Gemeinderatsprotokoll vom 13. März 1931

um die Not und das Elend dieser Bevölkerung unmittelbar beobachten zu können. Das zermürbendste aber bei Ausübung eines solchen Amtes ist, dass man den Hilfesuchenden, die seit Jahren arbeitslos sind, so gar keinen Hoffnungsschimmer geben kann, dass sie wieder einmal Arbeit bekommen, dass man sie abweisen oder abfertigen muss mit Beträgen, die kaum die primitivsten Bedürfnisse des täglichen Lebens befriedigen können. Es ist selbstverständlich, dass das Heer der Arbeitslosen keine zahlungskräftigen Konsumenten sind, es ist daher selbstverständlich, dass auch Handel und Gewerbe in dieser Stadt samt ihrem Wirtschaftsgebiete wie kaum in einer anderen Stadt leiden und dass daher die Steuereingänge immer mehr zurückgehen. Ich habe bereits ausgeführt, dass wir seit Jahren unentwegt greifbare Vorschläge gemacht haben, wir haben die Landesregierung, die Bundesregierung, die Arbeiterkammer, die Handelskammer auf die katastrophale Lage in Steyr aufmerksam gemacht, die gleichen Wege sind die Gewerbegenossenschaften gegangen, bisher allerdings fast ohne jeden Erfolg. Ich halte es daher für die Pflicht des abtretenden Gemeinderates, noch zum letztenmale die berufenen Faktoren aufzufordern, die Lage in diesem Notstandsgebiete durch Inangriffnahme grösserer Notstandsarbeiten zu bessern. Es sind keine neuen Projekte die wir vorschlagen, es handelt sich zum Teil vorwiegend um Arbeiten, die eine Massenverwendung vorsehen. Ich will zunächst jene Projekte erörtern, an deren Ausführung die Gemeinde selbst und damit auch die gesamte Bevölkerung von Steyr, interessiert ist. Ich glaube daher, dass der Gemeinderat neuerlich die Forderung aufstellen muss, dass der Bau des Bundesrealgymnasiums noch in diesem Jahre begonnen werde. Wenn auch der Bau im Bundesbudget nicht enthalten ist, so muss man doch einsehen, dass die ökonomischen Verhältnisse zum Schlusse stärker sind als Gesetze und dass man eben Ausnahmszustände nur mit Ausnahmsverfügungen bekämpfen kann.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2