
21
ebenfalls bedrückten Bauern sich die Lehre Luthers von der „evan
gelischen Fre.hcit" wörtlich auslcgtcn und nicht blos die Verkündung
des „reinen" Wortes Gottes nach Sage der Evangelien, sondern
auch Mäßigung oder Aufhebung der neu aufgebrachten, ooer ihnen
unbillig scheinenden Herrenfordcrungcn verlangten. Es ist leicht zu
begreifen, dass unter solchen Verhältnissen in kurzer Zeit sich fast
die gesammte Bevölkerung der Städte und des flachen Landes der
neuen Lehre zuwandte und die weltlichen Stände (d. i. Herren und
Ritter, dann die sieben landesfürstlichen Städte Linz, Steyr, Wels,
Freistadt, Gmunden, Enns und Vöcklabruck) begehrten, dass „das
heilige Evangelium lauter und ohne einigen Zusatz" geprediget werde.
Die beiden ersten Bauernaufstände.
Zündstoff war zur Genüge vorhanden; d i e über m ä ß i g e
Hegung deS Wildes, namentlich in den Revieren des Kaisers
Maximilian I., brachte die Bauern, die ihre Gründe nur durch
Einfriedung auf eigene Kosten zu schützen wussten, zur Verzweiflung.
Auch in den meisten anderen Ländern des deutschen Reiches hatte
das Landvolk über vermehrte Lasten, Schmälerung der Rechte und
Verlust der Freiheit zu klagen. Mochten auch manche Anforderungen
durch den Verlauf der Zeit in den Angen der Herrschaften zu
Rechten geworden sein, so kann doch der steigende Druck, welchen
geistliche und weltliche Grundobrigkeiten ausübten, nicht geleugnet
werden. Die Geschichte der Bauernaufstände muss noch einmal
geschrieben werden; denn die Vergleichung einiger Urbare ist unge- •
nügend, weil dieselben nur die Rechtsansprüche der Herrschaften
enthalten, erst die Verhandlungsacten und zumal die vertraulichen
Schreiben der Obrigkeiten selbst, die noch in den verschiedensten
Archiven ruhen und ganz dnrchstudiert werden sollten, geben den
richtigen Ausschluss. Der Bauer hat bei seinen Beschwerden viel
weniger übertrieben, als er bei den Verhandlungen ein-
g e s ch ü ch tert worden ist.
Der Einfluss der Lehre Luthers, der ja erst im Jahre 1517
hervortrat, auf den großen deuffchen Bauernkrieg und ans den
ersten Bauernaufstand in den österreichischen Ländern wird viel
zu s e h r in den Vordergrund gerückt; denn Bauernaufstände gab
cs.schon vor dem Jahre 1517 und die Ursache derselben waren
lULL die Bedrückungen der Unterthanen. So erregte schon im Jahre
1372 eine schwere Steuer, „die Weichsteuer", welche Erzbischof
Burkhard den Salzburgern auferlegte, einen heftigen Ausstand
in Pongau, Pinzgau und Brixenthal: der Erzbischof wurde unter
Vermittlung des HerzogsLudwig von Bayern—Landshnt gezwungen,
uachzugeben^o). Im Jahre 1515 begann ein Bauernansruhr fast
1472
1515