Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 31. April 1974

Wassermotoren unvermeidlich ist, auszugleichen, und für die Beleuchtung unschädlich zu machen, ist ein eigentümlicher, sehr einfacher automatischer Regulator der Stromspannung angebracht worden.“64) Wie in Steyr die nötige Regelmäßigkeit der Umdrehungen erzielt wurde, ist nicht genau bekannt. Die Waffenfabrik, die die ersten Turbinen von der Maschinenfabrik der Gebr. Fischer in Wr. Neustadt bezog, stellte jedenfalls nach der Ausstellung selbst komplette Wasserkraftanlagen her. Schon 1885 wurde eine davon an die Kleinmünchner Baumwollspinnerei (bei Linz) geliefert, wo sie nach Letten- mair noch 1959 einwandfrei in Betrieb war.65) Neben der Verwendung von Wasserkraft zur Gewinnung elektrischer Energie und der Tatsache, daß etwa die Hälfte der Stadt elektrisch beleuchtet war, gab es nicht viel Neues zu sehen, da auf dem elektrischen Sektor fast nur die Waffenfabrik ausgestellt hatte, übereinstimmend wurde jedoch die herrliche Lage der Stadt mit ihrer Umgebung hervorgehoben, die so manchen Besucher, der seine Erwartungen zu hoch geschraubt hatte, wieder entschädigte. So auch Ing. Krämer : „Durch geschickte Ausnutzung günstiger Umstände, insbesondere jedoch durch eine weitgehende Inanspruchnahme der Presse, wurde diese Ausstellung zu einer derartigen Bedeutung emporgeschraubt, daß der ankommende Besucher Erwartungen mitbrachte, die nicht selten empfindlich getäuscht wurden, wobei die Bitterkeit der Enttäuschung allerdings durch die geradezu prächtige Lage der Stadt und deren liebreizende Umgebung so gemildert wurde, daß ein unangenehmes Gefühl nicht leicht aufkommen konnte.“66) Die vielfach verbreitete Aussage, Steyr sei die erste beleuchtete Stadt Europas gewesen bzw. habe das erste elektrische Kraftwerk der Welt besessen, muß nach dem Gesagten etwa so präzisiert werden : Steyr war die erste größere Stadt, die durch teilweise Ausnutzung von Wasserkraft verschiedene Stadtteile elektrisch beleuchtet hatte. Und noch eine kleine Einschränkung muß angefügt werden. Bald nach Ende der Ausstellung wurden die Beleuchtungskörper wieder abmontiert. Die elektrische Beleuchtung war also nur eine vorübergehende. Am 30. September 1884 war die Ausstellung zu Ende. Die Ausstellungszeitung verkündete auf S. 1 : „Perfectum et consumatum est.“ Laut Werndl hatten 200.000 Menschen die damals etwa über 10.000 Einwohner zählende Stadt besucht.67) Eine Zahl, die mir etwas zu hoch erscheint. Es-dürften eher 200.000 Eintrittskarten gewesen sein. Dies würde, wenn jeder durchschnittlich drei Eintrittskarten gelöst 64) Zeitschr. für Elektrotechnik II (1884) Heft 13 S. 415. 65) Lettenmair, 5, S. 2. Leider bekam ich von Herrn Voggeneder von der Kleinmünchner Baumwollspinnerei trotz wiederholter Vorsprachen keine Erlaubnis, mich bezüglich Kontroll- und Vergleichszwecken genauer zu informieren. A. B. 1884 Nr. 88 S. 3. % 67j Kb. 454/7 Nr. 829 (vom 16. Okt. 1884 ; an Boteano). 67

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