Gemeinderatsprotokoll vom 20. Dezember 1930

20. ordentliche Sitzung. Niederschrift über die 20. ordentliche Sitzung des Gemeinderates der autonomen Stadt Steyr am Samstag, den 20. Dezember 1930 Tagesordnung. 1.) Bericht des Bürgermeisters. Fürsorge-Ausschuss. Referent Bürgermeister-Stellv.Russmann: 2.) Fürsorgerekurse (2) Stadtrat. Referent Bürgermeister Franz Sichlrader: 3.) Präliminarberatung 1931. Anwesende: Der Vorsitzende Bürgermeister Franz Sichlrader, die Bürgermeister-Stellvertreter Julius Russmann und Dr. Hubert Messenböck, die Stadträte: Dedic Karl, Dressl August, Roithner Hans, Klement Karl, Gaiblinger Leopold, Schlossgangl Leopold, Dr. Rudolf Schneeweiss, die Gemeinderäte Azwanger Anton Dr. Peyrer-Angermann Chalupka Elise, Pfaff Johann, Riedler Ludwig Dr. Furrer Ulrich Schrangl Franz Kirchberger Josef Schwandtner Anton Knabl Ferdinand Knogler Richard Tribrunner Franz Leitzinger Karl Voglsam Josef Lemp Karl Witzany Hans Futterer Franz Vom Magistrate: Magistrats-Direktor Dr. Ferdinand Häuslmayr, als Schriftführer: Kanzleidirektor Karl Kapinus.

Der Vorsitzende Bürgermeister Sichlrader eröffnet um 19 Uhr 15 die Sitzung und konstatiert die Beschlussfähigkeit. Entschuldigt abwesend sind die Gemeinderäte Franz Baumgartner, Hamberger Josef, Hambrusch Peter, Huemer Alois,Ecker Alois, Patek Irene und Schwitzer Erna. Als Niederschriftsprüfer fungieren die Gemeinderäte Kirchberger Josef und Knabl Ferdinand. Ueber besonderen Wunsch wird für die heutige Sitzung das sonst übliche Rauchverbot aufgehoben. Zu Punkt 1. Bericht des Bürgermeisters liegt nichts vor. Fürsorgeausschuss. Referent Bürgermeister-Stellv.Russmann: Punkt 2.) Fürsorgerekurse. Der Referent beantragt: Zl. 4355/30 Kürsorgerekurs Fenzl Anna. Dem Einspruche der Partei kann keine Folge gegeben werden, weil der nach dem Gesetze verpflichtete Sohn Fenzl Josef in der Lage ist, seine Mutter mit Unterstand zu unterstützen. Die angefochtene Entscheidung der I. Instanz wird daher bestätigt. Zl. 5760/30 Fürsorgerekurs Gutschireiter Johann, betreffend Johann Schaufler. Da die Entscheidungsgründe der I. Instanz den Gesetzen entsprechen, kann dem Einspruche nicht Folge gegeben werden und wird die angefochtene Entscheidung der Fürsorgeräteversammlung bestätigt. Beide Anträge werden debattelos angenommen. Den Vorsitz übernimmt nun Bürgermeister-Stellvertreter Julius Russmann und erteilt dem Bürgermeister Franz Sichlrader das Wort zu Stadtrat. Punkt 3.) Präliminarberatung 1931. Bevor Bürgermeister Sichlrader über das Präliminare seinen Bericht erstattet, bringt er den

Ausweis über die bis 30. November 1930 erfolgten Kreditüberschreitungen und die erforderlichen Nachtragskredite zur Kenntnis u.zw.: Erforderl. NachtragsErfolg 1930 Voranschl.1930 Kredit Rubrik I Gemeindevermögen S 1,007.167.80 S 343.500.- S 665.000.- II Gebäude- u. Grundbesitz S 54.744.52 S 38.400.- S 20.000.- III Marktwesen, Gefälle etz. S 2.115.71 S 5.300.- S 1.301.- IV Gemeindeverwaltung S 1,050.945.56 S 1,256.100.- S - V Sicherheitswesen S 317.841.02 S 132.600.- S 215.000.- VI öffentl. Arbeiten S 111.414. 94 S 81.900.- S 32.000 VII Gesundheitswesen 2.806.78 S 3.000.- S - VIII Kultus, Unterricht, Kunst S 94. 615.66 S 63.400.- S 33.000.- IX Finanzwesen S 165.151.13 S 247.000.- S - X Fürsorgewesen S 295.225.26 S 326.000.- S - XI Verschiedenes S 56.335.55 S 7.500.- S 50.000.- XII Kreditoperationen S - S - S - Erforderlicher Nachtragskredit S 1,016.300.- An Bedeckung sind vorhanden: Kaufschilling Krankenhaus S 750.000.- Vorschussrückzahlung S 80.000.- Strassensubvention S 6.000.- Realschule,Adaptierungsersatz S 20.000.- Liquidationseingänge "Geste" S 23.000.- Summe Bedeckung S 879.000.- Abgang S 137.300.- Voranschlagsmässig genehmigter Abgang 1930 S 276.400.- Neu zu beschlissender Abgang S 413.700.- und stellt folgenden Antrag namens des Stadtrates: Zl. 6040/30 Genehmigung von Nachtragskrediten. Der Gemeinderat genehmige die erforderlichen Nachtragskredite pro 1930 im Sinne des Amtsberichtes der Magistrats-Abteilung II.

Der Abgang pro 1930 stellt sich demnach auf S 413.700.-. Wird gegen eine Stimme (Enthaltung Dr. Peyrer-Angermann) angenommen. Der Vorsitzende Bürgermeister Sichlrader führt sodann aus: In einer Zeit der schwersten wirtschaftlichen Depression tritt der Gemeinderat der Stadt Steyr zur Beratung des Voranschlages für das Jahr 1931 zusammen. Seit 1 1/2 Jahren leiden wir im besonderen in dieser Stadt unter einer Arbeitslosigkeit, deren Folgen sich immer mehr und mehr im Haushalte der Gemeinde geradezu verheerend geltend machen. Dazu kamen noch die politischen Kämpfe des vergangenen und dieses Jahres, die die Bevölkerung in dauernde Unruhe versetzten und die Lösung wirtschaftlicher Probleme zurückstellten, wenn nicht gar verhinderten. Diese Verhältnisse wirkten sich aber wieder in Steyr in der Weise aus, dass unsere so aussichtsreich begonnenen Sanierungsmassnahmen plötzlich zurückgestellt wurden, sodass wir auch heute noch nicht einen klaren Ueberblick über die Erfolge geben können. Im übrigen stehen wir neuerlich vor Aanderungen der Abgabenteilung, deren Resultat natürlich in diesem Voranschlage nicht berücksichtigt werden kann, da ja das Endergebnis noch nicht bekannt ist. Am Ende dieses Jahres laufen eine Reihe gesetzlicher Bestimmungen ab, die von einschneidender Bedeutung für die Gemeindefinanzen sind. So soll der Warenumsatzsteuerschlüssel, neu festgesetzt werden, dabei handelt es sich um die Verteilung von mehr als 88 Millionen Schilling. Die Frage, ob die Landesbiersteuer in ihrer bisherigen Rechtsform aufrecht bestehen bleibt, ob die Gemeinden einen Anteil bekommen, wird zu entscheiden sein. Schliesslich hört man von einer wesentlichen Aenderung der Verteilung der Lohnabgabe,bekanntlich der wichtigsten Einkommensquelle der Gemeinde. Wenn auch die geplante Aenderung der Abgabenteilung den Gemeinden mehr an Einnahmen bringen wird, so müssen gerade wir dieser Aenderung wieder mit einem gewissen Pessimismus entgegen sehen, wenn die Absicht, die Verteilung der Lohnabgabe nach dem Wohnorte des Lohnempfängers im Gegensatze zu

