Gemeinderatsprotokoll vom 9. Februar 1923

II. Sitzung. Protokoll über die ordentliche Sitzung des Gemeinderates der au¬ tonomen Stadt Steyr am 9. Februar 1923 um 6 Uhr abends. Tagesordnung. Gegenstand: Berichterstatter: 1 .) Mitteilung des Vorsitzenden. I. Sektion. 2.) Nachwahl in den Vorstand der Sparkassa. G.R. Reisinger 3.) Nachwahl in den Museumsausschuss. 4.) Anerkennung für Feuerwehrjubilare. 5.) Erhöhung der Mahngebühren. G.R. Tribrunner 6.) Erhöhung der Hundesteuer. G.R. Baumgartner 7.) Novellierung des Mietzinshellergesetzes. 8.) Konzessionserwerbung. III. Sektion. 9.) Rekurs wegen Errichtung eines Objektes auf der Promenade V.B. Russmann 10.)Überlassung einer Grundparzelle an die Bundeswasserbauverwaltung G.R. Dr. Furrer IV. Sektion. 11.) Beschaffung von Wäsche für das Krankenhaus V.B. Dedic 12.) Beschlussfassung über eine Eingabe des Arbeitslosenkomitees 18.) Beschlussfassung über eine Eingabe des Stadtschulrates (Frühstückaktion) G.R. Lebeda

14.) Erhöhung der Armenunterstützungen V.B.Dedic Vertrauliche Sitzung. Personalien. Aufnahmen in den Gemeindeverband. Anwesende: Vorsitzender Bürgermeister Josef Wokral. Vizebürgermeister Nothhaft, Dedic und Russmann. die Gemeinderäte: Prof. Brand Wenzel Aigner Franz Buschberger Josef Baumgartner Johann Fischer Karl Eisterlehner Johann Dr. Furrer Ulrich Frühwald Anton Frau Grömmer Heinzl Wolfgang Klement Karl Hitzlhammer Rudolf Molterer Berta Lebeda Alois Dr. Peyrer Angermann Neuhold Michael Pfaff Johann Radmoser Johann Ruckerbauer Markus Reisinger Ludwig Schickl Friedrich Saiber Alois Schwandtner Anton Schreiner Stallinger Ludwig Steinbrecher Leopold Vogl Adalbert Tribrunner Franz Wolfartsberger Hans Vom Magistrate: Magistratsdirektor Dr. Ferdinand Häuslmayr. Als Schriftführer: Magistratsbeamter Karl Kapinus. Entschuldigt abwesened: G.R. Kletzmayr, Kisely und Witzany. Bürgermeister Wokral konstatiert die Beschlussfähigkeit und eröffnet die Sitzung um 17 Uhr. Als Pro¬ tokollprüfer werden die G.R. Schickl und Schwantner be¬ rufen.

Zl. 1/V.P. Der Bürgermeister begrüsst sodann den an Stelle des Vizebürgermeisters Mayrhofer einberufenen Gemeinderat Johann Pfaff und nimmt demselben das Gelöbnis ab. Bürgermeister Wokral verliest sodann folgende Kundgebung: Zl. 175/V.P. Seit unserer letzten Zusammenkunft im Gemeinderate hat sich ein Ereignis vollzogen, an welchem wir nicht achtlos vorübergehen können. Mitten im Frieden ist in dem Staate unseres Brudervolkes Deutschland unter dem Vorwande der Sicherstellung von Reparationen Frankreich mit Militär¬ macht einmarschiert und hält deutsches Gebiet besetzt. Dieses Vorgehen eines siegesübermütigen Militärismus ist aber auch darauf berechnet, die Einheit des deutschen Volkes zu stören und es mit den Machtmitteln des Krieges wirtschaftlich zu Grunde zu richten. Beim Zusammenbruch 1918 glaubten wir deutsch¬ österreicher den Anschluss an das deutsche Reich bald voll¬ ziehen zu können. Durch die Friedensdiktate von Saint Ger¬ mein und Versailles wurde uns das unmöglich gemacht, was uns jedoch nicht hindern kann mit aufrichtiger Bewunderung den heroischen Abwehrkampf des deutschen Brudervolkes gegen einen übermächtigen Gegner zu verfolgen und offen unsere Sympathie für das deutsche Volk auszusprechen. Wir sprechen unser tiefstes Bedauern darüber aus, dass die harte Prüfungs¬ zeit für das deutsche Volk noch immer nicht enden will. Möge das deutsche Volk jene Widerstandskraft und Ausdauer aufbringen, um diesen harten Schicksalsschlag in Einigkeit und Geschlossenheit zu ertragen. Der Gemeinderat ist mit mir wohl eines Sinnes, wenn wir die heutige Kundgebung an das auswärtige Amt nach Wien mit der Bitte leiten, es möge der Protest des Steyrer Gemeinderates der massgebenden Stelle im deutschen Reiche zur Kenntnis gebracht werden.

