Politische Wochenschau, Nr. 1 bis Nr. 9, Steyr 1848

Nro. Politische Wochenschau der zwanglosen Blätter. Steyr den 7. Oktober 1848. Deutschland. In der Sitzung der National=Versammlung zu Frank¬ furt wurde am 25. September ein Schreiben des Reichs¬ verwesers verlesen, wornach definitiv zu Minister ernannt sind: Inneres: Schmerling, Krieg: Peucker, Justiz: R. Mohl, Finanzen: Beckerath, Handel: Duckwitz, das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten versieht einst¬ weilen Schmerling. Es ist also das alte Ministerium mit Ausnahme der Hrn. Leiningen und Heckscher bei¬ behalten. Daß es jetzt eben in Deutschland traurig genug aus¬ sieht, läßt sich nicht läugnen; ein Drittel ist entweder aus¬ drücklich und formell oder doch thatsächlich in Kriegszustand befindlich; und was ist die Ursache? Socialismus und Communismus, die Lehren, welche als natürliche Folge den Umsturz von Familie und Eigenthum mit sich führen. Wehe den Predigern dieser Lehren, welche sich „Volksbe¬ glücker“ nennen und Zerstörer großer Hoffnungen, schön aufkeimender Früchte sind. Im Badischen hat die republikanische Schilderhebung Struve's sein Ende gefunden mit dem Kampfe bei Stau¬ fen, wo sich das Gros der Insurgenten concentrirt hatte. Am 24. September Morgens 6 Uhr war der badische Kriegsminister General Hoffmann von Freiburg aufgebro¬ chen, mit 2 Bataillonen, 1 Schwadron und 4 Geschützen. Als sie gegen das Gebirge hin zwischen Staufen und Hei¬ tersheim kamen, entdekten sie mehre bedeutende Haufen der Aufrührer. Der General ließ die Truppen querfeldein marschieren, aber kaum hatten sie die nächste Höhe erstie¬ gen, als die Freischaaren eiligst ihre Position verließen und sich nach Staufen zogen, wo sie die Brücke abwarfen und Barrikaden errichteten. Die Truppen folgten im Sturm¬ schritt und griffen in zwei Colonnen getheilt an. Die Vertheidigung war lebhaft, aber der Muth und die Aus¬ dauer der Truppen errangen den Sieg. Achtzehn der Re¬ bellen fielen, 60 wurden zu Gefangenen gemacht. Struve entkam, aber ein Theil der geraubten Gelder und seine Kanzlei mit sehr interessanten Papieren wur¬ den erbeutet, welch' letztere General Hoffmann dem Untersuchungsgerichte in Freiburg übergab. Aus diesen wird sicher Manches über die republikanischen Bewegungen in ganz Deutschland zu ersehen sein. Andern Tages wurden noch von allen Seiten Gefangene einge¬ bracht, auch Gustav v. Struve, dessen Frau, Petro Huzar (dessen Schwager), der rühmlichst bekannte Studiosus Karl Blind und noch einige der thätigsten Aufwiegler. Sie wa¬ ren auf der Flucht von einigen Bürgerwehrmännern von Schopfheim, welche zum Freischaarenzug gezwungen wor¬ den, festgehalten und nach Schopfheim in Gewahrsam ge¬ bracht, von dort durch 40 Bürger nach Schliengen ge¬ führt, um dem Militär übergeben zu werden. In allen Orten durch welche der Zug ging, zeigte sich die größte Aufregung. Sonst ruhige und vernünftige Männer schäum¬ ten vor Wuth; selbst die Frauen tobten; die Bedekung hatte nur abzuwehren und mit gespannten Hahnen zu drohen, sonst wäre Struve in Stücke zerrissen worden. Er mochte die Gefahr fühlen, in der er schwebte; denn blaß mit niedergeschlagenen Augen saß er da, übrigens zeigte er würdevolle Ergebung, seine Frau schwarz gekleidet, lehnte tief an seiner Brust in seinen Armen. Das Volk rief im wüthenden Zorn seinen Fluch aus über den, der sie alle habe ins Unglück stürzen wollen, und so viele habe hinschlachten lassen. Die Freischaaren haben sich überall, wo sie sich einquartirten mit schrankenloser Willkühr be¬ nommen. Struve und die Uebrigen wurden in Schliengen von einem Detaschement Scharfschützen übernommen, welche sie am 26. September Nachts 12 Uhr in das Gefängniß ab¬ lieferten. Gegen die Vollziehung der bereits erfolgten standrechtlichen Aburtheilung Struve's vom Freiburger Hof¬ gericht ist Protest eingelegt worden, weil er nicht auf fri¬ scher That betreten wurde. Das Hofgericht hat die Unter¬ suchung an sich gezogen, und Struve soll seiner Zeit sein Urtheil durch Geschworne finden. Auch in Würtemberg ist die republkanische Schilder¬ hebung in ihren ersten Bewegungen erstickt. Georg Rau, ein bankerotter Glas=Fabrikant von Gaildorf hatte die Fahne des Aufruhrs aufgepflanzt. Zu Rottweil, einer an der badischen Schwarzwaldgränze gelegenen Stadt, mit etwa 5000 Einwohner wurde am 24. September die Re¬ publick proklamirt, und am andern Tag brach eine Schaar von 500 Mann gegen Stuttgart auf; aus allen Gegen¬ den erhielten sie durch einzelne Abtheilungen von Bürger¬ wehr und andern Zuzügen Verstärkung. An den Straßen¬ eken las man lügenhafte Bülletins über den badischen Aufstand; man las von Tausenden, die sich unter Struve gesammelt, von Erhebungen in allen Kreisen, von bereits erfochtenen Siegen u. s. w. viele Tausende glaubten es und wurden zum Anschluß an Rau's Schaaren bewogen; da kam die Nachricht von Struve's Niederlage bei Staufen, und G. Rau verschwand bei Balingen, ohne daß man wußte wohin, um sich am 28. September bei Oberndorf Abends freiwillig zu stellen. Er wurde darauf nach Hohen¬ asberg gebracht, wohin auch einige andere der Stuttgarter Demagogen geführt wurden. Die Schramberger und Rottweiler Bürgerwehren aber, welche klingenden Spieles zur Erkämpfung der Republik

ausgezogen waren, besannen sich eines Besseren und kehr¬ ten ohne Klang und Sang wieder heim. Der Abgeordnete Graf Gustav v. Keller ist vom Reichsverweser zum Reichscommissär für den ganzen Um¬ fang aller südwestlichen deutschen Bundes=Staaten ernannt, um zur Aufrechthaltung der Herrschaft der Geseze alle erforderlichen Truppen zu ergreifen, die etwa erforder¬ lichen Maßregel zu requiriren, selbst Belagerungserklärung und Standrecht zu verkündigen. Preußen. Berlin. Ein am 22. September von dem Abge¬ ordneten von Berg gestellten Antrag auf eine Unwil¬ lenserklärung der Reichsversammlung wegen des Frankfurter Attentats (der Meuchelmord Lichnowsky's und Auerswalds) womit die Aufforderung an die Regierung verbunden war die Centralgewalt mit allen ihr zu Gebothe stehenden Mittel zu unterstützen, ging mit einer Mehrheit von 238 gegen 77 Stimmen durch. Die Hoffnung der Republikaner Berlins ist zu Wasser geworden. Arbeiterhaufen und anderes Volk mit rothen Mützen oder großen rothen Federn am Hute, zogen mit Fahnen und klingendem Spiele am 25. September durch die Straßen. Aber glücklicher Weise that das jetzige Ministerium was das vorige auch hätte thun können: es verstand sich zu einem Erlaß, welcher der Reichsversamm¬ lung genügte, ohne daß er