Previous Page  8 / 188 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 8 / 188 Next Page
Page Background

Sie war das Lebenswerk eines Mannes, dessen Vorfahren­

ebenfalls dem Bauernstände angchört hatten, woran auch seine

Riesengestalt erinnerte. Als Jüngling von 22 Jahren hat er die

mühevolle Arbeit begonnen, als gereifter Mann von 45 Jahren

vollendet, um schon nach sieben Jahren (am 11. Juni 1898) das

Haupt zum Sterben zu legen. Unser Land hat er von einem Ende

zum anderen durchwandert, um die Stätten des Aufruhrs und die

Schlachtfelder eingehend zu untersuchen; deshalb machen auch seine

Schilderungen den gleichen Eindruck wie jene eines Augenzeugen,

der die Vorfälle selbst miterlebt hat. Stand auch seine Wiege im

Lande der Westphalen, so gehört er doch uns an durch sein Werk

und feine warme Liebe zu unserem Vaterlande. Obwohl ein hoch­

geachteter Gelehrter und unabhängiger Mann, hat er es stets als

Vorzug empfunden, aus echtem Bauernstamme entsprossen zu sein.

Gleichwohl, so unglaublich es klingen mag, hat sich die

Hoffnung des selbstlosen Forschers, sein Buch würde in Oberösterreich

auch von Bauern in die Hand genommen werden, bisher nicht

erfüllt; um der Verbreitung desselben ein nnübersteigliches Hindernis

zn setzen, hat eine bloße Verdächtigung in einem geistlichen Partei­

blatte genügt. Denn confessionelle Beschränktheit und politischer

Eigennutz haben ein hohes Interesse daran, dass in alle Zukunft

das falsche Geschichtsbild dem Volke vorgezeigt und der Bauer in

dem Wahne erhalten werde, seine eigenen Vorfahren seien gottlose

Ketzer gewesen, welche gegen ihren kaiserlichen Herrn frevelhaft die

Waffen erhoben und das Land der Verwüstung überliefert Hütten.

Wir bewundern heute aus ganzem Herzen den Riesenkampf

der holländischen Bauern (Buren) im fernen Afrika um ihre Selbst­

ständigkeit ; von dem mnthigen, wenn auch nicht vom Erfolge beglei­

ten Ringen der oberösterreichischen Bauern um Haus und Herd,

um das noch höher stehende Gut der Gewissensfreiheit, wird von

ihren eigenen Nachkommen kaum mehr gesprochen. Stiebe hatte

zu er st den Mnt, cs offen auszusprechen: „Nicht gegen ihren recht­

mäßigen Fürsten und die zu Recht bestehende Ordnung der Dinge

haben die Bauern gekämpft, sondern treuen Herzens für das

Höchste und Edelste, was der Mensch besitzt, für Gewissen

und 11 e b erzen g u n g, mit einer Tapferkeit und Zähigkeit, wie

sie von Bauern kaum jemals sonst bewährt wurden."

<J

O

Es bedarf sickcrlich nicht der Frage, ob unsere katholischen

Bauern es sich gefallen ließen, sich gewaltsam zum Protestantismus

bekehren zu lassen, ob sic ruhig bleiben würden, wenn die Negierung

ihre Seelsorger aus dem Lande verjagte, wenn fremde und ein­

heimische Soldaten sic ausraubten, marterten und ihre Weiber

schändeten'? Und doch war es nur Nothwehr, wenn die oberöster­

reichischen Bauern sich gegen den „blutigen" Statthalter Herberstorf

auflehnten und trachteten, ihre bayerischen Peiniger aus dem Lande

hinauszuwerfen. Nicht gegen den Kaiser griffen sie zu den Waffen,.