Bürgermeister Wokral schliesst sodann: Sie haben durch Erheben von den Sitzen bereits Ihre Zustim¬ mung gegeben, ich danke dafür und werde die Kundmachung weiter leiten. Bürgermeister Wokral teilt mit, dass zwei An¬ fragen vorliegen und zwar: Zl. 3800/23. In einer der letzten Gemeinde¬ ratssitzungen wurde beschlossen, der Firma Nathan Pollak in Steyr Lieferungsaufträge für Monturen der städtischen Sicherheitswache zu erteilen. Die Gefertigten fragen an: 1.) sind diese Lieferungen bereits erfolgt und 2.) sind dieselben von der Firma Pollak zur Zufriedenheit durchgeführt worden? V.B. Dedic teilt mit, dass die Firma Pollak den Auftrag nicht erhalten habe, da es der Gemeinde gelungen sei, eine Wiener Firma damit zu beauftragen, wodurch der Gemeinde einige Millionen erspart wurden. G.R. Prof. Brand wünscht über die Beantwortung der Anfrage die Einleitung einer Disskussion. V.B. Dedic nimmt das Wort und stellt dagegen den Antrag auf Ablehnung, da die Debatte nur eine Verlänger¬ ung der Sitzung bedeuten würde. Der Antrag des G.R. Prof. Brand wird bei der Ab¬ stimmung abgelehnt. Bürgermeister Wokral glaubt, dass die Minorität anlässlich der bevorstehenden Präliminarberatung Gelegenheit haben werde, die Angelegenheit zur Sprache zu bringen. Zl. 3805/23. Die zweite Anfrage des G.B. Baum¬ gartner und Genossen lautet: 1.) Ist dem Herrn Bürgermeister bekannt, dass in der Steyrer Zeitung Nr. 12 vom 30.Jänner 1923 ein Arti¬ kel Ein Nebenzweck der Hausnummertafeln amtlich festge¬

stellt", erschienen ist, der das Bauamt und die Gemeindever¬ tretung dem öffentlichen Spotte aussetzen sollte ? 2.) Kann der Herr Bürgermeister über die Sache Aufklärung geben und gedenkt er hiezu etwas zu unternehmen ? Hiezu führt Bürgermeister Wokral folgendes aus: Der Artikel ist mir bekannt und kann ich zur Auf¬ klärung nur sagen, dass der Schreiber genannten Artikels sich vermutlich noch wenig in Steyr umgesehen habe, sonst wäre ihm bekannt, dass manche Häuser nach der Orientierungsnummer kaum zu finden sind. Z.B. einige Häuser in der Damberggasse, und andere Häuser in der Schleifergasse, Wehrgraben- und Ai¬ chetgasse und er würde vielleicht begreifen, warum das Stadt¬ bauamt diesen Hauptzweck der Hausnummertafeln amtlich festge¬ stellt hat. Da der Schreiber des Artikels der Ansicht ist, das gerade jetzt wichtigere Dinge im Stadtbauamte zu tun wären, so spricht Bürgermeister Wokral über die Tätigkeit des Stadtbauamtes und über die Strassenreinigung und sagt: Das Stadtbau amt würde sich, statt sich unproduktiv zu betätigen mit einer wahren Lust auf die Sanierung des Strassennetzes werfen, um noch geradezu haarsträubenden Vernachlässigungen der Vor¬ kriegsjahre abzuhelfen, aber die Absicht, grundlose Strassen gründlich zu reinigen und technisch zu verbessern, schei¬ tert an der Unmöglichkeit, die hiefür notwendigen ungeheuren Mitteln aufzubringen. Bürgermeister Wokral bespricht sodann noch zwei Zeitungsnotitzen, in denen behauptet wird, dass der Magistrat die Milchpreise so hoch festgestellt habe und erklärt, dass daran nicht der Magistrat schuld sei, sondern jene, die die höheren Milchpreise verlangen und die der Magistrat bewilli¬ gen musste, um die Gefahr von der Stadt abzuwenden, dass kei¬ ne Milch hieher geliefert werden würde. Die Gemeinde hat nichts mehr mit der Milchversorgung zu tun, da sämtliche