für die Armee verletzend wäre, und das versammelte Volk begnügte sich nur mit un¬ schuldigen Sieges=Demonstrationen. Am Rhein. Auch im Rheinpreußen sollte die rothe Fahne aufgestekt und die Republik verkündet werden. In Köln ließ am 25. September um 5½ Uhr der Commandant der Bürgerwehr, Oberst Engels die Bürgerwehr zur Erklärung auffordern, ob sie für Erhaltung der Ruhe und sicheren Ausführung der nöthigen Verhaftungen stehen könne? Habe er keine Antwort bis 6 Uhr, so werde er die nöthigen militärischen Maßregeln ergreifen. Vier Fünftel der Haupt¬ leute der Bürgerwehr erklärkten sich verneinend, und es rückten um 6 Uhr 2 Bataillone vor das Zeughaus, drei Schwadronen Uhlanen, die vor den Thoren gehalten, zogen ein, die Thore wurden besetzt, und mehrere andere Ba¬ taillone mit Geschütz postirten sich auf den Plätzen und in den Straßen. Trotzdem erhoben sich allenthalben Barri¬ kaden, — auch sammelten sich einzelne Haufen, — es kam jedoch zu keinem Ausbruche. Am 26. liefen die Nachrich¬ ten über Struves verunglückten Einfall ein, auch die aus Berlin kommenden lauteten ganz beruhigend. Die Barri¬ kaden wurden von den Truppen weggeräumt, — die Haupthetzer sind geflohen, — Köln wurde unter Trommel¬ schlag in Belagerungszustand erklärt, die Bürgerwehr auf¬ gelöst, doch vorbehaltlich einer Reorganisation. Schleswig=Holstein. Dadurch, daß die Dänen Deutschlands Schwäche in ihrem vollen Glanze sehen, fühlen sie sich unermeßlich stark; unsere Nachgiebigkeit ist die Quelle ihres Trotzes, unsere Friedensliebe der Sporn ihrer Kriegslust; — dieses legen sie durch ihre „Immediatcommission“ an den Tag. Einstweilen hat die schleswig=holsteinische Regierung die Selbstankündigung dieser Commission mit einem Steckbrief gegen die Herrn Moltke, Hansen und Johannsen beant¬ wortet, und zwar von Rechtswegen. Wir wollen sehen, ob die Dänen jetzt ihre Drohung ausführen und Truppen in Schleswig einrüken lassen, — und wenn es geschieht, wie wird sich Deutschland benehmen? Mit der Kriegfüh¬ rung gegen Dänemark hat es sein Bewandtniß. Hat man seit dem Abschlusse des Waffenstillstandes, also seit einem vollen Monate, doch gar nichts gethan, um sich zu einer wirksamen Kriegsführung in Stande zu setzen, falls der Friede mit Beginn des Frühjahres nicht abgeschlossen wer¬ den sollte. Sechs Monate sind verflossen seit dem Beginn des dänischen Kriegs, und nachdem wir sechs Monate lang zur See auf das schmälichste mißhandelt worden, hat das große mächtige Deutschland auch noch nicht einmal den Kiel zu einem einzigen Kriegsschiff gelegt; — die drei oder vier Kanonenboote die 3 oder 4 Kauffahrer sind aus¬ schließlich mit Privatkräften gebaut und ausgerüstet, der Staat hat sich dabei so gut wie gar nicht betheiligt. Unter solchen Verhältnissen genügt es wohl nicht, wenn Herr v. Schmerling erklärt, daß von einer Anerkennung oder Zulassung der dänischen Immediatcommission nicht die Rede sein könne. Italien. Oesterreichisches: Der Reichsverweser Erzherzog Johann erließ an den Papst ein Schreiben worin er ihm seine wärmste Verehrung ausdrükt und anzeigt, es sei die Absicht des österr. Cabinets aus den lombardischen Pro¬ vinzen einen in seiner Verwaltung unabhängigen Staat zu bilden. In Mailand war wieder einmal eine Revolution, eine Art sicilianische Vesper gegen die Tedeschi angesagt, aber nicht zur Ausführung gebracht worden, — Schrecken und Todesfurcht sind hier doch noch viel größer, als der Haß, Radetzky will keine Furcht zeigen; er ließ an dem¬ selben Tage, am 21. September, an welchem die Revo¬ lution angesagt war, die lombardischen Grenadiere statt der ungarischen die Wache vor seinem Palaste beziehen. Uebrigens läßt man es nicht an der nöthigen Vorsicht fehlen. Sardinien. Karl Albert soll abgedankt haben. Sicilien. Die liparischen Inseln und die Städte Catania, Noto und Girgenti haben sich der neapolitanischen Regierung unterworfen. Messina ist zu einem Freihafen erklärt. Die schöne Stadt liegt größtentheils in Trümmern. Rom. Die Clubs setzen ihre Anstrengungen, welche auf die Befreiung Italiens von der Fremdenherrschaft ge¬ richtet sind, unermüdet fort. Der Volksklubb, Circolo popo¬ lare, hat in Uebereinstimmung mit Ancona und anderen Orten des Kirchenstaates an ganz Europa und an die ita¬ lienischen Fürsten die feierliche Erklärung abgegeben, daß keine von den italienischen oder von fremden Regierungen

eingeleiteten Verhandlungen, je die Volkssanction erhalten werde, wenn sie nicht die gänzliche und endliche Räumung von der Fremdenherrschaft und die völlige Unabhängig¬ keit zur Hauptbasis habe. Frankreich. Paris. Man erwartete mit vieler Neugier die An¬ kunft Ludwig Napoleons, des Erprätentenden und jetzigen Volksrepräsentanten, welche denn auch am 26. September erfolgte. Der Bürger Ludwig Napoleon bestieg die Tri¬ büne, sprach von über ihn ergangene Verläumdungen, von Dankbarkeit gegen die Republik, welche ihm die glückliche Lage bereitet, sein Vaterland nach 33 Jahren Exil wieder zu sehen, und von Anwendung all' seiner Kräfte an der Befestigung der Republik zu arbeiten. Man weiß seine Hoff¬ nungen auf die Präsidentenwürde in der Nationalversamm¬ lung; und obwohl diesen in der Verfassung selbst ein Rie¬ gel vorgeschoben wurde, wo es Art. 42 heißt: „der Präsi¬ dent muß geborner Franzose sein, und darf die Eigen¬ schaftals Franzose nie verlorenhaben, er muß dreißig Jahre zurückgelegt haben und zur Zeit seiner Wahl das französische Gebiet wenigstensseit 5 Jahren ununterbrochen bewohnen“, der Prinz hat sich aber in das Schweizer=Bürgerrecht aufnehmen lassen, so haben dagegen selbst einige Geldleute der City bereits Wetten angestellt, daß Prinz Ludwig Napoleon nächstens Kaiser von Frankreich sein werde. Wenn es nun auch einige gibt, welche sagen, der Bonapartismus in Frankreich liege mit Bonaparte bei den Invaliden begra¬ ben, und der Prinz habe von seinem großen Oheim nichts als den Namen geerbt; so hat Cavaignac dennoch an ihm einen gefährlichen Gegner. Mit Louis Blanc im Bunde, von den Clubbs unterstützt, wird dieser Ludwig Napoleon, dieser Mann von Boulogne, dieser Gefangene zu Ham, diese Nullität, ein Nebenbuhler Cavaignacs für die Präsi¬ dentenwürde, um dann von den Sektenmännern als über¬ flüssige Puppe zur Seite gestellt zu werden. Cavaignac hat einen harten Stand, auf ihm ruhen die nächsten Ge¬ F. W. A. schicke Frankreichs. Motto aus Kassandra's Gesängen. Eine deutsche Stimme über das königl. Reseript vom 3. d. M. In Folge der in Ungarn vorgefallenen neuesten Er¬ eignisse (über die wir