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strafen und dass die Forderungen sogleich erfüllt werden, endlich

dass Kaiser und Kurfürst aber genügende Versicherung über ihre

Zugeständnisse geben sollten. £

Schließlich bestanden sie darauf, dass ment ihnen alsbald

einen evangelischen Prediger sende, welcher in der Spitalkirche zu

Wels oder wenigstens in ihrem Lager predigen solle. Diese letzte

Forderung brachte den Statthalter in die äußerste Verlegenheit,

weil er durch Genehtnignng derselben gegen das Reformationspatent

und gegen den Willen des Kaisers verstieß. Ta sich jedoch die

Bauern weigerten, ohne Erfüllung dieser Forderung die Unterhand­

lungen fortzusetzcn, und er durch die Nichtbewillignng zu frühzeitig

den Anschein erweckt hätte, dass die Forderungen der Bauern ganz

unerfüllbar seien, biss Herberftorf in den satiren Apfel und bewilligte,

dass die Stände den Prediger Andreas Geyer von Ennsdorf in

Nicderöstcrrcich, in welchem Lande Ferdinand II. noch bis ins

nächste Jahr den Prvtestantismtts duldete, ins Banerntager zu

3. Juni Steyr beriefen, wo derselbe mit großer Freude empfangen wurde.

Erst am 4. Juni kamen die kaiserlichen Eommissäre (der Prälat

von Lilienfeld, die Reichshofräthe Fuchs tmd Grünthal, der nieder­

österreichische Negierungsrath Dr. Haffner) in Enns an. Sic hatten

aber vom Kaiser keine w e i t e r e B v l l m a ch t, als die

zu hören

und

zu berichten;

demgemäß enthielt ihre Kundmachung an die

Bauern nur das vorsichtige Anerbieten, dass ihre Beschwerden,

wenn

sic

rechtmäßige

hätten, gehört und abgcstellt werden

sollten. Für recht m äßig aber hielt der Kaiser die R eli-

g i o n s b e s ch w e r d e n der Bauern n i ch t.

Der Kurfürst in München missbilligte auch sogleich die Ver-

sprechmtgen des Statthalters; er war für die gewaltsame Unterdrückung

des Aufstandes. Gleichwohl sandte er, um Zeit für die Rüstungen

zu gewinnen, - ebenfalls Eommissäre ab, welche jedoch Passau nicht

verließen tmd dorthin einen Bauernausschnss verlangten, woraus

aber die Bauern nicht cingiengen.

Inzwischen versetzte die Nachrtcht, dass am 3. Juni 1000

Mann bayerischer Truppen in Passau cingcrückt seien, die Bauern

in Wuth. Das Aufgebot wurde durch das ganze Land gesandt;

5. juiti noch am Nachmittag des 5. Juni brach Fattinger, auf welchen in

Steyr der Advocat Dr. Lazarus Holzmüller und der Stadtrichter

Wolf Madlseder großen Einfluss erlangt hatten, von Steyr auf,

besetzte Kloster und Markt St. Florian und einen kleinen

8 Juni Wald bei Ebelsberg; endlich am 8. Juni wurde das „christliche

Feldlager", wie die Bauern ihr Lager bezeichneten, nach Edels­

berg vorgerückt. In dieser Stellung wurden Linz und Enns

v. Jnm zugleich bedroht. Am anderen Tage besetzten 900 Donanbanern

unter Hauptmann Adam Scharf das Dorf llrfahr gegenüber

'von Linz, welches damals den Namen Schadliuz führte, räumte

es aber ans die Beschwerde des Statthalters wieder. Letzterer hatte