dem Arbeitsorte durchgeführt werden soll. Eine derartige Verfügung würde bei dem heutigen Stande der Lohnempfänger in Steyr eine Verminderung der Lohnabgabe für das Jahr 1931 von S 55-60.000.- bedeuten. Bevor ich auf den Voranschlag selbst zu sprechen komme, möchte ich folgendes vorausschicken: Der Voranschlag 1931 ist entsprechend einer Anregung des statistischen Konsulenten des deutschösterreichischen Städtebundes grundlegend geändert worden,sodass die einzelnen Ziffern mit denen der früheren Voranschläge nicht ohne weiteres verglichen werden können. Die Gemeinde Steyr ist die erste, die diesen nach wissenschaftlichen Grundsätzen aufgebauten Voranschlag übernommen hat. Der Gedanke, der dieser Reform vorschwebt, ist, dass, wenn sich alle grässeren Gemeinden diesen Entwurf zum Vorbilde machen, endlich einmal die Möglichkeit gegeben ist, eine vergleichende Statistik der Gemeindeverwaltungen aufzubauen. Und nun zum Voranschlage selbst. Der Voranschlag ist hinsithtlich der Bedeckung aufgebaut auf Stand der Belegschaft in den Steyr-Werken der Annahme, dass der im Jahre 1931 gegenüber dem Stande vom November 1930 keine Einschränkung erfährt, dass schliesslich aus der Aenderung der Abgabenteilung keine Schmälerung der Erträgnisse eintritt, denn mit einer wesentlichen Vermehrung der Eingänge können wir mit Rücksicht auf die etwaigen Folgen der Aenderung der Lohnabgabeverteilung kaum rechnen und dass ferner das Erträgnis aus den Realsteuern nicht noch weiterhin Schmälerungen erfährt. Im Erfordernis sind so wie in den Vorjahren fast aussschliesslich nur Pflichtausgaben vorgesehen. Es enthält also unser Voranschlag keinerlei Verheissungen, er sieht keine ausgestaltende kommunale Tätigkeit vor, keine Modernisierung städtischer Anstalten und der so rückständigen kommunalen Technik. Ich kann daher in diesem Zusammenhange nur das sagen, was ich noch bei jeder Budgetberatung gesagt habe: Unser Budget ist ein Budget der Sparsamkeit,

aufgezwungen durch die Not der Zeit. Ich sage daher auch heuer wieder von dieser Stelle aus, dass die seit mehr als fünf Jahren geübte und nicht mehr zu überbietende Sparsamkeit auf allen Gebieten sich einstens schwer rächen wird, worauf wir ja die verantwortlichen vorgesetzten Stellen unausgesetzt aufmerksam gemacht haben. Der Tag wird und muss kommen, an dem ein wirklicher Finanzausgleich den in der Finanzgesetzgebung vorgesehenen Notstandsfonds schafen wird müssen. So lange dieser Fonds nicht realisiert ist, wird eine Gemeinde mit der sozialen und wirtschaftlichen Struktur der Stadt Steyr niemals wirkliche kommunale Tätigkeit entfalten können, ganz abgesehen davon, dass die immer mehr fortschreitende Schwächung der Autonomie die selbständige Entwicklungsmöglichkeit der Industriegemeinden beeinträchtigen muss. Trotzdem also das Budget die primitivsten Forderungen,die die Gegenwart an eine Gemeindeverwaltung stellt,gezwungen ermassen übersehen muss, schliessen wir bet einem Erfordernis von S 2,427.000.- und einer Bedeckung von S 1,966.800.- mit einem Abgang von S 460.200.- ab. Das Resultat ist äusserst traurig, insbesonders wenn man bedenkt, dass in diesem Voranschlag die Ausgaben für die Polizei um rund S 225.000.- weniger betragen wie im vergangenen Jahre, wobei aber sofort bemerkt werden muss, dass die einmaligen Ausgaben für die Adaptierungsarbeiten im Wege eines Darlehens gedeckt werden müssten, das ja einmal rückgezahlt werden muss. Wie sehr wir uns von dem Gedanken der Sparsamkeit lemten liessen, darüber soll bloss eine einzige Ziffer Aufschluss geben. Das Erfordernis aller Instandsetzungsarbeiten und Neuanschaffungen, deren Durchführung geradezu im allgemeinen öffentlichen Interesse gelegen wäre, macht den Betrag von S 548.400.- aus, sodass sich bei Durchführung dieser Arbeiten der Abgang auf

S 1,008.600.- stellen würde, eine ganz ungeheure Summe. Ich bin auch jetzt nicht in der Lage, Bedeckungsvorschläge zu erstatten, da ja die Erhöhung der Abgaben und die Aufnahme neuer Darlehen derzeit ausgeschlossen ist. Wir sind schon seit Jahren nicht mehr imstande, unseren Haushalt ins Gleichgewicht zu bringen. Wir haben einen radikalen Personalabbau durchgeführt, wir haben zwei wertvolle Gemeindeobjekte verkauft und so konnten wir uns noch über Wasser halten. Der Verkauf eines dritten Gemeindeobjektes steht in Verhandlung, ob er durchgeführt wird, ist heute noch nicht zu sagen. Gelingt diese Transaktion, dann werden wir vielleicht noch über das Jahr 1931 hinwegkommen, gelingt diese Transaktion jedoch nicht, dann muss schon im Jahre 1931 die Entscheidung fallen. Die Abgänge der letzten Jahre müssen natürlich einmal in volle Auswirkung treten. Noch ist die Gemeinde ihren Schuldverpflichtungen aufs Pünktlichste nachgekommen, allerdings häufen sich bereits in der letzten Zeit die Rechnungen, die der Liquidierung harren. Die Entwicklung muss der Gemeinde zwangsläufig neue Einnahmsquellen eröffnen, um ihren Haushalt ins Gleichgewicht zu bringen. Und diese neue Einnahmsquelle ist auf Grund der gegenwärtigen Gesetzgebung nur die Aktivierung des Ausgleichsfonds. Ich fühle mich verpflichtet, so wie in den Vorjahren, auch heute wieder auf diesen einzigen Ausweg hinzu. weisen. Es geht ins sechste Jahr, dass wir um die Verwirklichung des Ausgleichsfonds vorstellig werden. Wenn wir dem Voranschlag 1931 mit dem 1930 vergleichen, so ergibt sich folgender Ueberblick: Die Einnahmen für das Jahr 1931 weisen gegenüber den Einnahmen 1930 - von den ausserordentlichen Einnahmen durch den Verkauf von Gemeindegut muss natürlich abgesehen werden - eine Verminderung um nicht weniger als S 274,900.- auf, gegenüber 1929 gar den Betrag von S 367.570.-. Der Rückgang geht vor allem auf die Senkung fast sämtlicher Abgaben und Gebühren zurück. Andererseits aber erhöhen sich die Ausgaben, obwohl, wie gesagt, nur Pflichtausgaben eingesetzt sind.