übrigens, Dank der unpartheiischen Wienerzeitung, noch immer in großem Dunkel schweben) wurde der Capitän=Lieutenant der bei Hofe zu Wien dienstthuenden ungarischen Nobel garde, Adam Recsey v. Recse zum ungarischen Ministerpräsidenten mit dem Auftrage ernannt, ein neues Ministerium zu bilden. An diesem mit dem Hoftone und den Hofränken wohl ver¬ trauten Cavalier hofft wohl die Camarilla zu Schönbrunn einen Mann zu finden, der allezeit bereit sein wird, Alles, was man ihm immer vorlegen mag, zu contrasigniren. Und sie scheint sich nicht getäuscht zu haben. Recsey hat das königl. Rescript vom 3. Oktober contrasignirt — es bleibt ihm nichts mehr zu thun übrig. Wie ist dieses Re¬ script entstanden? Von wem ist der Gedanke? Von wem die Ausführung? Wir wissen es nicht! Der Kaiser hat es wahrscheinlich nicht entworfen und nicht verfaßt, er hat es nur unterschrieben. Wer hat es denn verfaßt? Gewiß Jemand in der Nähe des Kaisers zu dem der Monarch Vertrauen hat — ach! und es ist Niemand in der Nähe des Kaisers zu dem das Volk Vertrauen hätte! Das erwähnte königl. Rescript ist lediglich an den ungarischen Reichstag gerichtet, und behauptet mit dürren Worten in seinem Eingange, das Repräsentantenhaus habe am 27. September einen Entschluß gefaßt, in Folge dessen der Graf Lamberg ermordet worden sei. Das ist viel gesagt und läßt sich nicht rechtfertigen. Der Kaiser ist allerdings für diese Aeußerung nicht verantwortlich, wohl aber der verantwortliche Minister Recsey, der sie mitunterschrieb. Jener Entschluß war: das Manifest, das den Grafen Lamberg sandte, da es nicht gegengezeichnet war, als ungültig zu erklären. Ist es eine nothwendige Folge dieses Entschlusses daß ein wilder Haufe den Grafen morden mußte? Oder hat das Repräsentantenhaus diesen Haufen gedungen? In seinen sieben Artikeln löst das Rescript den unga¬ rischen Reichstag auf, erklärt in blinder, unnützer Hast seine nicht sanktionirten Beschlüsse (die ohnehin schon nach dem ungarischen Grundgesetze keine Gültigkeit haben) für null und nichtig, und ernennt den Jellachich zum Civil= und Militärgouverneur von Ungarn mit unumschränkter Vollmacht. Das Schicksal dieses Mannes ist einzig in der Geschichte, und seine glänzenden Erlebnisse stellen die österreichische Kai¬ serkrone in tiefen Schatten. Nach den Märztagen wurde er durch ein von den konstitutionellen Ministern gegenge¬ zeichnetes Manifest des Kaisers als Hochverräther erklärt keine contrasignirte, mithin keine gültige Verfügung hat seither diesen Ausspruch des Kaisers aufgehoben, und plötzlich erklärt ohne alle Motivirung ein contrasignirtes Manifest desselben Kaisers denselben Mann zum unum¬ schränkten Befehlshaber in demselben Reiche, an dem er zum Hochverräther geworden ist! Das ist eine schwin¬ delnde Politik, es mögen ihre Träger zusehen, daß sie nicht fallen. Oder ist Jellachich vielleicht gegenüber dem Kaiser von Oesterreich Hochverräther geblieben, und nun gegenüber dem König von Ungarn loyal geworden? Man spielt ein gewagtes Spiel. Jellachich gestern noch Partheimann, dem der Kaiser das Kommando abnahm um durch einen Dritten, Namens Lamberg, den Streit

4 der Ungarn mit den Kroaten schlichten zu lassen, erhielt heute den Oberbefehl und unumschränkte Vollmacht, um in seiner eigenen Sache Richter zu sein! Der Kaiser wirft sich oder wird in die Arme des eigenmäch¬ tigen Panslavisten Jellachich geworfen und hätte noch so viele deutsche treue Männer, die ihn noch nie verlassen haben? Womit haben sie diese Schmach, diese Kränkung und Schwächung des kaiserlichen Ansehens, diese Umwölkung des Thrones, den sie um den Preis einer vernünftigen Freiheit im alten Glanze zu erhalten fest entschlossen waren, verdient! Findet unsere Dynastie in den Kreisen deutscher Männer kein Heil mehr? Das Merkwürdigste im ganzen Reseripte bleibt der Schluß: „Wie sofort die Einheit der Wahrung und Leitung der gemeinsamen Interessen der Gesammtmonarchie auf bleibende Weise hergestellt, die gleiche Berechtigung aller Nationalitäten für immer gewährleistet, und auf dieser Grundlage die Wechselbeziehungen aller unter Unserer Krone vereinigten Völker und Länder geordnet werden sollen, wird das Geeignete mit Zuziehung von Vertretern aller Theile berathen und im gesetzlichen Wege festgestellt werden.“ Man scheint somit im Sinne zu haben dem Reichs¬ tage in Wien das Geschäft der Konstitution der nicht unga¬ rischen Länder, das Einzige, wozu er bevollmächtigt war, abzunehmen, und noch im Widerspruche mit dem gestrigen Manifeste das den Italienern eine eigene Konstitutante zu¬ sicherte, eine ganzneue Reichsversammlung aus Vertretern aller Länder der Monarchie zusammenzube¬ rufen, welche die Versprechungen der März= und Maitage in einer — wir wollen sagen nachmärzlichen Weise realisiren soll. So viel ist gewiß, der Kaiser hat schlechte Rathgeber an seiner Seite. Was macht denn unser Völkerrath: der Reichstag? Als einst im Nationalkonvent der kluge Abbé Maury aufwarf, die Versammlung habe längst ihre Vollmachten überschritten und müsse sich jetzt auflösen, rief Mirabeau: „Ich schwöre, die Versammlung hat das Va¬ terland gerettet und sie wird bleiben, bis sie alle Werke die sie in Angriff nahm, vollendet hat.“ Und sie blieb Auch ich habe oft zum Reichstage gesprochen wie der Abbe Maury — kein Mirabeau hat mir geantwortet. Zwar käme der Reichstag spät — doch heute ist der Tag, wo er das Vaterland und die Dynastie retten kann — und wir möchten beide glücklich sehen. Jetzt verlange der Reichs¬ tag Offenheit vom Kabinete, die Suspendirung Jellachichs und eine Pacificirungs=Commission in Wien und Alles wird glücklich enden. Solange aber die Camarilla Heere befehligt, die so nahe an der Leitha stehen, ist nirgends Beruhigung, Vertrauen und Friede zu hoffen. Wer von uns weiß es, wo des Hofes schwan¬ kende Politik der Vorwärtsbewegung Jellachichs ein Ziel stecken wird; wer weiß wie weit es ihm selbst gefällt zu gehen. Ein Schritt über die Leitha und der Feldzug gegen Deutschlands junge Freiheit ist in sein zweites Stadium eingerückt. Dann wird, dann muß sich Deutschland er¬ heben, die deutschen Brüder in Oesterreich zu schützen, wie es die Brüder in Schleswig=Holstein geschützt hat. Dann wird der Tag erscheinen an dem Jene, die unsere Kraft verachteten, erkennen werden, wie stark wir sind! Aler. Jul. Schindler. Eine Stimme aus Ungarn über Ungarn. Immer bunter, immer toller dreht sich der Wirbel der Zeitbewegung, immer unentwirrbarer werden die sich durch¬ kreuzenden Fäden derselben, immer drohender die