
Ansprache.
D i e Wahrheit — ohne Kleid — sie kommt zu Dir,
O Freund, schließ ans ihr angelwrit die Thür!
2 t e f e l Fadinger heißt der Mann, dessen Name auch
dem Geringsten im Lande bekannt ist: die Bauern hat er in den
Krieg geführt, Linz hat er belagert und vor dessen Mauern ist er
verwundet worden. Das ist aber auch so ziemlich alles, was das
Volk von ihm noch weiß, und mit dem Staunen, dass es einst
einem einfachen Bauern gelang, einen gewaltigen .Kamps zu entfesseln,
wischt sich ein geheimes Granen vor der Grausamkeit, die ihm uach-
gesagt wurde und der Absehen vor dem ungesetzlichen Thun. Nur
sein Name haftet unauslöschlich auf Dorf und Flur: sein Charakter
bild, seine Thatcn und die Umstände, welche den Krieg hcrvor-
gernfcn haben, sind dem Gedächtnisse seiner Standesgenossen seit
langem entschwunden. Wusste umti doch in seiner Heimat St. Agatha
bis vor kurzen: nicht mehr den Versammlungsort der Bauern und
die Heimstätte seines Schwagers Christof Zeller.
Fast zweihundert Jahre waren verflossen, als der Ftoriauer
Chorherr Franz Kurz daraugicng, aus sogenannten „Zeitungen"
«gedruckten Flugblättern' und einzelnen Acteustnckeu eine Geschichte
des großen Bauernkrieges zu schreiben. Mit dürftigem Materiale hat
er unter dein Drucke der damaligen Censnr (Aussicht über neu heraüs-
gegebenc Bücher) Bedeutendes geleistet; die Chorherren Jodok Stütz
und Albin Czerny ans St. Florian, Laurenz Pröll ans Schlägl
haben das Bild des Aufruhrs, wie es Kurz gezeichnet hatte, nicht
verändert, sondern nur Nachträge und Berichtigungen beigebracht.
Erst die Entdeckung der umfangreichen bayerischen Äcten im
Neichsarchive zu München setzte den Hochschulprofessor Dr. Felix
S tieve in den Stand, eine kritische Scheidung der vielen unwahren
oder übertriebenen Gerüchte von den wirklichen Tharsachen vorzu
nehmen und dem oberöstcrreichischeu Volke vor zehn Jahren (1891)
eine vorurtheilslose abschließende Geschichte des Krieges zu bieten.