Gemeinderatsprotokoll vom 20. Dezember 1930

Gesetze und gegen die Verfassung Hausdurchsuchungen in einer Weise durchgeführt worden sind, die in einem Rechtsstaat bisher nicht üblich war. Ich enthalte mich ausdrücklich jeder politischen Polemik, ich stelle bloss fest, dass die verantwortlichen Leiter dieser Massnahmen in Steyr gegen die klaren Bestimmungen der Gesetze auch in Gemeindeobjekte"eingedrungen" sind - selbstverständlich ohne jeden Erfolg. Man darf nicht vergessen, dass Steyr die Stadt der Arbeitslosen ist, dass in Steyr unsagbares Elend herrscht, dass in Steyr die Bevölkerung ohnehin eine Geduld aufbringt, die jeder ehrlich denkende Mensch geradezu bewundern muss. Wenn ich mich daher als Bürgermeister dieser Stadt gegen die Art wie man Steyr in den "Kriegszustand"versetzt hat, in dem Augenblicke, in dem die verantwortlichen Funktionäre der Gemeinde einen Rechenschaftsbericht über die Verwaltung vorgelegt bekommen, zur Wehr setze, so deswegen, weil diese Massnahmen der Wirtschaft dieser Stadt einen Schaden zugefügt haben, den natürlich niemand schätzen kann, andererseits aber auch, um der Bevölkerung für die mustergaltige und über jedes Lob erhabene Haltung in diesen traurigen Tagen die uneingeschränkte Anerkennung auszusprechen. Die Bevölkerung von Steyr war sich des Ernstes der Lage bewusst, sie hat die Ruhe, die auf eine wahrlich nicht leichte Probe gestellt worden ist, vollkommen bewahrt und sich durch nichts provozkren lassen. Ich erinnere mich da eines Ausspruches des Landeshauptmannes Dr. Schlegel, den er anlässlich der Uebergabe der polizeilichen Agenden an die Bundesverwaltung getan hat: "Ich wünsche der Polizei in Steyr möglichst wenig Arbeit." Die Leitung hat geradezu das Gegenteil getan, sie hat möglichst viel Arbeit gesucht, nicht zum Nutzen der Stadt, nicht zum Nutzen des Ansehens der Behörde, sie hat nur eines erreicht, was ich als Bürgermeister aufs tiefste bedauere; sie hat Verbitterung unter eine Bevölkerung getragen, die an Sorgen und Kummer wahrlich schon einiges Mitgemacht. Ich möchte nur wünschen, dass solche Zeiten nicht mehr kommen. Ich weiss zwar und stehe nicht an, dies offen

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