Zukunft eines neuen Faustrechts, in welcher die Fäuste, Knittel, Sensen und Bajonnete der verschiedenen Partheien die Hebel sein werden, mit denen die Welt bewegt wird. In Frank¬ furt hat man den Satz: hinter der Minorität des Parla¬ ments stehe die Majorität des Volkes bis zu den Barri¬ kaden, Kanonaden und zur schändlichen Ermordung von Volksrepräsentanten blutig kommandirt, in Wien gährt es bedenklich, Radicalismus und Reaktion rüsten sich zu ent¬ scheidendem Kampfe. In Ungarn tobt der Bürgerkrieg, in Italien lodert das nur mit Asche bedeckte Feuer unter ihr fort, Berlin, Süddeutschland, Frankreich, Irland und das westliche England, Spanien, selbst Rußland fühlen vulka¬ nisches Dröhnen unter ihrem Boden! Unter oberhalb des¬ selben? —? Intra Iliacos muros peccatum et extra! Beide oder alle Partheien fehlen, lügen, vergreifen sich, verderben sich ihre Gegenwart, ihre Zukunft u. s. w. Ich will den geehrten Lesern hier Fragmente aus einem Briefe mittheilen den ich vor wenigen Tagen aus Ofen erhalten habe. Hier sind die Fragmente: Ofen am 23. September. „Freund! ich bin Europamüde! So viel Niederträch¬ tigkeit auf der einen, so viel Selbstverkennung, so viel Thorheit, Uebermuth, Verkehrtheit und Erbärmlichkeit auf der andern Seite verleiden Einem die Lust zu all dem Ding! Und die Massen!! gedankenlos und wetterwendisch wie immer, sind sie willenlose Werkzeuge abwechselnd in der Hand eines Schurken, eines ehrgeizigen Phantasten oder großmauligen Thoren. Alles regiert Alles politisirt, Alles wühlt, Alles macht Parthei, nur die Besonnenheit und einfache Ehrlichkeit findet keinen Anwerth. Wie kann es Einen unter solchen Umständen freuen Mensch zu sein! Mich widert die Politik an ——. Ich hatte bisher nicht begreifen können, daß ein Mann wie Goethe, mitten in der großen politischen Bewegung seiner Zeit keinen Antheil an derselben nahm. Jetzt kann ich mir's erklären. Ueber Ungarns Lage schreibt derselbe Freund folgende bemerkenswerthe Worte: „Neuigkeiten von hier gäbe es zwar eine Menge zu schreiben. Allein ich müßte jedes einzelne Blatt der Wienerzeitung und der allg. österreich. Zeitung widerlegen um dir eingetreues Bild unserer Zustände zu machen. Es ist unerhört, zu welchen Mitteln man greift, um uns die Sympathieen der Oesterreicher zu entziehen. Und leider gingen wir mitunter selbst in die Falle und das niederträchtige Komplott gelang besser, als es die Urheber vielleicht selbst geahnt. Doch sie werden nicht Waizen ernten, wo sie Unkraut gesäet haben. Wir werden viel¬ leicht untergehen doch auf unserm Grabe werden nicht sie die Siegesfahne pflanzen. Furchtbar kommt das Ungewitter von Osten, Süden und Norden. Jellachich, Gaj, Hurban, Kollär, Najacic, Wucie, u. s. f. dürften, im Falle sie siegen, ganz andere Dinge verlangen, als daß das ungarische Kriegs=, Finanz= und Handels=Mi¬ nisterium im Wiener=Ministerio aufgehen soll!“ P. W. Bermmwerlicher Aodetur Aler. Jul. Schindter; Mindaesenr F. 25. Arminge Druck und Verlag von Haas in Steyr.

Nro. Politische Wochenschau der zwanglosen Blätter. Steyr den 14. Oktober 1848. Aufruf an Deutsehland! Der Ban hat mit seinem Heere die Gränzen Un¬ garns überschritten, und das deutsche Bundesgebieth betreten. Seine Horden umlagern Wien, die deutsche Hoch¬ wachte der Freiheit gegen die Despotie und Barbarei des Ostens. Wer Bevollmächtigt ihn hierzu? Ein kaiserlcher Befehl, contrasignirt von einem verantwortlichen österreichi¬ schen Minister?? Nein, nein, und abermahls nein! sein Ehrgeitz ists, aufgestachelt und getragen durch die Ränke einer Camarilla jener besoldeten Tagediebe von Rang, denen die Sou¬ veränität des Volkes ein Abscheu, und die in vormärzlicher Hoheit ihren Fuß auf den Naken des armen Volkes setzen möchten. Wie im Wogensturm an den starren Felsenrissen das Neue Deutschland. Die Thätigkeit des Reichsministeriums, obwohl es mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, trägt ihre Früchte. Mit London, Paris, Nordamerika, dem Haag, Brüssel, Kopenhagen, Stockholm, der Schweiz, Sardinien und Neapel ist der völkerrechtliche Verkehr hergestellt, das einheitliche Deutschland also — obschon einstweilen nur provisorisch gebildet — ist in die europäische Völker=Fa¬ milie aufgenommen; — die Vertretung in Rußland, Spa¬ nien und in der Türkei fehlt noch; doch werden Konstan¬ tinopel und Madrid mit nächstem beschikt werden; was St. Petersburg betrifft, so beeilt man sich nicht sehr mit ihm in diplomatische Verbindung zu treten, und dieses mit Recht, Deutschland soll erst dann seinen Gesandten hin¬ schiken, wenn es des besten Empfanges seines Vertreters gewiß ist. Rußland, welchem die Vereinigung und Er¬ starkung Deutchlands unerwünscht kommt, scheint noch auf die Wühler in Deutschland zu hoffen, deren Sieg eine Spaltung herbeiführen müßte . . . . . .. wir hoffen daß dieses Hoffen ein getäuschtes sei. Preußen. Berlin. Die am 3. Oktober abgehaltene Sitzung der Reichsversammlung ist von größter Wichtigkeit, da das Ministerium durch einen Antrag des Abgeordneten Rod¬ bertus zu mehrfachen Erklärungen über die Stellung Preußens zur Centralgewalt ver¬ anlaßt wurde. Von guter Bedeutung erschien schon, daß die Regierung der Versammlung die schriftliche Be¬ zerbrechliche Schiff, so wird an den Heldensöhnen Wiens seine Macht zerstäuben! Der Absolutismus ringt den letzten Kampf mit der Freiheit, die Geschicke Oesterreichs und Deutschlands werden in Wien sich entscheiden. Die Ehre Deutschlands wird befleckt! der deutsche Boden ist entweiht! Deutschland! Du selbst verblutest an den Wunden, die man deinen Brüdern schlägt. Hans von Oester¬ reich! jetzt ist der Augenblick gekommen, wo Du uns zeigen wirst, daß dir die Ehre, die Freiheit und die Wohl¬ fahrt Deutschlands heilig ist, daß du die Glorie deines Namens strahlend und rein deinen Söhnen überlassen willst! stes. nachrichtigung gab, sie habe nach Empfang der Nachrich¬ ten vom Frankfurter Aufstand sogleich alle rheinischen Com¬ mandanten angewiesen den Requisitionen der Centralge¬ walt Folge zu leisten. Der Minister des Aeußern ver¬ sicherte, daß die preußische Regierung mit der Centralge¬ walt „durchaus Hand in Hand geht jund es wohl einsieht wie uns dadurch ein befriedi¬ gendes Ende herbeigeführt werdenkann.“ Eben so sagt auch der Finanzminister unter Anderm „die preußische Regierung sieht es für ihre Pflicht an, welche sie ge¬ gen Preußen und Deutschland gemeinschaftlich hat, mit allen Kräften die Lösung der dänischen Fragege¬ meinschaftlich mit der Centralgewalt zu errei¬ chen.“ Rheinpreußen. Am 2. Oktober wurde der Be¬ lagerungszustand von Köln aufgehoben. Die Ruhe wird nun wohl für eine Zeitlang hergestellt bleiben. Das Mili¬ tär hat sich rühmlich benommen, — nur dadurch war Blutvergießen vermieden. Schleswig=Holstein. Die dänische Regierung, welche ihre Pläne Schles¬ wig betreffend, mit einer Energie und Ausdauer verfolgt, um welche sie die deutsche Regierungen beneiden dürften, hat durch ihre Gesandten in Paris dem Minister der aus¬ wärtigen Angelegenheiten eine Erklärung zur Unterzeich¬ nung vorgelegt, in welcher Frankreich sich auf das Ent¬ schiedendste verbindlich macht, die Trennung Schleswigs nie und unter keiner Bedingung zuzugeben. Eine gleiche