Die Steigerung des Erfordernisses gegenüber 1930 beträgt allein S 111.900.- oder 4.8 %, gegenüber 1929 S 151.073.-. Das Fürsorgeetat allein weist gegenüber 1930 eine Steigerung von § 112.500.- oder 31.5 % auf. Der Schulden- und Amortisationsdienst ist gegenüber 1930 um S 139.035.- angewachsen, was darin seine Erklärung findet, dass der grösste Teil der Kaufschillinge zur Rückzahlung von Schulden verwendet worden ist. Die dadurch eintretende Erleichterung im Zinsendienst wird allerdings wieder aufgehoben durch die mit 1. Jänner 1931 beginnende Verzinsung und Amortisation der Haftungskredite für die liquidierten Gemeindebetriebe. Das Gehaltsetat für die aktiv Angestellten hat sich unter Berücksichtigung der Verstaatlichung der Polizei und des auch im Jahre 1930 fortgesetzten Abbaues um S 228.154.- vermindert, während das Pensionsetat um S 34.070.- gestiegen ist, eine Folge der Pensionierungen. Die Löhne der städtischen Arbeiter weisen unter Berücksichtigung einer geringfügigen Vermehrung des Standes um 9 Arbeiter eine Steigung von S 44.068 auf. Im Aufwand für das Schulwesen ist eine Steigerung von S 21.917.- eingetreten. Und nun zu den einzelnen Kapiteln des Voranschlages I. Gemeindebesitz. Bedeckung: Erfordernis: Ueberschuss: S 150.000.- S 1.000.- S 149.000.- Der Betrag ist die zweite Kaufschillingsrate für die Fachschule, er ist als Eingang zum Voranschlag gebucht, weil er zur Abstattung bestehender Schulden verwendet wird. II. Kreditbewegung. Bedeckung: Erfordernis: Abgang: S 218.118.- S 218.118.- Im Vorjahre betrug der Amortisationsbetrag für Darlehen S 72.578.-, was gegenüber 1931 eine Erhöhung von S 145.560.- bedeutet. Getilgt sind die Schulden an die Reformbaugesellschaft, die aus dem Kaufschilling des Krankenhauses zurückgezahlt wurden.

Neu erscheinen die Kapitalsabstattungen für die Haftungskredite der liquidierten Unternehmungen. Aus dem zweiten Kaufschillingsrest der Fachschule wird das sogenannte Inflationsdarlehen per S 51.272.- zurückgezahlt, sodass ab 1. Jänner 1931 nur mehr die Zinsen per ca. S 93.000.- zurückzuzahlen sind, für die ein Jahresbetrag von S 12.000.- vorgesehen ist. Diese Kreditoperation bedeutet für die Gemeinde einen Vorteil, da der Bund Zinseszinsen nicht rechnet, sodass sich der aushaftende Betrag als ein unverzinsliches Darlehen darstellt. III. Zinsendienst,Erträgnisse aus Rechten. Bedeckung: Erfordernis: Abgang: S 104.324.- S 312.747.- S 208.123.- Im Zinsendienst ergibt sich gegenüber 1930 eine Verringerung von S 11.524.-. Es ist überflüssig, über die drückende Last dieser Post noch Worte zu verlieren. Solange es nicht gelingt, die grossen Schulden endlich einmal abzustossen, solange werden wir keinen gesunden Haushaltungsplan aufstellen können. Immerhin ist es uns gelungen, innerhalb zweieinhalb Jahren den Gesamtschuldenstand von S 3,478.509.- auf S 2,879.784.-, also um S 598.725.- zu vermindern. Es ist selbstverständlich, dass die Erträgnisse aus unseren Häusern entsprechend der Mietennovelle eine Steigerung erfahren haben, sie beträgt gegenüber 1930 rund S 14.250.-. IV. Finanzverwaltung im engeren Sinne. Bedeckung: Erfordernis: Ueberschuss: S 1,461.040.- S 85.160.- S 1,375.880.. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass fast alle Abgaben zurückgegangen sind. So ist an der Verbrauchsabgabe, Gasabgabe, Hockersteuer, Kraftwagenabgabe, Hundesteuer, Verwaltungsabgaben und Lustbarkeitsabgabe, die ja alle an sich nicht hohe Erträgnisse ausweisen, gegenüber 1930 ein Minus von S 25.900.-, gegenüber

1929 ein Minus von S 30.250.- zu verzeichnen. Die Eingänge aus den Abgabenertragsanteilen sind gegenüber 1930 um S 80.000.- geringer eingesetzt, gegenüber 1929, um S 140.000.-. Die Eingänge des Gemeindeanteiles an der Lohnabgabe weisen eine Verminderung von S 68.900.- gegenüber 1930 auf, gegenüber 1929 eine Verminderung von S 194.900.-. Es handelt sich also hier um Abgänge, die durch keine wie immer geartete Massnahme ausgeglichen werden können. Das Erfordernis dieses Kapitels besteht aus den Ausgaben für die Verwaltung und für die Vergütung an Körperschaften bei der Mitwirkung der Einhebung der Abgaben. V. Allgemeine Polizei, Justiz, Militär Bedeckung: Erfordernis: Abgang: S 14.200.- S 126.000.- S 111.800.- In diesem Kapitel ist vor allem der Sachaufwand für die verstaatlichte Polizei, das Schub- und Herbergswesen, sowie die Verpflegskostenbeiträge für Zwangsarbeitsanstalten präliminiert. Aus diesen Posten werden allerdings zwei Beträge von S 66.000.- und S 6.900.- aus dem ordentlichen Voranschlag in den Anhang zu verweisen sein, weil mit der Leistung dieser Beträge unter den heutigen Verhältnissen wohl nicht gerechnet werden kann. VI. Strassen,Gärten, öffentliche Beleuchtung. Bedeckung: Erfordernis: Abgang: S 53.600.- S 139.700.- S 86.100.- Der Voranschlag sieht den Umbau der östlichen Ennsleitenstiege mit S 25.000.- als dringend notwendig vor. Für Strassen- und Brückenerhaltung ist ein Nettoerfordernis von S 79.953.- vorgesehen. Die Steigung gegenüber 1930 beträgt S 73.953.-. Infolge der Uebernahme der Durchzugsstrassen in die Bundesverwaltung hat die Gemeinde vertraglich gewisse Strassen instand zu setzen. Für die übrigen 27 Brücken ist der geringfügige Betrag von S 2.000.- präliminiert. Der vom Bund zugesicherte Zuschuss zu den Instandsetzungsarbeiten der beiden Brücken ist mit S 53.000.- eingesetzt. Auch die Auslagen für die Strassenreinigung, für die

öffentliche Beleuchtung und die Anlagen weisen geringfügige Steigerungen auf. VII. Feuerschutz, Rettungswesen, Wasserbau. Bedeckung: Erfordernis: Abgang: S 12.000.- S 12.000.- Hier ist eine Steigerungvon S 1.000.- zu konstatieren. VIII. Wasserversorgung, Marktwesen, Landeskultur. Bedeckung: Erfordernis: Ueberschuss: S 86.600.- S 44.700.- S 41.900.- In diesem Kapitel sind die Betriebskosten für das städtische Pumpwerk auf, Grund der Erfahrungsziffer 1930 mit S 1.300.- geringer veranschlagt. Die Eingänge bestehen aus den Wasserleitungsgebühren, aus den Vieh- und Fleischbeschaugebühren, die um S 3.000.- geringer eingesetzt sind, ein sprechender Beweis der Not. In den Haushaltsvoranschlag für das kommende Jahr hat das Stadtbauamt abermals einen Betrag von S 35.000.- eingesetzt, um die Durchführung der Vorarbeiten für das allgemeine Wasserwerk unserer Stadt zu ermöglichen. Es ist dies abermals ein Zeichen, wie weit unsere Stadt abseits geblieben ist von dem Wege technischen Fortschrittes, wenn sich das Stadtbauamt Beträge für dieallerersten Anfänge einer Einrichtung erkämpfen muss, über die andere Städte seit Jahrzehnten verfügen. Durch Jahre hindurch musste dieser Betrag unter dem Drucke andauernder Finanznot aus dem Budget gestrichen werden und so blieb der Wunsch nach Erbauung eines einheitlichen Wasserwerkes und damit die primitivste Forderung der Gesundheit und des Wohlbefindens unserer Bevölkerung unerfüllt. Wohl hat sich eine Interessenteng ruppe mit einem Eifer und einer Ausdauer, für die man ihr Dank und Anerkennung nicht versagen kann, um das Zustandekommen einer Wasserleitung für unsere Stadt bemüht und ein diesbezügliches Projekt der Stadtgemeinde mit der Einladung vorgelegt, an der Verwirklichung dieses Planes mitzuarbeiten. Ich habe dieses Projekt dem Stadtbauamte zur Erstattung eines Gutachtens übermittelt. Bei Ueberprüfung der