Beschränkungen aufgehoben wurden uns es zeigt sich nun, was die Bevölkerung durch den Freihandel zu spüren bekommt. Der Vorsitzende macht sodann Mitteilung, dass die Punkte 7 wegen eines Formfehlers und Punkt 9 wegen Rück¬ ziehung des Rekurses von der Tagesordnung zurückgestellt wer¬ den. Zl. 3801/ 3. Bürgermeister Wokral verliest sodann einen Dringlichkeitsantrag der Gemeinderäte Prof. Brand, Russ¬ mann und Dr. Peyrer des Inhaltes, dass sie durch die Arbeits¬ losigkeit verursachte Not sich in Steyr besonders fühlbar macht, weil auch die Waffenfabrik zahlreiche Entlassungen vorgenommen hat. Um nun der grossen Arbeitslosigkeit in Steyr wenigstens einigermassen entgegenzuwirken, stellen die genannten Gemeinderäte den Dringlichkeitsantrag: Die Regierung wird aufgefordert, die Bahnbauten in Steyr, Garsten, sowie den Ausbau der elektrischen Bahn St. Florian - Steyr in das Programm der produktiven Arbeits¬ losenfürsorge auf jeden Fall aufzunehmen. Prof. Brand begründet in kurzen Worten die Dring¬ lichkeit und wird diese einstimmig angenommen. Zum Antrage selbst berichtet G.R. Prof. Brand über die Vorsprache einer Deputation in Linz, welcher sei¬ tens der Landesregierung vollstes Entgegenkommen versichert und versprochen wurde, diese Bauten in das Programm der Notstandsarbeiten aufzunehmen. G.R. Tribrunner schliesst sich dem Antrage an und meint, es ist schon sehr viel versprochen worden und wäre jetzt endlich zu hoffen, dass die Versprechen eingelöst werden um der Not und dem Elende abzuhelfen. G.R. Vogl beklagt sich darüber, dass der Bau auf der Ennsleiten eingestellt werden musste, und ersucht zur Linderung der Wohnungsnot bei der Landesregierung auch

diesbezüglich zu intervenieren. Bürgermeister Wokral verweist G.R. Vogl hinsicht¬ lich seiner Anregung auf Punkt 12 der Tagesordnung, dagegen verpsricht Prof. Brand sich als Abgeordneter für die Anregung des G.R. Vogl einzusetzen. Der Dringlichkeitsantrag wird sodann einstimmig an¬ genommen. I. Sektion. Zl. 177/V.P. Punkt 2.) Nachwahl in den Vorstand der Sparkassa. G.R. Reisinger stellt namens der I. Sektion den An¬ trag: Der Gemeinderat entsende in den Vorstand der Sparkassa Herrn Krottenau. Wird ohne Debatte angenommen. Z1. 2065/23 Punkt 3.) Nachwahl in den Museumsausschuss. G.R. Reisinger stellt namens der I. Sektion den An¬ trag: Der Gemeinderat entsende in den Museumsausschuss Herr Vizebürgermeister Karl Dedic. Wird ohne Debatte angenommen. Zl. 1243/23. Punkt 4.) Anerkennung für Feuerwehrjubilare. G.R. Reisinger stellt namens der I. Sektion folgen¬ den Antrag: Der Gemeinderat spricht den Jubilaren der freiwilli¬ gen Feuerwehr in Steyr und zwar: Ludwig Möstl Karl Derfler Michael Lukas Mathias Duftschmied Johann Windtner Paul Steffin für 25 jährige Dienstzeit und Alois Richter Franz Vogt Josef Stein Moriz Schulz Moriz Wurmfeld für 40 jährige Dienstzeit,

