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frerlief) nicht befragt; er wusste ja aus der Regierungszeit seiner Mutter,

der Kaiserin Maria Theresia, zu gut, dass die geistlichen und welt­

lichen Stände in ihrer Selbstsucht sich gegen jede Verbesserung der

Lage des unterthänigen Bauernstandes gestemmt Habens.

Dem hochsinnigen Kaiser, welcher mit seinen Ideen der Zeit

vorangeeilt war und von den privilegierten Classen nur Undank

und Hass geerntet hat, ist von Burgern und Bauern mit vollem

Rechte gerade in der Bauernstadt Wels ein Denkmal errichtet

worden. „Er lebte für das Volk, nicht lauge, aber

ganz!" Mit diesen Worten hat Kaiser Franz seinen Oheim auf

der Rciterstatue in Wien kurz und treffend gezeichnet.

Um die Nothwendigkeit und Vorzüglichkeit dieser Reformen

würdigen zu können, müssen wir die Zustände, in welchen der

Bauernstand bis dahin geschmachtet hatte, vor unserem Auge vor­

überziehen lassen. Vor mehr als einem Jahrtausende war der

kleinere Grundbesitzer, der Bauer, ein freier Mann. Noch in späteren

Jahrhunderten sollen die bayerischen und oberösterreichischen Bauern

in Reichthum und Ueppigkeit gelebt und so manche nach dem

Ritterstande gestrebt haben. So lernten wenigstens die Schilderungen

von Dichtern, die wohl manches aus ihrer Einbildungskraft dazu

gegeben haben, bis die Vergangenheit in diesem goldigen Lichte

erschien; denn die einsilbigen Jahrbücher schweigen darüber und ebenso

wenig lassen die Güter- und Gabcnverzcichnisse (Urbarien) der Herren

eine so glückliche Lage ihrer Unterthanen erkennen. Man darf "bei

Beurtheilung der geringen Ziffern der Gelddienste nicht vergessen,

dass die Kaufkraft des Geldes erst seit einigen Jahrzehnten so tief

gesunken ist und dieselbe vor zweihundert Jahren ' noch die

zehnfache, weiter zurück eine viel größere war; kostete doch

noch im 17. Jahrhunderte das Pfund Fleisch (560 Gramm) nur

2 Kreuzer, den dreißigsten Theil eines Guldens.

Im Wider)pruche zu den Gemälden der Dichter hatte der

Wirtschaftsbetrieb des kleinen freien Grundbesitzers sich bald ver­

schlechtert, der Bauer war tief verschuldet. Schon im vierzchrrten

Jahrhunderte lagen im Gebiete der Bischöfe von Passau und der

Grafen von Schaunberg zwischen Inn und Enns viele Güter öde

und unbewirtschaftet, im Landgerichte Peucrbach allein 81, ein deut­

liches Zeichen der Verarmung des Bauernstandes^). Der freie Bauer

konnte nicht ferner seine Unabhängigkeit behaupten, freiwillig oder

gezwungen begab er sich in die Knechtschaft des geistlichen und

weltlichen Großgrundbesitzes. Anfangs leistete er eine geringe Giebig-

keit als Vogtrecht, aber bald wurden ihm weitere Lasten auferlegt;

mit geringen Ausnahmen war die Knechtung jener Grundbesitzer,

die bisher noch auf freier Scholle saßen, im fünfzehnten Jahr­

hunderte vollendet.

So hatte es noch im Jahre 1370 in den heutigen Gerichtsbezirken

Peuerbach und Waizeükirchen 620, im Gerichtsbezirke Eferding 72,