vorgelegten Arbeit stellte sich heraus, dass die wichtigsten Grundlagen, nach denen der künftige Wasserbedarf für unsere Stadt ermittelt worden ist, im wesentlichen abweichen, von jenen Grundsätzen, die bisher bei der Errichtung städtischer Wasserversorgunganlagen allgemein befolgt worden sind. Da ausserdem die Heranziehung mehrerer Quellen an Stelle einer einheitlichen Entnahme wegen der Schwierigkeiten der Sicherstellung ausreichender Schutzgebiete schwere Bedenken auslöste; hat das Stadtbauamt von der weiteren Verfolgung dieses Projektes abgeraten. Die Frage der Wasserversorgung unserer Stadt schien mir wichtig genug um vor Hinausgabe eines ablehnenden Bescheides auch das Gutachten eines zweiten Sachverständigen einzuholen. Der bewährte Fachmann, der zu diesem Zwecke zu Rate gezogen worden ist, schloss sich in seiner Aausserung voll dem Gutachten des Stadtbauamtes an. So musste wie bekannt, zur Ablehnung des gewiss gut gemeinten Projektes geschritten werden. Diese Haltung des Gemeinderates hat zu einer mehr oder weniger sachlichen Erörterung in der Oeffentlichkeit geführt und das Für und Wider der Meinung kam achliesslich auch in den Tagesblättern zur Austragung. Aus den Zeitungsnachrichten wird dem Gemeinderate auch bekannt sein, dass sich diese Polemik auch mit dem Zusammenhange der vom Gemeinderate getroffenen Entscheidung mit dem Gutachten des Stadtbauamtes beschäftigte, Ich möchte hiezu von dieser Stelle aus bemerken, dass wohl für jeden, der mit der Struktur einer Gemeindeverwaltung vertraut ist, kein Zweifel darüber bestehen dürfte, dass die Entscheidung des Gemeinderates in Fällen, die ausschliess. lich einem streng umgrenzten fachwissenschaftlichen Gebiete zugehören, nur auf dem Gutachten des zuständigen beamteten Fachmannes beruhen kann. IX. Reinigung. Bedeckung: Erfordernis: Ueberschuss: S 22.800.- S 4.900.- S 17.900.- Die Eingänge resultieren vorwiegend aus den Einnahmen der

Kehrichtabfuhr. Der scheinbare Ueberschuss findet seine Erklärung darin, dass die Arbeitslöhne und sonstigen Betriebsspesen in einem anderen Kapitel verrechnet werden. X. Gesundheitswesen. Bedeckung: Erfordernis: Abgang: S 1.000.- S 26.500.- S 25.500.- In diesem Kapitel sind eigentlich nur die personellen Auslagen des öffentlichen Gesundheitsdienstes enthalten. Es ist sehr traurig, dass auf diesem Gebiete, ich denke nur an öffentliche Bäder u.dgl., die Gemeinde so gut wie nichts zu leisten vermag. Die Erhöhung gegenüber 1930 um S 3.000.- ist vor allem auf die starke Inanspruchnahme der Tuberkulosen-Heilstätten zurückzuführen. XI. Wohnungsfürsorge. Bedeckung: Erfordernis: Abgang: S S 4.800.- S 4.800.- Ich glaube dass jeder Kommunalpolitiker, der diese einzige Gebarungsgruppe unseres Voranschlages betrachtet, sofort zu dem Schlusse kommen muss, dass unsere Situation eine geradezu trostlose ist. Steyr dürfte die einzige grössere Stadt sein, die nicht einmal mit Zuhilfenahme der Mittel der staatlichen Wohnbauförderung Wohnungen zu bauen imstande ist. Die fast gänzliche Vernachlässigung auf diesem Gebiete wird uns in Zukunft noch schwere Sorgen bereiten. XII. Armenpflege. Bedeckung: Erfordernis: Aögang: S 37.100.- S 322,100.- S 285.000.- In diesem Kapitel sind vorgesehen die Ausgaben für die gesamte offene und geschlossene Armenpflege ohne die Fürsorge für Kinder und Jugendliche. Wir sehen überall Steigerungen. So sind die regelmässigen Erhaltungs- und Erziehungsbeiträge mit S 104,900.- um S 30.400.- gestiegen. Die Krankenersatzkosten erfahren eine Steigerung von S 15.500.-. Beim ständigen Anwachsen der Zahl der

Pfleglinge in den Altersheimen wird mit dem Betrage von S 73.000.- kaum das Auslangen zu finden sein. An den Ausbau der in Steyr so notwendigen Fürsorge ist natürlich bedauerlicherweise nicht zu denken. XIII. Sonstige Fürsorge und Beratung. Bedeckung: Erfordernis: Abgang: S 3.300.- S 137.300.- S 134.000.- Dieses Kapitel enthält die Auslagen für die Fürsorge der Kinder und Jugendlichen, der Mutterberatung, der Berufsberatung, der Kindergärten, der Schülerausspeisung, der Blindenfürsorge, der Irrenfürsorge und der produktiven Arbeitslosenfürsorge. Auch hier überall Erhöhungen. XIV. Wissen,Kunst, Unterhaltung, Kultus. Bedeckung: Erfordernis: Abgang: S 28.300.- S 117.900.- S 89.600.- Auf die Erhöhungen auf diesem Gebiete habe ich bereits einleitend hingewiesen. Es erübrigt sich eine Schilderung des Zustandes unserer Schulen. Bei diesem Kapitel ist besonders auf die Instandsetzung des städtischen Theaters hinzuweisen. XV. Wahlen. Bedeckung: Erfordernis: Abgang: S -.- S 10.500.- S 10.500.- Die Höhe der Post erklärt sich daraus, dass im kommenden Jahre vermutlich drei Wahlen stattfinden werden. XVI. Bauwesen. Bedeckung: Erfordernis: Abgang: S 4.536.- S 321.300.- S 316.764.- Auch über diesen Zweig der kommunalen Tätigkeit habe ich eingangs bereits gesprochen. In welcher Zwangslage wir uns befinden, beweist der Umstand, dass für unvorhergesehene Bauführung der geradezu lächerliche Betrag von S 10.000.- eingesetzt ist.

XVII. Transportwesen. Bedeckung: Erfordernis: Abgang: S -.- S 25.075.- S 25.075.- Eine besondere Bemerkung zu dieser Gebarungsgruppe erübrigt sich. Die Ziffern halten sich ungefähr im Rahmen des bisherigen. XVIII. Zentralverwaltung. Bedeckung: Erfordernis: Abgang: S -.- S 510.000.- S 510.000.- an diesem Kapitel sind enthalten die gesamten Personalposten der Zentralverwaltung, der Pensionen, der sozialen Lasten, der Reiseauslagen, die Personalkosten der Gemeindefunktionäre, die Gebäudeerhaltung, Beheizung, Beleuchtung, Reinigung,Kanzleiauslagen, Post- Trlegraph- und Telephonauslagen. Die in diesem Kapitel vorgesehenen Erhöhungen, die nicht wesentlich sind, gehen fast duschwegs auf gesetzliche Bestimmungen zurück. XIX. Unternehmungen. Eine Gebarung entfällt derzeit. Aks Unternehmungen kommen in Betracht die Brückenwaage und die "Geste". Da ein allfälliger Ueberschuss aus dem Betrieb der Waage wegen Instandsetzung der Brückenwaage beim Neutor hinterlegt würde, ist kein Betrag präliminiert. Bei den reduzierten Betrieben der „Geste" fehlt noch die notwendige Uebersicht. Ich betone ausdrückäich, dass dieses Kapital nur Zuschüsse oder Abfuhren vorsieht. XX. Sonstiges. Bedeckung: Erfordernis. Abgang: -.- S 7.200.- S 7.200.- Hier ist nur für die Fremdenverkehrsförderung der Betrag von S 7.200.- eingesetzt. Das ist keine Barsubvention, in dieser Ziffer sind die Kosten für die Administration, Reisespesen, Delegierungen, Kanzlei u.dgl. enthalten. Ich habe nun einen ziemlich ausführlichen Ueberblick über die Finanzlage gegeben. Zum Schlusse kommend, möchte ich noch folgendes sagen: Die Budgets der letzten Jahre sind ausnahmslos

