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'im Gegentheile haben sie ihn unablässig gebeten, er möge das an

Bayern verpfändete Land wieder anslösen. N u r n o t h g e d r u n g eit

und erst d a um kämpften sic auch gegen die kaiserlichen Kriegs­

völker, als dieselben zuchtlos zur Unterstütz un g der von ihnen

in die Enge getriebenen Bayern ins Land rückten.

Gegen die Beschuldigung, sie seien schon deshalb Rebellen

gewesen, weil sie sich dem Gebote des Kaisers, katholisch zu werden,

nicht fügen wollten, konnten sie sich mit Recht auf das Wort der v

heiligen Schrift: „Man muß G o tt mehr a ls d ie Men sch en

fürchten!" berufen; in der Lehre Luthers hatten schon ihre Vor­

eltern geglaubt, das ursprüngliche Christenthum und das wahre

Wort Gottes zu sindeit, und die Nachkommen haben es für eine Sünde

angesehen, den ererbten Glauben abzuschwören und nur wegen augen­

blicklichen Wohlergehens tind um der leiblichen Sicherheit willen ihre

religiöse Ueberzeugung aufzugeben. Der Entschluss der Öberöster­

reichischen Bauern, die Religion ihrer Väter bis zum letzten Athemzuge

aufrecht zu erhalten, für die hoffnungslose Sache ebenso standhaft ein­

zutreten, wie für eine aussichtsvolle: konnte nur einer tiefwurzelnden

inneren Religiosität entspringen. Praktische Menschen im Sinne

der Gegenwart waren freilich diese oberösterreichischen Bauern nicht;

deshalb ging es ihnen auch wie den Buren in Afrika, sie waren

verlassen von der ganzen Welt.

Deshalb ist auch in der bisherigen Geschick) ts-

d a r st c l l n n g m i t n n g l e i ch e m M a ß e g e m e s s e n w o r d e n.

Die Tiroler Bauern, wie sie sich siegreich der eingedrungeneu

Franzosen und Bayern erwehrten, sowie unsere Innviertler

Bauern, welche im Jahre 1765 — wo sie noch zu Bayern ge­

hörten und daher bayerisch fühlten — sich unter Führung des

Johann Georg Meindl aus Weng bei Altheim *) und Plingansers

gegen die Oesterreicher erhoben und „lieber bayerisch sterben als

österreichisch verderben" wollten, haben gerechte Geschichtschreiber

gefunden und werden noch heute als Helden und Vertheidiger ihres

Vaterlandes gepriesen. 9htr den glaubenstreueu oberösterreichischen

Bauer traf das herbe Geschick, erst vergewaltigt, katholisch gemacht

oder in die Fremde getrieben und dann noch seinen Urenkeln als

verabscheuungswürdiger Rebelle geschildert zu werden. Seine Ehren­

rettung durch Stieve ist zwar eine späte, aber umso vollkommenere;

jeder Oberösterreicher, der sich eins fühlt mit seinem Volke, wird

lieh darüber herzlich freuen und das Andenken des gelehrten Mannes

Hochhalten.

Die geschichtliche Wahrheit unter der Jugend und

durch sie unter dem Volke zu verbreiten, wäre freilich die ideale

Ausgabe der Schule; leider kann sie dieselbe uich' erfüllen.

Nicht blos die Volksschule, auch die Mittelschule geht selbst der

bloßen Erwähnung des Bauernkrieges ängstlich aus dem Wege; erst