Alois Stiasny und Alois Semlitzka für 50 jährige Dienstzeit im Dienste der Allgemeinheit Dank und Anerkennung aus. Der Herr Bürgermeister wird ersucht, die Jubila¬ re von diesem Beschlusse schriftlich zu verständigen. Bürgermeister Wokral schliesst sich dem Antrage der Sektion an und meint, den Jubilaren gebührt der Dank des Gemeinderates durch Erheben von den Sitzen. Geschieht. Gemeinderat Wolfartsberger dankt als Kommandant im Namen der Jubilare. Zl. 1621/23. Punkt 5.) Erhöhung der Mahngebühren. G.R. Tribrunner verliest den Amtsbericht und stellt namens der I. Sektion folgenden Antrag: Die Mahngebühren werden geregelt wie folgt: a) für die Aufmahnung zur Einzahlung eines Betrages bis einschliesslich 10-000 Kronen für die I. Mahnung 1000 K „ „ II. „ 1500 K „ „ III. „ 2000 K b) für die Aufmahnung zur Einzahlung eines Betrages über 10.000 Kronen für die I. Mahnung 1500 K „ „ II. „ 2000 K „ „ III. „ 4000 K Gleichzeitig werden die Gebühren für die Einhe¬ bung von vorgeschriebenen, von den Parteien aber nicht zur Einzahlung gebrachten Geldbeträgen wie folgt erhöht: a) für die Einbringung eines Betrages bis einschliess¬ lich 10.000 Kronen K 2.000 b) über 10.000 Kronen K 4.000. Der Beschluss tritt am 15. Februar 1923 in Kraft.

G.R. Prof. Brand erklärt, die Minorität sehe ein, dass bei den erhöhten Ausgaben der Gemeinde, um das Gleichge¬ wicht zu erhalten, erhöhte Einnahmen notwendig sind. Aber an¬ dererseits werde immer vom Abbau des Personals und von sonstige Ersparungen gesprochen und das Bauamt macht Ausgaben, von denen der Gemeinderat und die Bausektion nichts weiss. Daher wird sie gegen jede Erhöhung stimmen. Vizebürgermeister Dedic be¬ merkt hiezu, dass einige Angestellte bereits entlassen seien, dass aber, solange die Arbeitslosigkeit im Steigen begriffen ist, der Abbau nicht zur Durchführung gelangen könne. Bei Auf¬ hören der Arbeitslosigkeit können z.B. im Arbeitslosenamte sofort 6 Angestellte entlassen werden. Demgegenüber werden von Seite des Bundes stets neue Arbeiten zugewiesen, so ist mit 1. Februar die Invalidenfürsorge zu übernehmen, was wie¬ der einen neuen Beamten erfordert. Auch die Gemeindearbeiter können nicht noch mehr eingeschränkt werden, umsomehr, als immer verlangt wird, dass möglichst viel gemacht werden soll. Der Landtag und der Bund machen den Gemeinden die grössten Schwierigkeiten, die vom Gemeinderat genehmigten Steuern werden seit einem Jahre nicht bewilligt. G.R. Prof. Brand: Wir fühlen uns zurückgesetzt, wenn wir nicht erfahren, was gemacht werde. So seien im Rat¬ hause und in der Industriehalle Arbeiten ausgeführt worden, die viel Geld kosten. Bürgermeister Wokral erwidert, dass die Arbeiten im Rathause in der Aufstellung einiger Wände und einer Tür bestanden haben, in der Industriehalle sei jedoch nichts gebaut worden. Diesbezüglich fanden nur Besprechungen statt, um die Industriehalle endlich produktiv zu gestalten und es ist möglich, dass die Sache bis zur nächsten Sitzung spruchreif sei. Hinsichtlich des Abbaues ist noch zu bemerken, dass die Volkszählung zur Durchführung gelangt, die mindes-