einstimmig beschlossen worden, ja die Parteien des Gemeinderates haben unsere ehrliche Arbeit ausdrücklich anerkannt und mit uns sachlich mitgearbeitet, sodass es uns gelungen ist, manches der schwierigsten Probleme gemeinsam zu lösen. Das will ich auch jetzt gerechterweise feststellen und möchte nur der HoffnungAusdruck verleihen, dass wir auch weiterhin bei voller Wahrung der politischen Gegensätze und der Gegensätze der Weltanschauung im Interesse dieser schwer geprüften Stadt die uns von der Bevölkerung aufgetragenen Pflichten gemeinsam erfüllen. Aber auch die Bevölkerung ohne Unterschied der Partei muss die Schwierigkeit unserer Aufgabe begreifen und muss uns in unserem Wirken unterstützen. Wir stehen vor einem unerhört schweren Winter, welcher von der durch die Arbeitslosigkeit zermürbten Bevölkerung eiserne Nerven verlangen wird. Wir müssen alles daran setzen, die Not, soweit es in unseren schwachen Kräften liegt, einigermassen zu lindern. Das Gebot des Augenblickes ist das ehrlichste und aufrichtigste Bestreben gemeinsame Wege zu gehen. Ich denke hier zunächst an die mit allem Nachdruck weiter zu verfolgenden Sanierungsmassnahmen mit Hilfe des Bundes. Wir werden ja bereits in der nächsten Woche, hoffe ich, Gelegenheit haben, mit der Regierung über die weiteren Massnahmen zu verhandeln. Hoffentlich finden wir volles Verständnis, den sonst wird für uns die Situation in absehbarer Zeit geradezu verzweifelt werden. Allerdings muss die innere Befriedigung dieses Landes endlich einmal ernstere Fortschritte machen, damit wir wirklich zu einer planmässigen und ununterbrochenen Arbeit gelangen. Ich will daher in diesem Zusammenhange - ich halte dies für meine Pflicht als verantwortungsvoller Verwalter dieser Stadt - mit voller Objektivität eines Ereignisses zu gedenken, das, abgesehen von den unabsehbaren Folgen, die hätten entstehen können, den Ruf von Steyr aufs schwerste und entwürdigendste geschädigt hat: Ich denke an die Tage des 4. und 5. November. an jene Zeit, in der von verantwortungsloser Stelle gegen alle

Gesetze und gegen die Verfassung Hausdurchsuchungen in einer Weise durchgeführt worden sind, die in einem Rechtsstaat bisher nicht üblich war. Ich enthalte mich ausdrücklich jeder politischen Polemik, ich stelle bloss fest, dass die verantwortlichen Leiter dieser Massnahmen in Steyr gegen die klaren Bestimmungen der Gesetze auch in Gemeindeobjekte"eingedrungen" sind - selbstverständlich ohne jeden Erfolg. Man darf nicht vergessen, dass Steyr die Stadt der Arbeitslosen ist, dass in Steyr unsagbares Elend herrscht, dass in Steyr die Bevölkerung ohnehin eine Geduld aufbringt, die jeder ehrlich denkende Mensch geradezu bewundern muss. Wenn ich mich daher als Bürgermeister dieser Stadt gegen die Art wie man Steyr in den "Kriegszustand"versetzt hat, in dem Augenblicke, in dem die verantwortlichen Funktionäre der Gemeinde einen Rechenschaftsbericht über die Verwaltung vorgelegt bekommen, zur Wehr setze, so deswegen, weil diese Massnahmen der Wirtschaft dieser Stadt einen Schaden zugefügt haben, den natürlich niemand schätzen kann, andererseits aber auch, um der Bevölkerung für die mustergaltige und über jedes Lob erhabene Haltung in diesen traurigen Tagen die uneingeschränkte Anerkennung auszusprechen. Die Bevölkerung von Steyr war sich des Ernstes der Lage bewusst, sie hat die Ruhe, die auf eine wahrlich nicht leichte Probe gestellt worden ist, vollkommen bewahrt und sich durch nichts provozkren lassen. Ich erinnere mich da eines Ausspruches des Landeshauptmannes Dr. Schlegel, den er anlässlich der Uebergabe der polizeilichen Agenden an die Bundesverwaltung getan hat: "Ich wünsche der Polizei in Steyr möglichst wenig Arbeit." Die Leitung hat geradezu das Gegenteil getan, sie hat möglichst viel Arbeit gesucht, nicht zum Nutzen der Stadt, nicht zum Nutzen des Ansehens der Behörde, sie hat nur eines erreicht, was ich als Bürgermeister aufs tiefste bedauere; sie hat Verbitterung unter eine Bevölkerung getragen, die an Sorgen und Kummer wahrlich schon einiges Mitgemacht. Ich möchte nur wünschen, dass solche Zeiten nicht mehr kommen. Ich weiss zwar und stehe nicht an, dies offen

zu sagen, dass die untergeordneten Organe, auch die leitenden Organe in Steyr, auf "höheren" Befehl handelten, ich weiss aber auch, dass ein Beamter dann, wenn ihm etwas ungesetzliches aufgetragen wird, an solche ungesetzliche Befehle nicht gebunden ist. Ich widerhole, dass ich mich zu einer Kritik deswegen berufen erachte, weil jene Ereignisse ebenso wie die Ereignisse des Herbstes des vergangenen Jahres neuerlich die Wirtschaft dieser Stadtschwer geschädigt haben. Und als Bürgermeister habe ich nicht nur das Recht, sondem geradezu die Pflicht, gegen solche Vongänge im Namen der Bevölkerung Stellung zu nehmen. An jenen Tagen konnte ich nur formellen Protest einlegen, da damals nicht das Recht, sondern die Gewalt der Kanonen, der Maschinengewehre und der Karabiner triumphierte. Nun wir aber wieder zu verfassungsmässigen Zuständen zurückgekehrt sind, hoffe ich, dass derartige Uebergriffe endgiltig der Vergangenheit angehören, denn nicht nur dieses Oesterreich braucht den Frieden und die Verständigung, sondern vor allem unsere Stadt, an deren Fortentwicklung zu arbeiten wir gelobt haben. Die Bevölkerung will von uns sachliche Arbeit, die natürlich nur auf dem Boden gegenseitiger Achtung und gegenseitigen Vertrauens möglich ist. Die Bevölkerung wird ihre politischen Kämpfe mit verfassungsmässigen Mitteln austragen, von uns den Gemeindevertretern verlangt sie zunächst wirtschaftliche Arbeit. In diesem Sinne ersuche ich um einmütige Annahme des vorgelegten Budgets. Zl. 5717/30 Präliminare 1931. Schliesslich stellt der Vorsitzende folgenden Antrag: Der Gemeinderat genehmige den Voranschlag für das Jahr 1931 im Sinne des Stadtratsantrages vom 19.Dezember 1930 mit der Abänderung, dass aus der Gebarungsgruppe 21 die Betrage unter Post 1 von S 66.000.- und aus der Post 5 von S 6.900.- im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der Gemeinde in den Anhang verwiesen werden,

