Previous Page  34 / 188 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 34 / 188 Next Page
Page Background

'1611

0.612

1618

1619

80

Kaiser Rudolf dachte jedoch an die Wiedergewinnung der verlorenen

Länder; Erzherzog Leopold, der Bruder des steiermärkischen Ferdi­

nand,

licR

zu diesem Zwecke in seinem Bisthnm Passau fremdes

Kricgsvolk anwerben, das sich in dem kleinen Fürskenthume nicht

erhalten konnte und auf seinem Durchzuge nach Böhmen Ober-

östcrrcich verheerte und aussaugte. Das Bauernvolk erfuhr durch

Plünderung, frevelhafte Vernichtung der Lebensmittel, Misshandlung

und Verstümmlung der Bewohner, besonders der Weiber, alle

Leiden eines förmlichen Krieges. In Waizenkirchcn allein soff dieses

zügellose Kriegsvolk während vier Tagen und Nächten 222 Eimer

Wein aus und verursachte den Bürgern einen ans 5115 Gulden

berechneten Schaden"). Gegen diese Soldateska wurde der Bauer

zur Abwehr

Aufgeboten

; er entsprach willig dem Befehle, galt es

ja der Vertheidigung seiner Heimstätten. Wenn man liest, was die

oberösterreichischen Stände

in

ihrer Berathschlagung am 30. und

31. Betober 1620 beklagen, „dass das Kriegsvolk auch die jungen

unschuldigen Kinder an die Wand geschlagen, ihnen die

Hände abgehackt und selbe anstatt der Federn auf die Hüte gesteckt

habe" 51a), so begreift sich, dass die Bauern auch ohne alles Aufgebot

im Jahre 1620 der von Bayern her einrückcnden Armee sich

zum Schutze von Weib und Kind entgegengestellt haben müssen;

damals benahm sich ja der Soldat wie ein Raub­

thier und das Plündern wnrde i hm als natürliches

Recht selbst von den Fürsten nicht bestritten.

Der Einfall der Passaucr in Böhmen missglückte, sie mussten

das Land verlassen; Erzherzog Leopold sprach schon davon, Kapuziner

zu werden. Kaiser Matthias, gegen welchen Leopold die Truppen

ausgestellt, zog in Prag ein; der Kaiser musste auch auf die Krone

von Böhmen verzichten, nach einem halben Jahre nahm ihn der

Tod hinweg.

Der neue Kaiser Matthias dachte nicht daran, seine Zusagen

zu erfüllen; in Böhmen suchte er auf den Krongütern und in den

königlichen Städten die Gegenreformation durchzuführen. Die Be­

schwerden der Protestanten wurden auf den Rath des Eardinals

Klesel zurückgewiescn, worauf es in Prag am 23. Mai 1618 zur

Revolution kam und eine provisorische Regierung eingesetzt wurde.

Der Kaiser war krank und rathlvs, sein Bruder Maximilian und

der Thronfolger Erzherzog Ferdinand, erwählter König von Böhmen

und Ungarn, entledigten sich des ihnen unbequem gewordenen kaiser­

lichen Rathgebers Klesel durch dessen Gefangensetzung. Die kaiser­

lichen Truppen rückten nun in Böhmen ein, fanden jedoch das

Landvolk ihnen feindlich gesinnt

So standen die Dinge, als Matthias am 20. März 1619 die

Augen schloss.

Die oberösterreichischen Stände und die protestantischen Adeligen

von Niederösterreich machten ans ihrer Hinneigung zu den auf-