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Wandlung, dem liturgischen Höhepunkt der Messe. Diese

Maschinengewehrsalven kamen aus dem nahen Wehrgraben, dem

alten Industriezentrum der Stadt. Der Lärm, zum ersten Mal hörte ich

Maschinengewehrfeuer, hat mich wohl sehr erschreckt. Der Priester

jedoch zelebrierte weiter, als sei nichts gewesen. Er wird wohl

gewusst haben, was da im Gange war. An diesem Tag fiel dann auch

die Schule aus. Es kursierten Gerüchte über irgendeinen Putsch, mit

denen wir, die zehn- bis zwölfjährigen Buben aber nichts anzufangen

wussten. Gegen Mittag hörten wir dann Artillerieabschüsse aus der

Gegend des Tabor, einer Anhöhe über dem Zusammenfluss von Enns

und Steyr, an dessen Fuß das Realgymnasium lag, das wir am Vortag

noch besucht hatten. Trotz Verbots schlichen wir uns immer wieder

zu den stadtseitigen Fenstern wenn wir Abschüsse hörten und sahen

dann auch Granateinschläge auf der Ennsleite. Eine explodierte auf

dem unbebauten Wiesenhang darunter, eine andere kaum sichtbar

weiter hin, dann aber traf eine das rechte Eckhaus der

Arbeitersiedlung, wirbelte viel Mauerwerk und Staub auf. Dann ging

es Schlag auf Schlag, fast alle Granaten Volltreffer in den Arbeiter–

wohnhäusern.

Schon am Montag waren die Schüler der Fachschule, die

Nachmittagsunterricht hatten, nicht ins Konvikt heimgekommen.

Man behielt sie in der Schule, weil der Weg zurück durch die Stadt

wegen des Gewehrfeuers, das sporadisch von der Ennsleite auf

Straßen der Stadt gerichtet war, sie eventuell gefährdet hätte.. Am

Mittwoch, den 14. Februar, war nur mehr vereinzelt Gewehrfeuer zu

hören. Am Abend kamen dann zwei Schüler der Maturantenklasse,

die als Hilfspolizisten der Heimwehr oder Vaterländischen Front

eingesetzt waren, zurück ins Konvikt. Sie wurden von uns Kleinen in

ihren groben Uniformmänteln und mit ihrer Ausrüstung,Gewehr,

Bajonett und Stahlhelm, groß bestaunt. Sie hielten es aber