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Zehnjährigen hinterließen, enthüllte erst die retrospektive Einsicht im
Zuge der erzählenden Aufarbeitung der Lebensgeschichte des
Verfassers. Dafür in Kürze nur zwei Beispiele: Knapp zehn Jahre nach
Ennsleiten-Kanonade musste ich als Soldat lernen, wie man mit
einem Schiffsgeschütz Treffer erzielt: Der erste Schuss ging meist zu
weit, der zweite lag dann zu kurz, der dritte traf die von einem
Schlepper an langer Leine gezogene Scheibe voll. Artilleristisch heißt
das eine
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Gabel" schießen. Erst im Akt des Erzählens meiner frühen
Jahre im Alter fiel mir dazu ein: Genauso hat sich die Artillerie auf
dem Tabor unter Starhemberg auf die Ennsleite eingeschossen. Und
dann die zwei MG-Garben, abgefeuert synchron zum
Wandlungsläuten, wurden immer wieder in meiner Erinnerung wach,
wenn ich mich an die auf mich gerichteten Feuerstösse eines
gegnerischen Fliegers rückerinnerte. Erst in der rückschauenden
Einsicht (Mark Freeman „Hindsight") wurde für mich erkennbar, wie
die Kindheitserlebnisse vom Februar 1934, mein späteres
Verarbeiten gerade der traumatischen Erfahrungen im Kriege
mitbestimmt haben müssen. Dass ich dabei immer glaubte, auf der
Seite der Guten, der durch die jeweilige staatlich sanktionierte Seite
des Rechts, zu stehen (Autoritäre Erziehung in Konvikt und Schule,
politische Identifikation mit Ständestaat und Vaterländischer Front
mit bruchlosem Übergang zur Hitlerjugend-Ideologie, dann
Wehrmacht, die, wie ich glaubte, nur das Vaterland verteidigte!) hat
das Gewissen lange davor abgeschirmt, mein Verhalten in meinen
frühen Jahren zu hinterfragen. Diese Wagenburgmentalität ging zwar
1945 vollends in die Brüche. Aber erst als ich mich ernsthaft daran
machte, die Geschichte meiner Kindheit und Jugend von der Warte
des Alters zusammenhängend für die Abfassung meiner
Autobiographie
(Verlust einer Jugend Rückschau eines
Neunzigjährigen auf Krieg und Gefangenschaft
2013),zu erzählen,
wurde wir klar, wie sich hier ein roter Faden von den Anfängen der