Das Magistrats-Präsidium wird beauftragt, die noch ausstehenden Sanierungsmassnahmen im Sinne des Gemeinderatsbeschlusses vom 29. Dezember 1928 mit allem Nachdruck und mit aller Beschleunigung weiter zu verfolgen. Bitte um einstimmige Annahme dieses Antrages. Lebhafter Beifall. Als erster Redner spricht Bürgermeister-Stellvertreter Dr. Hubert Messenböck: Der Voranschlag für das Jahr 1931 erscheint mir als ein typisches Beispiel der allgemeinen Wirtschaftskrise und im besonderen der finanziellen Notlage der Gemeinden. In den letzten Tagen lasen wir, dass ausgezeichnet verwaltete Gemeinden, wie Gmunden, Vöcklabruck, Schärding usw. die Voranschläge mit Abgänge verabschieden mussten. Der Bericht über Schärding schloss mit dem Hinweis, dass die Gemeinde allein nicht mehr weiter wirtschaften könne und Hilfe von aussen brauche. Trotz strenger Sparsamkeit in der eigentlichen Gemeindeverwaltung von Steyr war angesichts des bedeutend reduzierten Betriebes in den Steyr-Werken und des beispiellosen Arbeitslosenelends und der damit auch bedenklichen Gefährdung des Handels- und Gewerbestandes auch für unsere Gemeindeverwaltung nur ein passiver Voranschlag zu erwarten. Die Lage von Steyr ist aber dadurch wesentlich von den übrigen notleidenden Gemeinden verschieden, dass der im Zug der Sanferungsmassnahmen seit Jahren bedingte Ausverkauf, der noch immer wieder Lebensinjektionen brachte, als beinahe beemdet angesehen werden muss. Unter solchen Umständen hat man sich notgedrungen ins Unvermeidliche zu fügen und kann daher nicht darauf bestehen, dass dringende Wünsche im Voranschlag berücksichtigt werden, zumal selbst Forderungen, denen niemand den Charakter der Notwendigkeit versagen kann, in die zum grössten Teil leider utopistische Liste des Anhanges verwiesen werden mussten. Ich nenne hier nur die so dringend nötige Errichtung einer ausreichenden Wasserleitung, die Kanalisation, die Beseitigung des Barackenelendes und der

Wohnungsnot, die Errichtung eines Schulgebäudes, eines Versorgungsheimes, die Ausgestaltung der Strassen, den Ersatz baufälliger Brücken durch Eisenbetonbrücken usw.. Die dringend notwendige Entlastung der steuerzahlenden Bevölkerung ist unter so traurigen Umständen derzeit leider nicht zu erwarten. Die Einnahmeseite im Voranschlag zeigt in vielen Posten ein Sinken, die Ausgabeseite weist besonders in der Post Fürsorge ein weiteres Steigen auf. Die zehnprozentige Verbrauchsabgabe ist um 900 S geringer veranschlagt, die Gasabgabe um 9.000 S, die Hockersteuer um 5.000 S, die Kraftwagenabgabe um 2.000 S, die Hundesteuer um 3.000 S, die Verwaltungsabgabe um 6.000 S, der Zuschlag zum Gebührenäquivalent und zu den Immobiliargebühren um 1.700 S, die Abgabenertragsanteile um 80.000 S, die Lohnabgabe um 69.000 S, die Stromabgabe um 800 S, die Einnahmen aus der Stadtgärtnerei um 300 S, die Vieh- und Fleischbeschaugebühren um 3.000 S, die Kindergartenbeiträge um 500 S, die Einnahmen für die städtische Handelsschule um 3.500 S u.s.w.. Während die normalen Einnahmen mit einem Betrag von rund S 275.000.- geringer eingestellt werden mussten, finden sich im Voranschlag erhöhte Ausgaben. Die Zinsen für vorübergehende Bankkredite sind um 5.000 S erhöht, die Entschädigung für den Hausbesitzerverein in Steyr, der früher pro Monat 200 S erhielt, jetzt pro Monat 500 S, ist daher um 3.600 S gestiegen, für die Strassenund Brückenerhaltung ist ein Mehrbetrag von S 75.200.- eingesetzt, die Denkmalerhaltung ist um 200 S erhöht, die öffentliche Beleuchtung um 3.800 S, die Subvention für die städtische Feuerwehr um 1000 S, die Herstellungskosten für Bedürfnisanstalten um 1,.000 S, die Kosten für die Kehrichtabfuhr um 300 S, der Beitrag für die Tuberkulosen-Fürsorge um 3.100 S, der Beitrag für die Wohnungsfürsorge um 2.500 S, die Erhaltungs- und Erziehungsbeaiträge um S 30.400.-, die Krankenkosten- Hälfteersätze um S 15.500.- die Kosten für die Pfleglinge in den Altersheimen um 2.500 S, der Beitrag für Kinder- und Jugendfürsorge um 6.100 S, für die

produktive Arbeitslosenfürsorge um 6.100 S, für Irrenfürsorge um 6.200 S, für die Kleinrentnerfürsorge 1930 - 31 sind 40.000 S eingestellt, die Kosten für das Fortbildungsschulwesen erhöhen sich um 1.100 S, die Kosten für das Museum um 700 S, die Kosten für den Ausbau der östlichen Ennsleitenstiege betragen 25.000 S, die Arbeiten für das Stadttheater beanspruchenoch 4.000 S, für Wahlauslagen sind 3.500 S eingesetzt, die Kanzleiauslagen im Bauwesen steigen um 700 S, für den städtischen Bauhof ist um 600 S mehr vorgesehen, für unvorhergesehene Bauausführungen sind 6.000 S mehr vorgesehen, die städtischen Lastkraftwagen beanspruchten heuer um 7.000 S mehr als wie im Vorjahre, für Kanzleiwesen, Post- und Telephon- und Telegrammgebühren sind um 6.600 S mehr vorgesehen, für Zinsen für das Finanzministerium um 12.000 S mehr vorgesehen, u.s.w. Die Mindereinnahmen und die Mehrausgaben ergeben für das Jahr 1931 den Gesamtbetrag von rund 515.000 S. Dem gegenüber treten an Mehreinnahmen im Vergleich zum vorjährigen Voranschlag: die zweite Kaufschillingsrate für die Fachschule per 150.000 S, ein gesteigerter Wohnzinsbeitrag von 14.200 S, ein Reingewinnanteil an der Reformbaugesellschaft von 10.000 S, die Konzessionsabgaben ergeben um 400 S mehr, die Abgaben für Strassenbenützung um 2.000, die polizeilichen Geldstrafen um 700 S, die netto Wohnabgabe um 1.800 S, der 58 %ige Zuschuss zur Instandsetzung der beiden Brücken ergibt 53.000 S, die Verpflegskostenersätze sind mit 2.400 S höher eingestellt usw. Es sind auch wesentliche Ersparungen für das kommende Gemeindewirtschaftsjahr zu verzeichnen. Ein verringerter Zinsendienst um rund 11.500 S, ein Mindererfordennis für Miethäuser und Grundstücke um 4.100 S, die Betriebskosten für die beiden städtischen Wasserleitungswerke verringerten sich um 1.300 S, beim Stadtarchiv wird eine Ersparung von 500 S eintreten, für Pferdefuhrwerke eine Ersparung von 4.100 S veranschlagt. Die Ersparung durch die Verbundlichung der Polizei ergibt den ansehnlichen Betrag von 225.000 S.