stens 8 Personen erfordern wird, welche nicht aus dem Stande der Angestellten genommen werden können. G.R. Schickl wünscht, dass wenigstens jede Woche einmal die III. Sektion zusammenkäme, um Ersparungen bera¬ ten zu können. G.R. Steinbrecher wünscht von G.R. Schickl konkre¬ te Beschwerden zu hören und G.R. Schickl verweist auf die Arbeiten in der Industriestrasse. Bürgermeister Wokral erklärt, die Arbeiten in der Industriestrasse seien auf einen Beschluss zurückzufüh¬ ren, der schon länger zurückdatiert und bemerkt, dass nach Berichten der Mitglieder der III. Sektion diese wegen fort¬ währenden Reden des G.R. Schickl nicht zum Worte kommen können. Nach dem Schlussworte des G.R. Tribrunner wird so¬ dann der Antrag angenommen. Zl. 1904/23. Punkt 6.) Erhöhung der Hundesteuer. G.R. Baumgartner verliest den Amtsbericht und stellt im Namen der I.Sektion folgenden Antrag: Der Gemeinderat beschliesse: 1.) die Abgabe für das Halten von Hunden für das Jahr 1923 wird festgesetzt wie folgt: a) für den ersten Hund 6 Goldkronen, für jeden weite¬ ren Hund um drei Goldkronen mehr; b) für Hündinnen erhöht sich der unter a) genannte Betrag um 50%. c) für Zuchthunde beträgt die Abgabe 3 Goldkronen für jedes Tier. Als Zuchthunde kommen nur solche in Betracht, für die der Besitzer den Nachweis durch den Hundezuchtverein erbringt, dass die Tiere tatsächlich Rassehunde sind und nur zur Zucht verwendet werden.

2.) In die Abgabe werden die auf Grund des Gemeinderatsbe¬ schlusses vom 16. Juni 1922 bereits bezahlten Beträge eingerechnet. 3.) Die Einzahlungen bezw. Nachzahlungen sind bis längstens Ende März 1923 beim Magistrate Steyr vorzunehmen. 4.) Die derzeit in Verwendung stehenden Marken gelten bis 31. Dezember 1923. 5.) Die Hauseigentümer sind verpflichtet, die Anzahl der in ihrem Hause befindlichen Hunde zu erheben und unter Angabe der betreffenden Wohnparteien den Amtsorganen auf Verlangen bekanntzugeben. 6.) Im übrigen gelten - insbesondere was die Strafbestimmungen anbelangt - die Bestimmungen der Kundmachung vom 26. Juni 1922, Zl. 4564/22, betreffend die Versteuerung und das Halten von Hunden im Stadtgebiete Steyr. G.R. Dr. Peyrer stellt das Verlangen, dass jenen Parteien freigestellt werden soll, ihre Hunde abzustossen, wenn sie die erhöhte Steuer nicht bezahlen wollen. V.Bgm. Dedic wünscht eine Einschränkung der Hunde überhaupt, da solche meist nicht zum Vergnügen, sondern eher zum Verdienen gehalten werden. Die G.R. Schickl und Frühwald stellen Anfragen wegen Nutz- und Rassehunde, worauf G.R. Baumgartner im Schluss zusagt, dass der Anregung des G.R. Dr. Peyrer Rechnung getragen werden wird. Der Antrag wird sodann angenommen. Punkt 8.) Konzessionserwerbung. G.R. Baumgartner verliest den Amtsbericht und stellt namens der I. Sektion folgenden Antrag: Der Gemeinderat beschliesse die Erwerbung der Konzes¬ sion zur Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes, beschränkt au die ihr gehörigen Objekte. Das Gemeinderatspräsidium wird er mächtigt, einen tauglichen Geschäftsführer zu bestellen. G.R. Prof. glaubt, die Geschichte wird nicht gehen,