Erklärung ist dem Kabinette von London, dem rußischen und schwedischen Kabinette vorgelegt worden. Wir wollen sehen, was jedes dieser Kabinette dazu sagt. Italien. Die friedliche Beilegung der italienischen Angelegen¬ heiten wird sehr zweifelhaft. Man glaubt von keiner Seite in seinen Forderungen irgend etwas nachlassen zu können, und man steht heute strenge in derselben Entfernung be¬ züglich der Grundlage einer Vermittlung, als am Tage nach ihrer Annahme. Ueberdieß scheinen die Ereignisse im Piemontesischen selber eine Richtung zu nehmen, welche Karl Albert leicht zum Kriege zwingen könnten. Die ganze „ein einiges Italien“ predigende Partei sammelt sich in Turin und wird vermuthlich dem ohnehin schwachen Ministerium die Hände binden, wenn nicht gar es stürzen. Ob Karl Albert sich an Wechselfällen des Krieges oder lieber denen einer Revolution sich unterwerfen wird, ist die Frage. Wendet er sich zum Krieg und überschreitet dann Radetzky den Tessin, — so ist ein allgemeiner Krieg nicht mehr aufzuhalten. Oesterreichisches Italien. Am 2. Oktober fand eine theilweise Allarmirung Mailands statt, in der Gegend der Porta Ticinese, einer der verrufendsten der Stadt. Gegen Abend wurde die Verhaftung eines vormaligen öster¬ reichischen Beamten vorgenommen. Der damit beauftragte Offizier nahm nur vier Mann mit. Das Volk, als es diese schwache Bedekung sah, schikte sich sogleich an, den Gefangenen zu befreien. Man fing an mit Steinen zu wer¬ fen, auf die Soldaten einzudringen, und in dieser Unord¬ nung gelang es dem Arrestanten wirklich in ein Haus zu entkommen. Herbeigeeiltes Militär versprengte die tumul¬ tuarische Masse, und suchte in den Häusern nach dem Ent¬ sprungenen. Mehre Leute wurden abgeführt; ob einer davon der rechte ist, wird sich zeigen. Frankreich. Der Moniteur erklärt, daß der Ort für den italieni¬ schen Congreß noch nicht festgesetzt, in keinem Fall Inns¬ bruck sei. Der König von Neapel, aufgefordert in den sicilischen Angelegenheiten die englisch=, französische Ver¬ mittlung anzunehmen, hat geantwortet: die Vermittlung irgend einer Macht zwischen seiner Krone und seinen Unterthanen könne er nicht annehmen, jedoch wolle er die Feindseligkeiten so lange einstellen bis der englische und französische Admiral in den sicilischen Gewässern neue Be¬ fehle ihrer Regierungen erhalten hätten. Spanien. In Malaga hat man Verhaftungen vorgenommen, und die Verhafteten alsbald nach Ceuta deportirt. Man kennt den Anlaß dieser strengen Maßregel nicht. Alle Be¬ richte aus den Nordprovinzen lassen aber daselbst eine größere carlistisch=republikanische Erhebung voraussehen. Aus Barcellona wird gemeldet, daß Cabrera an der Spitze von 1000 Mann in der volkreichen Stadt Castellon der Ampunas eingerükt und nach Zerstörung der dortigen neuen Festungswerke wieder abgerükt war. An mehreren Punk¬ ten Cataloniens hatten weitere Gefechte mit Factionen stattgefunden; namentlich eines bei Labajol zwischen Ca¬ brera und zwei Abtheilungen königlicher Truppen, in dessen Folge der Carlistenchef sich nach Frankreich geflüchtet haben soll. Die Provinzen Ciudad Real und Toledo sind in Belagerungszustand erklärt. F. W. A. Wien. Wien am 12. Oktober. Sie haben Wien zum Letztenmale im Brautschmuk der Freude gesehen! sehen Sie es jetzt wie sehr hat sich Alles verändert! Und doch wie schwillt das Herz von Bewunderung und tiefinniger Freude, über den Muth und die Thatenlust, die aus aller Augen hervorblitzt, über die Einmüthigkeit, die Jung und Alt zu Brüdern verbündet! Hornbostel, der den Kaiser in Hadersdorf einge¬ hohlt hatte, und dort längere Zeit nicht vorgelassen wurde, hat abgedankt, da er die Manifeste nicht contrasigniren wollte, die ihm dort vorgelegt wurden. Dobblhof ist noch immer an's Krankenlager gefesselt, und so hat Kraus, wie ein Atlas die Wust der Geschäfte auf seinen Schul¬ tern allein zu tragen, das Gerücht, das gestern hier ver¬ breitet war, und so viele gerechte Erbitterung in allen Gemüthern hervorgebracht hatte, daß Windischgrätz zum Premierminister ohne Contrasignatur ernannt sei, hat sich nicht bestätigt. In einer Korrespondenz aus München v. 4. d. M. habe ich vor einer Viertelstunde in der öster. Zeitung gelesen, daß am 3. Windischgrätz auf seiner Reise nach Italien im dortigen Theater gesehen wurde. Zwar haben wir heute den zwölften, und Windischgrätz kann seit der Zeit den Weg hieher dreimahl zurükgelegt haben. Der Reichstag geht als höchste Erecutiv=Gewalt vor, und wird von allen Partheien auf das Kräftigste und Bereitwilligste unterstützt. Der am 6. d. M. in's Leben getretene neue Gemeinde¬ rath hat sich in Permanenz erklärt, und ist mit dem Reichs¬ tage in beständige Relation getreten. Er beschäftigt sich mit der Verproviantirung der Stadt, und sucht Ruhe und Ordnung (im Vereine mit der National=Garde) zu erhalten, was ihm bei dem gesunden Sinne unseres Volkes auf Dem Reichstage eine glänzende Weise gelungen ist. zunächst genießt das Studenten=Comité das höchste Zu¬ trauen von allen Klassen der Bevölkerung, und jeder Billig Denkende muß gestehen, mit welchem Takt und Umsicht es zu Werke geht. Von Brünn, Olmütz und Steyermark sind uns National=Garden zu Hülfe gezogen — und die Oberösterreicher? So eben verbreitet sich das Gerücht, Graf Auersberg soll abgedankt haben, und die ungarischen Vorposten sollen mit der croatischen Nachhut in ein lebhaftes Gefecht ge¬ rathen sein. Wo Jellachich sein Lager aufgeschlagen, weiß ich Ihnen nicht zu sagen, ebenso ob und wann er es wagen wird Wien anzugreifen! Seine Horden werden zerschellen an unserem Muth und unsrer Einigkeit! Gott gebe uns den Sieg! ächsten Mittwoch Die beiden Redakteure sind auf kurze Zeit nach Wien abgere erscheinen. Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredacteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Haas iu Steyr.