Wie würde der Voranschlag heuer aussehen, wenn es nicht gelungen wäre, die Polizei zu verbundlichen, wie wir sie aus diesem wirtschaftlichen Gründen durch soviele Jahre hindurch betrieben haben ? Wenn wir heuer einen Abgang von 387.000 S zu verzeichnen haben, so ist dies wesentlich durch den Zusammenbruch der "Geste" verursacht worden, den ich erst jetzt in meiner Zusammenstellung berücksichtige. Durch unsere Sanierungsmassnahmen haben wir im Laufe der letzten Jahre den Schuldenstand der Gemeinde von 3.9 Millionen Schilling auf 2.5 Millionen Schilling abgebaut. Durch den Zusammenbruch der „Geste", deren Schuldenstand infolge der Bürgschaft die Gemeinde übernehmen musste, hat sich der Schuldenstand der Gemeinde wieder um fast 200.000 S auf 2.7 Millionen Schilling erhöht. Es wird ja sein, dass durch die Uebernahme des Autobetriebes der "Geste" seitens der "Oberkraft" einiges Geld hereinkommt; aber das wird zum grössten Teil dazu verwendet werden müssen, dass die Schulden, die die "Geste" bei in- und ausländischen Firmen und bei der Kreiskrankenkasse machte, beglichen werden. Bei dieser Gelegenheit kann ich es nicht unterlassen, auf die seinerzeitigen Berichtigungen des Herrn Rechtsanwaltes Dr. Waldemar Hummer hinzuweisen, der in der Steyrer-Zeitung verlautbaren liess, dass die "Geste" gut geführt wurde. Wenn wir heute im Voranschlag sehen, dass sich der Schuldenstand der Gemeinde in ihrer schwersten Bedrängnis um fast 200.000 S durch die Uebernahme der "Geste"-Schulden erhöhte, so muss ich bei meinem schon seinerzeit abgegebenen Urteile bleiben, nämlich dass die „Geste" schlecht geführt worden ist. Es ist daher klar, dass die christlichsoziale Fraktion der glatten Uebernahme der "Geste"- Schulden die Zustimmung versagt. Die christlichsoziale Fraktion behält es sich vor, zum Kapitel "Geste" wie zu anderen Kapiteln in der Spezialdebatte die Stellungnahme noch im besonderen zu kennzeichnen. Wichtig ist die Frage der Bedeckung. Im Voranschlag wird zunächst die Fortsetzung der Sanierungsaktion genannt.

Die Sanierung bewegt sich in zwei Richtungen. Einmal in der Fortsetzung der Sparmassnahmen. Je länger wir sparen, besonders bei Strassen,Brücken, Schulen usw. umso vorsichtiger müssen wir sein, damit nicht durch das Sparen der Gemeinde noch grösserer Schaden erwächst. Der zweite Wege ist der Verkauf von Gemeindegut; hier ist nicht mehr viel zu hoffen. Diese zwei Aktionen haben aber wenigstens den Vorteil, dass sie so ziemlich in unserem Machtbereich liegen. Weniger konkret ist der zweite Bedeckungsvorschlag: Die Schaffung eines Gemeindeausgleichsfonds im Lande Oberösterreich. Wenn wir daran denken, dass Städte wie Linz, Gmunden, Vöcklabruck, Schärding, Enns usw.verschuldet sind, bezw. bedeutende Abgänge im Voranschlag aufweisen, dass ferner die gefährdete wirtschaftliche Lage von Obernberg, Losenstein, Perg bereitsnin der Presse erörtert wurde, so bleibt die Frage unbeantwortet, wie viele und welche Orte und Oertchen haben denn zu viel Einnahmen, so dass von ihrem Ueberfluss etwas für notleidende Gemeinden abfallen könnte. In der "Oesterreichischen Gemeindezeitung" vom 1.Dezember d.J. wird in einem Artikel über die Gebarung der Länder und grösseren Gemeinden im Jahre 1927 berichtet, dass die Gemeinden 20.47 Prozent ihrer Gesamtausgaben für den Schuldendienst verwenden müssen, während die Länder bloss 8.85 Prozent und die Gemeinde Wien nicht einmal ein Prozent, sondern nur 0.69 Prozent hiefür ausgeben. Wenn die Gemeinden derart verschuldet sind, dann ist die Verwirklichung des Gedankens an einen Gemeindeausgleichsfonds wohl in weite Ferne gerückt. Der Weg zur tatsächlichen Hilfe: Aenderung der Abgaben. teilung. Voll und ganz aussichtsreich erscheint mir aber der dritte Bedeckungsvorschlag: eine durchgreifende Aenderung der Abgabenteilung, die auf notleidende Gemeinden besonders Rücksicht nimmt. Wenn die Gemeinde Wien nicht einmal ein Prozent Schuldendienst zu leisten hat, wenn die Gemeinde Wien 52 Prozent aller Abgabenertragsanteile erhält, während die übrigen acht Bundesländer mit

ihren 4378 Städten,Närkten und Dörfern zusammen nur 48 Prozent erhalten, wenn die Gemeinde Wien im Jahre 1928 um 12.5 Millionen Schilling mehr Ertragsanteile bekam als alle übrigen Bundesländer, Landeshauptstätte, Stäte, Märkte und Dörfer von ganz Oesterreich zusammen, dann ist der Weg zur tatsächlichen Hilfe auch für Steyr dadurch gegeben, dass Wien endlich einmal aufhört, zum Schaden auch unserer Stadt eine derartige Ueberfülle an Ertragsanteilen einzusacken. Die sozialdemokratischen Abgeordneten von Wien wollen natürlich von einer Aenderung der Abgabenteilung nur dann etwas wissen, wenn Wien noch mehr erhalten sollte. Der Bedeckungsvorschlag in unserem Voranschlag zeigt aber, dass die Sozialdemokraten auf dem Lande heraussen, die als Gemeindevertreter die ungerechte Abgabenteilung so hart zu spüren bekommen, selbst eine durchgreifende Aenderung verlangen, ein Standpunkt, den wir hier im Gemeinderate ebenfalls seit Jahren vertreten. Da eine durchgreifende Aenderung der Abgabenteilung zugunsten der Provinzorte, besonders der Industriegemeinden verlangt wird, so hoffe ich, dass die Wiener sozialdemokratischen Abgeordneten sich bei den gegenwärtigen Beratungen über die Novellierung des Abgabenteilungsgesetzes doch nicht ganz taub gegenüber ihren eigenen Parteigenossen in der Provinz stellen und ich hoffe, dass dieses Gesetz eine auch für Steyr unerlässliche Bessergestaltung erhält. Dadurch ist eine tatsächliche Bedeckung des Abganges gegeben, so dass die christlichsoziale Fraktion in die Lage versetzt wird, für den Voranschlag zu stimmen. Der Herr Bürgermeister hat aber in seinen sehr sachlichen Ausführungen bezüglich des Voranschlages für das Jahr 1931 auch noch auf die Ereignisse des 4. und 5. November 1930 hingewiesen und hat gesagt, dass der Ruf der Stadt Steyr auf das "schwerste geschädigt" wurde. Ich möchte sagen: wenn es Steyr allein paasiert ware, wäre dieser Satz voll und ganz richtig. Wie ich weiss,wurde diese Waffensuche nicht nur in Steyr, sondern in ganz Oesterreich vom Abgeordneten Starhemberg, der damals Innenminister war,

angeordnet. Wenn dies den Herren nicht angenehm war, so verstehe ich das voll und ganz. Bürgermeister Sichlrader hat bei seiner Besprechung dieser Angelegenheit betont, dass er sich eine "ungemein sachliche und objektive Kritik" erlaube. Auch ich habe etwas ungemein Sachliches und Objektives zu sagen. Ich habe an diesem Tage von der ganzen Sache erst erfahren, als ein Bekannter mir in meiner Wohnung erzählte, dass Gendarmerie und Militär in den Strassen von Steyr zu sehen sei. Ich habe vorher genau so wenig gewusst wie Sie und ich habe genau so wie Sie den Grimm in der sozialdemokratischen Bevölkerung über ein derartiges Vorgehen beobachten können. Es soll dieser Grimm auch heute noch zu bemerken sein, sonst hätte ja der Herr Bürgermeister heute nicht darüber gesprochen, sonst wäe die Sache nicht in den Gemeinderat hereingekommen. Jetzt werden Sie es erst verstehen, was wir gefühlt haben, als im Jahre 1919, zum Beispiel am 9. Jänner, die Ausschreitungen waren und man in den Stadtpfarrhof hineindrang und unseren alten ehrwürdigen Kanonikus Strobl persönlich insultierte. Jetzt werden Sie es auch verstehen können, dass es auch uns nicht angenehm war, als in das Jesuitenkloster eingedrungen wurde, dort die Patres tätlich angegangen und alles nach Waffen durchstöbert wurde. Sie werden es jetzt wenigstens verstehen können, was wir damals gefühlt haben, als am 5.Oktober 1920 in einer Gewerbebundversammlung, bei der Landeshauptmann Dr. Schlegel gesprochen hat, niedergeschlagen und geprügelt wurde, ebenso auch unser Altbürgermeister Nothaft, und Sie alle können sich sicherlich noch auf unseren verstorbenen Professor Brand erinnern, der niedergetreten und mit Schlägen traktiert wurde. Sie erinnern sich auch, dass einer meiner besten Freunde, Hofrat Pilshofer, ein guter, edler Mensch, auf die Strasse gezerrt und blutlg geschlagen wurde. Ich will nicht weitere politische Ausschreitungen aufzählen, sondern ich nenne nur nochmals die Namen Professor Brand, Dr. Schlegel, Hofrat Pilshofer, Kanonikus Strobl, Altbürgermeister