weil Kehrbezirke bestehen und wird die Sache bei der Regie¬ rung scheitern. Juridische Personen können keine Konzessi¬ on bekommen und der bestellte Geschäftsführer wird nicht voll¬ auf beschäftigt sein. Schliesslich erklärt er namens der Minorität dem Antrage nicht zustimmen zu können. V.B. Dedic verweist darauf, dass die Gemeinde bestrebt ist, etwas zu ersparen, empfiehlt die Annahme des Antrages auch seitens der Minorität, weil sie sonst, da sie stets Er¬ sparungen verlangen, mit sich selbst in Widerspruch gelan¬ gen. Bürgermeister Wokral betont, dass diese Aktion nur für die eigenen Gebäude der Gemeinde geplant sei. G.R. Schickl sagt, es sei nicht bewiesen, dass die Gemeinde etwas ersparen werde und bezeichnet den Antrag als Terrorfall. Nach einem Schlussworte des Berichterstatters G.R. Baumgartner wird der Antrag angenommen. III.Sektion. Punkt 10.) Überlassung einer Grundparzelle an die Bundeswasserbauverwaltung. 434/23 Berichterstatter G.R. Dr. Furrer begründet den Sek¬ tionsantrag auf vorbehaltlose Abtretung der Grundparzelle 1982 Wald. G.R. Eisterlehner stellt eine Anfrage wegen absolvier¬ ter Prüfung des Oberbaurates Minarzik. Bürgermeister Wokral erklärt dagegen, dies gelegentlich mitzuteilen. Der Antrag wird angenommen. IV. Sektion. Punkt 11.) Beschaffung von Wäsche für das Krankenhaus.

Zl. 1332/23. V.B. Dedic stellt als Berichterstatter für die Sektion folgenden Antrag: Der Gemeinderat wolle be¬ schliessen, zur Ergänzung der Spitalwäsche, bestehend aus je 2 Leintüchern und 2 Überzügen zu bewilligen. Das Erfordernis wird ca. 18 1/2 Millionen betragen. Ohne Debatte angenommen. Punkt 12.) Beschlussfassung über eine Eingabe des Arbeitslosen¬ komitees. V.B. Dedic berichtet über den Inhalt der Eingabe an die Lan¬ desregierung wegen Erhöhung der Arbeitslosen-Unterstützung auf wöchentlich 100.000 Kronen, ferner über eine zweite Ein¬ gabe wegen Zuschüsse an Lebensmittel, Holz oder Bargeld und stellt für die Sektion IV folgenden Antrag: Der Gemeinderat wolle beschliessen: 1.) Der Gemeinderat anerkennt vollinhaltlich die Forderung der Arbeitslosen an die Bundesregierung bezüglich Erhöhung der derzeitigen unzulänglichen Arbeitslosenunterstüt¬ zung auf 100.000 Kronen pro Woche. Auch das Ansuchen des Ar¬ beitslosenkomitees an die o.ö. Landesregierung wegen einer Un¬ terstützung in der Form von Vorschüssen sowie der Beistellung von Brennmaterial wird unterstützt und das Gemeinderatsprä¬ sidium ermächtigt, in geeigneter Weise bei den obenangeführ¬ ten Stellen vorstellig zu werden und die Forderungen der Ar¬ beitslosen auf das tatkräftigste zu unterstützen. 2.) Zur teilweisen Linderung der Not der arbeitslo¬ sen Familien und Ausgesteuerten werden 15.000 kg Kartoffel und 3 Waggon Kohle zur unentgeltlichen Beteilung bewilligt. Mit der näheren Durchführung dieser Aktion wird die Fürsorge¬ abteilung des Magistrates betraut. V.B. Dedic berichtet weiters, dass diese Beteilung für die Gemeinde eine Belastung von 21 Millionen Kronen bedeu¬ tete und schliesst seine Ausführungen mit den Worten: Der Wille ist vorhanden, wir tun was wir können.