Nro Politische Wochenschau der zwanglosen Blätter. Steyr den 21. Oktober 1848. Deutschland. Frankfurt. In der Sitzung am 13. Oktober wurde auf schleunige Aufhebung der Spielbanken und Lotterien angetragen. Der Abgeordnete Schulz interpellirt über Schutz der deutschen Interessen in der Moldau und Walachei — gegen rußische Uebergriffe. Hofrath v. Welcker und Obrist Mosle sind am 13. Abends als Reichscommissäre nach Oesterreich abgegangen, und am 16. Vormittags in München eingetroffen. Ihre Aufgabe, die österreichischen Wirren zu lösen, an und für sich eine äußerst schwierige, wird noch durch den Umstand erschwert, daß in Frankfurt selbst noch keine klare Ansicht über den wahren Stand der Dinge in Oesterreich, und sonach auch keine entschiedene Politik des Reichsministeriums in dieser wichtigen Frage sich gebildet zu haben scheint. Hier in München, wo so viele nähere Beziehungen ein Verständniß der österreichischen Verhälnisse erleichtern, und wo eine ungleich größere Leidenschaftslosigkeit in politischen Partheifragen als in Frankfurt ein unbefangeneres Urtheil möglich macht, werden sicherlich die beiden Herren manche schätzbare Aufklärung für ihre wichtige Sendung erhalten.*) Wie ich höre, haben sie sich bereits mit dem Minister des Aeußern, Grafen Bray, und mit andern Staatsmännern ins Einvernehmen gesetzt. Sind bereits in Wien eingetroffen. Der Minister des Innern, v. Dittmar, wird heute Abend von einer Reise nach Regensburg, für die er einen fünf¬ tägigen Urlaub genommen, hieher zurückkehren. (Dadurch widerlegt sich wohl das gestern erwähnte Gerücht von sei¬ nem Austritt aus dem Ministerium.) Schleswig=Holstein. In Rendsburg beschloß eine Versammlung der Demokraten der Herzogthümer unter I. Olshausens Vor¬ sitz die bekannten verhaßten Waffenstillstands=Bedingungen nicht zur Ausführung zu bringen, sondern nöthigenfalls die Steuern=Zahlung zu verweigern. Frankreich. Die Provinzen haben ein Mißtrauensvotum abgege¬ ben. Protestationen sind in großer Zahl eingelaufen und in vielen Departements kümmern sich die Generalräthe nicht das Mindeste, und werden nach wie vor ihre Beschwerden und Wünschen formuliren. Neue Sorgen für Cavaignac. *) Aber Obrist Mosle ist ja ein österreichischer Soldat. Wüßte man in Deutschland den günstigen Augenblik zu fassen, würde man jetzt allermeist auf einer billigen und raschen Erledigung der italienischen Angelegenheiten be¬ stehen. Die überraschende Schnelligkeit, womit die Cen¬ tralregierung zu Frankfurt am Oberrhein ein ganzes Armee¬ Corps, das unverweilt ins Feld rüken könnte, zusammen¬ gezogen, gibt den Verhältnissen eine solche Wendung, daß die Nachgiebigkeit gegen Dänemark als ein entschie¬ dener Sieg angesehen werden muß. Provocirt Dänemark abermals auf eine Entscheidung durch die Waffen, so mag es sehen, wie es alsdann zurechtkommen wird. Der französische General Cubieres soll das Com¬ mando der piemontesischen Truppen übernehmen. Louis Napoleon gewinnt sehr an Popularität. Er fährt im offenen Wagen fleißig durch die Straßen von Paris und grüßt mit außerordentlicher Freundlichkeit links und rechts zum Wagen hinaus. Großbritanien. London 12. Oktober. Ein Portsmouther Blatt sagt: Man habe starken Grund zu vermuthen, daß England im Bunde Frankreich entschlossen sei den König von Neapel an der Wiedereroberung Siciliens zu verhindern; da man aber wisse daß Rußland dieser Intervention entgegen sei, so werde, unter dem Vorwande die Linienschiffe Hibernia, Superb und Rodney abzulösen, die brittische Mittelmeer¬ flotte unter Sir William Parker alsbald durch die Cale¬ donia, den Prince Regent und den Bellerophon verstärkt werden. Ueberdieß solle der St. Vincent von 120 Ka¬ nonen, der Sir Charles Napiers Flagge führt, nach Lissa¬ bon steuern, und werde dort, als auf halbem Wege nach dem Mittelmeer befindlich, gleichfalls zu jener Flotte ge¬ rechnet werden können. Das Chronicle hat die Notiz abgedrukt ohne eine Bemerkung beizufügen. Times ent¬ hält einen leitenden Artikel voll scharfen Tadels über Pal¬ merstons bisherige Politik gegen Neapel und Sicilien. Daily News läßt sich aus Neapel schreiben, man beab¬ sichtige den zweiten Sohn des Königs als König von Sicilien mit einer freisinnigen Verfassung einzusetzen, und man habe Hoffnung, daß dieser Plan von den Kammern in Palermo werde angenommen und damit der Streit aus¬ geglichen werden. Gallizien. Es gibt hier neue polnische Agitationen in Folge der ungarisch=österreichischen Wirren. Seit der Ankunft der ehemaligen polnischen Generale Dwernizki und Bem (jetzt in Wien) hat die Lemberger Polenparthei einen Zuwachs

