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Wie in Böhmen, verfügte der Kaiser vorerst die Aus-
4.Dct. 1624 Weisung der evangelischen Prediger. Unter Trompetenschall wurde
ein kaiserliches Mandat (Beseht) knndgemacht, womit allen In
wohnern des Landes ob der Enns anfgctragen wurde, binnen acht
Tagen alle proiestantischcn Prediger und Schul
lehrer abzudanken, welche sich alsbald mit Hab und Gut ans
dem Lande zu begeben und bei sonstiger Bestrafung sich in dem
selben nicht mehr betreten zu lassen haben. Die Prediger verließen
auch mit Weib und Kindern in der festgesetzten Frist, wenn auch
unter großem Jammer, das Land zu Schiff Donau auswärts.
Dem ständischen Adel selbst blieb zwar noch die evangelische
Religionsübnng gestattet; doch wurde demselben streng verboten,
auch das gemeine Bauernvolk an den Predigten theilnchmen zu
lassen oder gar durch öffentlichen Glockenstreich von ihrer orbent *
liehen Pfarrkirche abznhalten und zu ihren Predigten zu ziehen 71).
D i e e v a n g c l i s ch - ch r i st l i ch e Gemeinde
iv
a r n n n
ihrer Hirten beraubt; statt ihrer wurden an allen Orten
katholische Priester eingesetzt, welche nach der Absicht des
Kaisers die irrenden Schäflein in den Schoß der katholischen Kirche
znrückleiren sollten. Allein, obwohl aus verschiedenen Ländern
katholische Priester berufen wurden, vermochte man doch nicht alle
Orte mit Seelsorgern zu besetzen und die eingesetzten bekümmerten
sich in erster Linie um ihre Einkünfte und die Rüclerlangung ver
loren gegangener Stiftungen. Erzherzog Leopold hatte ans dem
1623 Laude Tirol, welches ihm zur Regierung überwiesen worden war,
zahlreiche italienische G e i st l i eh e nach Oberösterreich gezogen,
welche kaum d e n t s ch verstanden und außerdem wenig Kenntnisse
besaßen. Der Vertreter des bischöflichen Ordin
ariates in Oberösterreich, Dechant Blasius de Livo von Linz,
war gleichfalls ein Italiener, welcher den Erzherzog
beständig um eine Domherren stelle anbettelte; er hielt sich lange
Feit gar keinen Eaplan, sondern gebrauchte zur Aushilfe die Land
psarrer, welche dadurch wieder von ihren Verpflichtungen in den
eigenen Pfarren abgehalten wurden. Die große Pfarre Hartkirchen,
welche ihm seit 1620 überlassen worden war, ließ er nicht einmal
-,ur Nothdurft durch einen Eaplan versehen; dass er dem Fraß und
der Völlerei ergeben war, geht aus seinem Geständnisse an den
Nassau
ischeu Offieial hervor, woruach er am Frohnleichnamstage
des Jahres 1623 zwei Gelage gehalten, eines morgens und eines
abends und sehr scharf getrunken habe77), Natürlich sorgte auch er
für den Zuzug von italienischen Geistlichen seines Schlages.
Auch zu den Ohren des Kurfürsten gelangte die Nachricht,
dass die Prälaten sich in der Besetzung der offenen Seelsorge
rosten sehr säumig bezeigten und dass die im Lande vorhandenen
katholischen Priester sehr gering, ärgerlich und nnexemplarisch seien,
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