G.R. Klement betont die furchtbare Lage der Arbeitslosen, Hun¬ ger und Verzweiflung, Elend und Not und sagt, es sei zu staunen, dass sich die Leute so ruhig verhalten, denn auch in Steyr sei eine impulsive Arbeiterschaft. Bisher sei der Abbau auf dem Rücken der Arbeiterschaft erfolgt und warnt die kompetenten Faktoren. Bisher sei es gelungen, die Ordnung zu halten, wir wissen es aber nicht, wie es noch kommt. Die Gemeinde leistet was sie kann, trotzdem ihr die Landesregie¬ rung und der Bund alles wegnimmt. Er empfiehlt am Schlusse die Zentralisierung der Wohltätigkeitsaktion behufs besserer Kontrolle und Verhütung der Doppelbeteilung. G.R. Prof. Brand hebt hervor, dass er seine Pflicht erfüllt habe und sich niemals gegen die Not der Zeit ver¬ schlossen hat. Er bedauert, dass in den bürgerlichen Kreisen wenig Verständnis hiefür vorhanden sei, er verstehe den Ernst der Lage und sei der Letzte, der nicht mit beitrage zur Linderung der Not. Er empfehle, so wie in Deutschland sich alle Parteien in der Not zusammengefunden haben, ein Zusammenschliessen, man möge trachten, dass die Bauern hilfs¬ willig seien. Arbeiten wir einträchtig in der Not zur Lin¬ derung derselben. G.R. Saiber nimmt Bezug auf die Rede des G.R. Brand und appelliert an die bürgerlichen Kreise, sie mö¬ gen für Kinder einen einmonatlichen Freitisch geben. V.B. Dedic stimmt der gemeinsamen Arbeit zu, muss aber bemerken, dass die Landwirtschaft gerade diesen Mo¬ ment auserwählt hat, die Preise für Milch in die Höhe zu treiben. Andererseits hetzt die Steyrerzeitung als Organ der christlichsozialen Partei die Arbeitslosen gegen die Sozialdemokratie. Demgegenüber kann man nicht glauben, dass die Worte des Prof. Brand aufrichtig gemeint seien. Die Minorität hat während der Rede des V.B. Dedic den Sitzungssaal verlassen und erklärt Bürgermeister Wokral, dass ein Grund zum Verlassen der Sitzung nicht vor-

handen sei, dass keine Beleidigungen gefallen seien, weil er dies sicher gerügt hätte und konstatiert, dass trotz der Abwesenheit der Gemeinderäte der Minorität die volle Beschlus fähigkeit der Sitzung vorhanden sei. Der Antrag der IV. Sektion wird sodann angenommen. Punkt 13.) Beschlussfassung über eine Eingabe des Stadtschulrates. (Frühstücksaktion). Zl. 2962/23. G.R. Lebeda verliest den Amtsbericht und den Sektionsantrag lautend: Über Ansuchen des Stadtschul¬ rates Steyr werden die notwendigen Lebensmittel, die durch freiwillige Spenden nicht aufgebracht werden, von Seite der Gemeinde auf Kosten derselben zur Verfügung gestellt. Ohne Debatte angenommen. Punkt 14.) Erhöhung der Armenunterstützungen. Zl. 2324. V.B. Dedic stellt im Namen der Sektion IV folgenden Antrag: Bezugnehmend auf den letzten Beschluss der Armenrats¬ sitzung vom 25. Jänner und in Würdigung der Notwendigkeit einer Erhöhung der Armenunterstützungen und der Erziehungs¬ beiträge beschliesst der Gemeinderat: 1.) Fortlaufende Unterstützungen sowie Erziehungsbei¬ träge können bis 12.000 Kronen erhöht werden. 2.) Für elternlose Kinder oder für Kinder, dessen Eltern nicht in der Lage sind, für den Lebensunterhalt der¬ selben aufzukommen und sich in einer fremden Pflege befinden, können Unterhaltsbeiträge bewilligt werden. 3.) Die Unterstützungen der im Versorgungs- und Altersheime sich befindlichen Pfleglinge werden um 100% erhöh 4.) Parteien, die in einer Armenversorgung stehen und eine eigene Wohnung besitzen und besonders bedürftig sind können über besonderes Ansuchen Mietzinsbeiträge bewilligt werden. 5.) Alle bewilligten Unterstützungen gelten immer höchstens für das laufende Kalenderjahr.

6.) Der Gemeinderat gibt seine Zustimmung dazu, dass von jetzt an die Sitzungen des Armenrates sowie des Erziehungs¬ rates (Armenrat für Minderjährige) gemeinsam abgehalten werden und die Mitglider beider Körperschaften gemeinsam über alle Fälle der Armenversorgung ihre Stimme abgeben. Die Durchführung der Änderung der Statuten des Armenrates im obigen Sinne und des Erziehungsrates wird der Fürsorgeab¬ teilung aufgetragen und berichtet über eine Anfrage des G.R. Steinbrecher, dass das Erfordernis ca. 20 Millionen Kronen betragen werde. Der Antrag wird nach kurzer Debatte angenommen. Der Vorsitzende: Die Protokollprüfer: Wokral m.p. Der Schriftführer: Schwandtner Anton m.p. Kapinus. m.p. Schickl Fritz m.p.

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