6 von etwa 2000 polnischen Emigranten aus allen Winkeln der Erde erhalten. Diese werden von polnischen und polnisch=deutschen Patrioten beherbergt und verpflegt. Der besitzende polnische Adel hält sich dem Treiben ziemlich fern und lebt still auf seinen Gütern. Von der Ultramagyaren¬ parthei kommen bedeutende Geldsendungen durch vertraute Juden an die Bewegungsparthei. Bem und Dwernizki, und mit ihnen die Arbeiter und Studenten wollen den Fort¬ schritten Jellachichs „dieses Attila des Wiener Hofes“ nicht ruhig zusehen. Es sammeln sich große Haufen um den Magyaren zu Hülfe zu eilen. Vielleicht sind sie bereits in Wien eingetroffen. Italien. Oesterreichisches. In Triest gab es einen durch die Wiener Ereignisse herbeigeführten Krawall der italieni¬ schen Partei, die ihren Wunsch eines Anschlußes an Ita¬ lien durch entsprechende Ruhe kundgab. Unter solchen Um¬ ständen ist es von bedenklicher Bedeutung, daß die Nach¬ richten aus Paris und Turin wieder kriegsbedrohlicher lauten. Sardinien. Die Unzufriedenheit der Einwohner mit der Regierung ist nicht im Abnehmen, vielmehr im Wachsen; sie spricht sich gegen alles aus, was von Turin ausgeht. Es herrscht eine entschiedene Abneigung vor einem neuen in seinem Erfolge sehr unsichern Krieg; und man sprach bereits davon, Karl Albert habe seine Krone nie¬ dergelegt, um dadurch die Beendigung der lombardisch=vene¬ zianischen Wirren zu erleichtern, ohne sich persönlich durch Aufgeben seiner Zusagen lächerlich zu machen. Anderseits meldet eine englische Zeitung, der Standard, daß der Kö¬ nig von Sardinien in Birmingham 100 tausend Per¬ kusionsflinten bestellt habe, welche schleunigst geliefert werden sollen. Nöthigenfalls glaubt das Blatt, werde Palmerston den Defect aus den Waffensälen des Tower deken lassen. — Der General Oudinot, Kommandant der französischen Alpenarmee, war unlängst in Chambery um das piemontesische Militär in Augenschein zu nehmen, die Kasernen zu untersuchen, sogar Suppe und Fleisch zu kosten. Prännmerations=Anzeige auf das vierte Quartal 1848 der Salzburger Zeitung und der Juracia. Die politische Farbe und Haltung dieser Blätter blei¬ ben im nächsten Quartale nach wie vor dieselben, und wer¬ den es immer bleiben, denn wahre Ueberzeugung und Ge¬ sinnung wechseln nicht mit der Jahreszeit die Farbe. Unser Glaubensbekenntniß haben wir am Anfange dieses Halbjah¬ res im Programme offen ausgesprochen, wir weisen darauf zurück — unser Lesepublikum wird uns das Zeugniß geben, daß wir nie davon abgewichen sind. So haben wir auch nichts hinzuzufügen, als daß sich der Kreis unserer Mitar¬ beiter und Correspondenten neuerdings um tüchtige gediegene Kräfte vermehrt hat, und wir dadurch künftighin noch mehr als bisher zu bieten im Stande sind. Die Eintheilung der Salzburger Zeitung bleibt die bisherige. Leitende Artikel werden fortlaufend die wichtigen Fragen des Tages in ernster entschiedener Haltung besprechen. Die Verhandlungen der Reichstage in Wien, Frankfurt u. s. w. werden ihrem wesentlichen Inhalte nach mitgetheilt; ebenso die Verhandlungen des Salzburger Gemeinde=Ausschusses. Der ämtliche Theil des politischen Blattes und der historische Theil desselben, so wie das Amts= und Intelligenz=Blatt und die Sprechhalle bringen wie bisher die ihnen zukommenden Mittheilungen. Als Feuilleton bleibt der Salzburger Zeitung beigegeben, kann aber auch besonders abonnirt werden: die wöchentlich zweimal erscheinende Judatia. eine Rundschau auf dem Gebiete der Politik, der Literatur und Kunst, der Industrie und aller anderen vaterländischen Interessen. Die Salzburger Zeitung erscheint mit Ausnahme der Sonntage und Donnerstage täglich; das Amts= und Intelligenz=Blatt jeden Montag und Freitag; die Juvavia jeden Sonntag und Donnerstag; die Sprech¬ halle in unbestimmten Zwischenräumen. Man pränumerirt in Salzburg im Zeitungs=Comptoir auf dem Rathhaus¬ platze Nro. 330 im 1. Stocke, und zwar auf alle diese Blätter zusammen mit 6 fl. 40 kr. C. M.; halbjährig, mit 3 fl. 20 kr. C. M. vierteljährig. Auf die Juvavia allein mit 1 fl. C. M. halbjährig, mit 30 kr. vierteljährig. — Alle k. k. Postämter nehmen Pränumeration an mit Beigabe der Expeditionsgebühr von 50 kr. C. M. ohne, und 1 fl. 15 kr. C. M. mit Couvert halbjährig für tägliche Zusendung. — Inserate aller Ark werden ausgenommen und der Raum einer Spaltenzeile im Amts= und Intelligenz=Blatte: mit 4 kr. C. M. das erste Mal, und 1 ¾ kr. jedes folgende Mal; Inserat =Artikel in der Sprechhalle mit 1 kr. C. M. für die Zeile. Optiker J. Hutter, Steyr, Stadtplatz Nro. 111, verfertigt und reparirt alle Gattungen Augengläser. — Käufer erhalten dieselben auf Probe. Vranwerlicher Rodaetenr Ater. Jul. Schindler; Muredaeter F. 25. Arming. Druck und Verlag von Haas in Steyr.

