anderen Ländern Beleuchtungsanlagen ein.5) Immer neue Konstruktionen von Bogenlampen oder „Regulatoren“ entstanden ; keine wollte befriedigen. Für jede Lichtquelle, für jede einzelne Lampe brauchte man eine Maschine. Für solche starke Einzellichter aber, die in Anlage und Betrieb sehr teuer kamen, hatte man nur eine sehr beschränkte Verwendungsmöglichkeit. Die „Teilung des Lichtes“, wie man damals die Aufgabe bezeichnete, gelang zuerst Pavel Nikolajewitsch Jablotschkow (Jablochkoff) mit der nach ihm benannten, mit Wechselstrom betriebenen Kerze. Diese bestand aus zwei durch eine Gipsschicht voneinander getrennten Kohlenstäben, die durch den zwischen ihnen gezogenen Lichtbogen gleichmäßig herunterbrannten. Die ersten Beleuchtungsanlagen mit diesen Kerzen wurden in Paris (1877) und durch Siemens in Berlin (1878) eingerichtet.6) Bis Juni 1878 hatte man in Frankreich eine Anzahl öffentlicher Plätze, darunter die Place de la Concorde, mit elektrischer Beleuchtung versehen. Am Schluß der Weltausstellung 1878 von Paris wurden dort bereits jeden Abend tausend elektrische Kerzen entzündet. Inzwischen war man auch von anderer Seite an die Aufgabe, mehrere Bogenlampen in einem Stromkreis zu brennen, herangetreten. Die Differentiallampe7) wurde erfunden. 1878 und 1879 wurden die ersten brauchbaren Differentiallampen patentiert. Bei der Berliner Gewerbeausstellung 1879 gab es eine erste Gelegenheit, die neuen Lampen einem größeren Publikumskreis vorzustellen. Siemens8) beleuchtete damals die Kaisergalerie ; mehrere in einem Kreis geschaltete Bogenlampen brannten. Die Differentiallampen führten sich schnell ein, zumal nun auch ein „schattenloses Licht“ erzielt wurde, indem der Kasten mit dem Regulierungsmechanismus über den Kohlenstäben angeordnet worden war. 4) Nach diesem Prinzip kann sich ein Gleichstromgenerator infolge eines remanenten Magnetismus selbst erregen. 5) Die Streitfrage, ob Gleichstrom oder Wechselstrom besser sei, die dann unter anderem zwischen Siemens-Halske und Schuckert ausgefochten wurde, wurde endgültig 1893 auf der Chikagoer Weltausstellung zu Gunsten des Wechselstromes entschieden (Zischka, S. 171 ff.). 6) Arnold, S. 51. 7) Nach der Schaltung unterscheidet man bei den Bogenlampen Hauptstrom-, Nebenstrom- und Differential-Bogenlampe. Letztere vereinigt die Eigenschaften der beiden anderen, d. h., durch sie wird sowohl die Stromstärke als auch Spannung konstant gehalten. 8) Siemens stellte dort auch-die erste brauchbare elektrische Bahn der Welt vor. 42
Zahlreiche Einzelanlagen wurden in der Folge mit Bogenlampen der verschiedensten Firmen versehen, vor allem auf Bahnhöfen wurden sie installiert: z. B. auf dem Zentralbahnhof in München, auf den Bahnhöfen in Flannover, Berlin, Straßburg u.a. Beleuchtungsversuche fanden auch in Österreich statt. Schon auf der Wiener Weltausstellung 1873 gab es (allerdings in sehr bescheidenem Ausmaße) eine elektrische Abteilung. 1877 bekam die Wiener Oper elektrische Bühnenbeleuchtung. 1879 wurde der erste Versuch einer öffentlichen Beleuchtung unternommen. Dabei wurde der Wiener Schillerplatz durch Joh. Kremenezky mit Jablochkoff-Kerzen beleuchtet. Sie wurden durch eine Wechselstrommaschine gespeist, die mit ihrer Antriebsmaschine, einem Gasmotor, in einem Laden auf dem Getreidemarkt neben dem Gewerbeverein aufgestellt war. Die isolierten Leitungsdrähte lagen frei auf den Gesimsen der Häuser unter den Fenstern des ersten Stockwerkes. Im Frühling des nächsten Jahres folgte eine Beleuchtung des Volksgartens mit derartigen Kerzen.9) Eine Versorgung von Wohnungen mit elektrischer Beleuchtung wurde erst mit der Herstellung einer betriebssicheren Glühlampe möglich. Schon 1854 hatte der nach den USA ausgewanderte Heinrich Göebel Kohlenfaden-Glühlampen hergestellt, die er aus galvanischen Elementen mit Strom versorgte. Seine Versuche erregten einiges Aufsehen, blieben aber ohne nachhaltige Wirkung. Erst 25 Jahre später gelang es fast gleichzeitig Josef Wilson Swan in England und Thomas Alva Edison in Amerika gut brauchbare Glühlampen herzustellen. Edison war es, der die Glühlampe industriereif machte ; er erkannte auch, daß zusätzlich leistungsfähige Stromerzeuger, Leitungen, Isolatoren, Lampensockel, Schalter und Elektrizitätszähler geschaffen werden mußten, um mit anderen Beleuchtungsarten in Wettbewerb treten zu können. Im Januar 1880 patentierte er seine Erfindung und im gleichen Monat fand eine Vorführung statt : die festliche Beleuchtung des Menloj parkes.10) Die erste große elektrotechnische Ausstellung in Paris 1881 bot Gelegenheit, das Edisonsche Glühlampen-Beleuchtungssystem der großen Öffentlichkeit vorzuführen. Diese denkwürdige Ausstellung fiel mitten in die Sturm- und Drangperiode der Elektrotechnik. Der elektrische Strom, erfolgreich in die wirtschaftliche industrielle Entwicklung des 19. Jahrhunderts durch den Telegraphen eingeführt, erschien jetzt wieder als die Zukunftshoffnung aller derer, die an der Gesamtentwicklung der Technik interessiert waren. In England hatte man mit den Gesellschaften für elektrische Telegraphie, besonders mit den Kabelgesellschaften, auch finanziell glänzende 9) Sequenz, OHZ 19/8/21. 10) Arnold, S. 52. 43
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