Nothaft usw. Verstehen Sie jetzt, wie unangenehm uns das war? Und Sie müssen verstehen, dass wir bis heute auch nichts anderes tun konnten als verurteilen, was von Ihrer Seite gegen friedliebende Menschen unternommen wurde. Ich greife den Appell des Herrn Bürgermeisters auf, hier in der Gemeinde sachlich zu arbeiten, was uns nur sehr angenehm sein kann. Der Herr Bürgermeister hat auch gesagt, er hoffe, dass die verfassungsmässigen Zustände weiter herrschen. Ich schliesse mich diesem Wunsche vollinhaltlich an und gebe der Erwartung Ausdruck, dass durch das Zusammenarbeiten, das durchaus kein Zusammenpackeln ist, eine Gesundung dieser Stadt baldigst herbeigeführt werde. Ich möchte da nur noch ein Wort meines Führers, des Herrn Landeshauptmannes Dr. Schlegel gebrauchen, der gesagt hat, dass man auch die Ehrlichkeit und den Charakter des Gegners einschätzen muss, auch dann wenn der Gegner der stärkere ist. Wir können ruhig Gegner bleiben, wollen aber im Interesse der Stadt zusammenarbeiten wie bisher und hoffen, dass durch eine gedeihliche Zusammenarbeit das herbeigeführt wird, was wir wünschen: eine Gesundung dieser Stadt, insbesonders im Interesse jener, die heute soviel leiden müssen - die Arbeitslosen." (Bravorufe). Nun meldet sich G.R. Franz Futterer (Kommunist) zum Wort und verweist auf angeblich die Stadt Steyr schädigende Beschlüsse des Landtages und auf die Beschlüsse des Nationalrates hinsichtlich der Verfassungsreform und der Abgabenteilung, welchen die Sozialdemokraten zum Schaden der Werktäigen zugestimmt haben. Er bezeichnet das vorgelegte Budget der Stadt Steyr als charakteristisch, zum Verscheppern sei nichts mehr da, Stauern seien nicht erhöhbar, in den Steyr-Werken drohe eher Abbau, trotz aller Opfer der Arbeiterschaft. Die Sicherheitswache sei verbundlicht worden gegen die Stimme des Kommunisten und daher dürfe man sich nicht aufhalten gegen die Umtriebe des Starhemberg. Er polemisiert auch gegen die Ausführungen des Bürgermeister-Stellv.

Dr. Messenböck und behauptet am Schlusse, man müsse eben die Mittel hernehmen, wo sie vorhanden seien. Er erklärt, die Verwaltung habe zum Bankrott geführt, sowohl im Bund als auch beim Land und bei der Gemeinde. G.R. Hans Witzany kommt auf die Ausführungen der Bürgermeister-Stellv. Dr. Messenböck zurück. Er habe die schere Zeit um 1918 mitgemacht, wo seit Wochen kein Brot zu erhalten war und die Aufregung begreiflich war. Er kann sich aber nicht erinnern, dass irgendwer blutig geschlagen worden ist. Hinsichtlich des von Dr. Messenböck verlangten Druckes auf die Gemeinde Wien kann unsererseits nichts getan werden. Die Gemeinde Wien hat sich bereit erklärt, zu Gunsten der notleidenden Gemeinden auf Einkünfte zu verzichten, aber es sei Pflicht der Bundesregierung, etwafür die Not der Gemeinden beizusteuern. Der Bund steigert die Steuern pro 1931 um 166 Millionen Schilling, das will man aus der Bevölkerung herausholen, aber den Städten nichts davon geben. Der Aufwand des Bundes für militärische und polizeiliche Institutionen betrage 85 Millionen Schilling, das müssen die Bevölkerung und die Gemeinden bezahlen, doep aber wo es notwendig wäe, wird vom Bund gestrichen. Wir verlangen eine ehrliche, allgemeine Steuer und Abgabenteilung, sonst wäre es besser zu den alten Umlagen zurückzu- kehren. G.R. Dr. Peyrer-Angermann behauptet, selbst einer zu sein, der damals Prügel abbekommen hat, er sagt auch, dass damals Hausdurchsuchungen, Erpressungen und Einschränkung der persönlichen Freiheit verübt wurden und der Magistrat nicht eingeschritten sei. Seit 10 Jahren habe er die Verbundlichung der Sicher- heitswache beantragt und er errechnet, dass in dieser Zeit das heutige Defizit völlig gedeckt wäee. Aber damals hat die Majorität die Machtposition nicht aus der Hand geben wollen. Er beklagt, dass Stellen besetzt wurden ohne Ausschreibung, desgleichen auch bei Bauten. Alles wird in den Ausschüssen erledigt, in den Gemeinderat kommen meist nur belanglose Sachen, Er sagt weiter,

die Abteilung II habe mit dem Präliminare brave und instruktive Arbeit geleistet, die sonstige Tätigkeit sei ihm fremd und daher sei es ihm unmöglich, für das Präliminare zu stimmen und wird sich der Abstimmung enthalten. G.R. Josef Kirchberger meint, Dr. Messenböck vergesse, dass 1919 und heute nicht zu vergleichen sei. So wie damals aber ist es auch am 4. November den Sozialdemokraten zu danken, dass Steyr kein Trümmerhaufen sei. Der Bund wälzt alle Auslagen auf die Gemeinden,statt denselben zu helfen. Bürgermeister-Stellv. Dr. Messenböck polemisiert gegen G.R. Witzany über die Verhältnisse im Jahre 1918 u.1919, er verliest eine Anzahl Pressenotizen von damals und schliesst unter Bezugnahme auf den Ausspruch G.R. Futterers: die was haben sollen hergeben, also Wien solle hergeben, was es zu viel hat. Stadtrat Dr. Schneeweiss sagt, die Vergleiche von 1919 mit heute sind nicht am Platze. Damals waren Demonstrationen und Verzweiflung begreiflich knapp nach dem Kriege, wo Not und Elend herrschte. Diesesmal hat ein unreifer Mann, der zufällig Minister wurde, den Umsturz propagiert, statt seiner Pflicht als Innenminister die Ordnung aufrecht zu erhalten. Das ist eben der Unterschied von damals und heute. Die ganze Bevölkerung, auch das Bürgertum hätte dagegen protestieren müssen. Er erwidert dem G.R. Futterer, dass die Krise keine Krise der Stadt Steyr oder Land oder Bund, sondern eine Weltkrise sei und sagt gegen die Ausführungen Dr. Messenböck gewendet: Es sei nicht unsere Sache, der Gemeinde Wien Geld wegzunehmen. Wien habe eine geniale Verwaltung, die von der ganzen Welt bewundert wird. Er wendet sich dann gegen G.R. Dr. Peyrer wegen seiner Bemerkungen über die Reformbau und sagt, dass die Reformbau-Gesellschaft in allen Konkurrenzen durch ihre Solidität gesiegt habe und überdies die Gemeinde in dem Geschäft Teilhaberin sei, weshalb sie schon darum unterstützt werden muss.

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