Nro. Politische Wochenschau der zwanglosen Blätter. Steyr den 28. Oktober 1848. Deutschland. Am 14. Oktober haben die Herren Reichscommissäre Major v. Teichert und Hauptmann v. Möring die Fre¬ gatte „Deutschland,“ das Kanonenboot „Sanct Pauli, die Dampfer „Hamburg“ „Lübek“ und „Bremen“ sammt den darauf befindlichen Mannschaften ganz, die Corvette „Franklin“ aber unter Vorbehalt der Genehmigung des Reichsministeriums, für die deutsche Centralgewalt unter entsprechender Feierlichkeit übernommen. Am 18. Oktober ist Erzherzog Stefan in Frankfurt angekommen. Gutachten des Ausschusses für die österreichischen Ver¬ hältnisse: 1) Die Absendung von Reichskommissären, um nach Maßgabe der von denselben einlaufenden Berichte die weiteren Maßregeln zum Schutz der deutschen Interessen zu ergreifen. 2) Die Aufforderung des Reichsministeriums in Oesterreich alle betheiligten deutschen Interessen zu wahren und der Auftrag an dasselbe, alle deutsch=öster¬ reichischen Truppen zur ausschließlichen Verfügung der gesetzlichen und verantwortlichen Organe zu stellen, welcher Vollzug dieser Anwendung den Reichskommissären zu über¬ tragen ist. Baiern. München erlebte Vorfälle, die der Stadt und den Behörden, welche Ruhe und Ordnung zu wahren haben, ihrer unbegreiflichen Lässigkeit wegen wahrhaftig nicht zur Ehre gereichen. Schon am 17. d. M. gab es einen Bierkrawall mit Zerstörung der Gebäude Verwun¬ dungen und Verhaftungen, und am 18. Morgens um 7 Uhr wurden diese Auftritte in der Art fortgesetzt, daß zu ernsten Maßregeln geschritten werden mußte, welches jedoch ziemlich spät geschah. Dabei wurde ein Schuh¬ machergeselle der Hauptanführer der Plünderer vom Schloßer¬ meister Born, „im Stande der Nothwehr“ erschoßen, Mehre verwundet, die Einrichtung der Bräuhäuser zertrüm¬ mert, Bäkerläden und Tabakgewölbe geplündert u. s. w. Der Tumult dauerte lange bis endlich der Generalmarsch die Bürgerwehr und Freikorps zusammenrief, welche mit den Linienmilitär=Abtheilungen die Plätze umstellten und sich der Zerstörer bemächtigten; etliche 50, theils Soldaten, theils Arbeiter wurden verhaftet. Die Straßen wurden militärisch besetzt, selbst Kanonen aufgeführt. Auf solche Weise wurde also in München der für ganz Deutschland denkwürdige 18. Oktober gefeiert. Würtemberg. In Ulm gab es eine blutige Schlä¬ gerei zwischen den würtembergischen und den österreichi¬ schen Soldaten; und dieß am 18. Oktober, an dem Tage der die deutschen Heere vereinigt gesehen. Hannover. An die Stelle der Oesterreicher, welche zu den in Thüringen aufzustellenden Reichstruppen kom¬ men sollen, welche man aber in ihrer Heimath nicht ent¬ behren zu können vermeint, traten 6000 Mann Han¬ noveraner. Preußen. Berlin. Auch hier wieder Unruhen. Seit einigen Tagen hatten die Erdarbeiter auf dem Köpeniger Felde allerlei Unfug verübt, eine Maschine zerstört und dgl. Es mußte Bürgerwehr zur Bewachung aufgestellt werden. Am 16. Oktober Mittags kam es zu einem traurigen Conflict. Die Arbeiter beschimpften die Bürgerwehr, wurden zu¬ rückgedrängt, sammelten sich wieder und griffen mit Stein¬ würfen an, es fielen auch einige Flintenschüße. Die Bür¬ gerwehr gab nun auch ihrerseits Feuer, und es blieben eine Anzahl Todte. Die Stadt gerieth in Allarm, es wurde Generalmarsch geschlagen, in einer Stunde war alles unter Waffen. Inzwischen hatten die Arbeiter Bar¬ rikaden erbaut, und von allen Seiten zogen Arbeiterhaufen mit rothen Fahnen durch die Stadt. Nachmittags um 4 Uhr brachte ein Arbeiterzug 5 blutige Leichen durch die Straßen. Das Militär wurde sogleich in den Casernen consignirt, aber als ein sogenannter Sicherheits=Ausschuß vermeinte, der Augenblick sei da, um die Säbelherrschaft zur alten Herrlichkeit zurückzuführen, erklärte die Bürger¬ wehr mit Entrüstung, daß, sowie ein Soldat auf dem Kampf¬ platz erscheint, sie mit dem Volke gemeinschaftliche Sache machen werde, und die blutige Verantwortlichkeit müsse dann auf die Häupter der Veranlasser fallen. Der politische Bestandtheil dieses Kampfes hängt mit den Vorgängen in Wien und mit der am 15. gehaltenen Feier des Geburtstages des Königs zusammen. Man hat unter den Arbeitern die Sage verbreitet, Preußen schike auf Verlangen der Centralgewalt 40 tausend Mann nach Oesterreich gegen die Demokratie, und bei dem Glükwün¬ schen soll der König den Deputationen gegenüber nicht freundliche Launen gezeigt haben, und seine bei dieser Ge¬ legenheit gesprochenen Worte, sind unter üblichen Entstel¬ lungen im Volke theils mündlich, theils durch fliegende Blätter fortgepflanzt worden. Er soll in seiner Antwort ganz besonders Gewicht darauf gelegt haben, daß Preußens Fürstenhaus „von Gottes Gnaden“ sei. „Ich mache Sie aufmerksam, meine Herrn“, sagte er, „daß wir noch eine angestammte Obrigkeit von Gottes Gnaden haben, die noch stark ist; dieß ist der einzige Grund und Boden auf dem das Wohl der Völker errichtet werden kann.“ Am 17. war wieder Ruhe eingetreten. Um 1 Uhr zogen die Arbeiter in großer Anzahl mit Musik und Fah¬ nen auf den Gendarmenmarkt, und schikten eine Deputa¬

tion an die Reichsversammlung, um bei dieser zu beantra¬ gen: 1) Untersuchung der gestrigen Vorfälle und Bestra¬ sung der Schuldigen, 2) feierliche Beerdigung der gefalle¬ nen Arbeiter auf Staatskosten; 3) Unterstützung der Ver¬ wundeten und der Hinterbliebenen der gefallenen Arbeiter; 4) Auszahlung des Taglohnes für gestern und heute. Diese Bitten wurden bewilligt, und am 18. war keine Stöhrung der Ruhe mehr. Italien. Wir dürfen uns nicht täuschen und glauben, die ita¬ lienische Revolution sei zu Ende. Die moralische steht da wie vorher in voller Kraft, nur die bewaffnete ist durch Radetzky's Umsicht und Kriegstalent und durch die tapfere Haltung seiner ausgezeichneten Armee bis jetzt zu Boden gedrükt, jedoch nicht vernichtet. Sie entfaltet im Geheimen die größte Thätigkeit, wirbt junge Leute mittelst Geld und Ehrenlokungen zu ihrer Fahne, welche dann plötzlich aus der Familie verschwinden, und wie man sagt ins Ausland ziehen, und immer neue Aufrufe des Sardenkönigs, allent¬ halben im Umlauf, rufen alle die, welche nicht Verräther des Vaterlandes sein wollen zu den Waffen. In Turin, als die Nachrichten der Wienerereignisse eintrafen, war allgemeine Aufregung. „Guerra! Guerra!“ ertönte es in den Straßen. Mailand. Radetzky hat 6000 Croaten zu Jella¬ chich abgesandt, — die Ungarn beharrten darauf heimzu¬ kehren, — es wurden gegen sie Kanonen aufgeführt. Genua. Die letzten Wiener Nachrichten haben hier allgemeinen Jubel erregt. Die Kriegslust erneuert sich mit Macht. Schon am 16. haben 2 Infanterieregimenter Genua verlassen, um an die lombardische Gränze vorzu¬ rüken. Von Mailand erwartet man jeden Augenblik Be¬ richte von einem neuen Aufstand, der zum Zeichen eines zweiten Einfalles dienen soll. Es wird hier eine Truppe dell' Independenza Italiana errichtet; deren General Gin¬ seppi Garibaldi sein wird. Die Zahl der Angeworbenen beläuft sich bereits auf 400, meistentheils Flüchtlinge aus den italienischen Nachbarländern, für deren Unterstützung und Erhaltung ein eigener Ausschuß nach Aufforderung des Circolo Italiano erwählt ist. Bei einer Generalver¬ sammlung des Circolo zur Besprechung dieser Angelegen¬ heit fehlte es nicht an rührenden Zügen von Vaterlands¬ liebe und Menschenfreundlichkeit. Mehre Herrn und Da¬ men reichten Ketten, Ringe und andere Geschmeide dar. Der Hauptgegenstand der öffentlichen Reden bei dieser Ge¬ legenheit war die Erneuerung des Krieges. Ein Prie¬ ster riß sein Ordensgewand vom Leibe, und schwur, daß er es nicht eher wieder anlegen wolle, bis auch der letzte Deutsche vom italienischen Boden vertrieben sei. Der Haß der Genueser gegen den deutschen Namen ist seit der Ankunft der vielen Flüchtlinge aus der Lombardei fast zur Raserei angefacht, wohl durch die Erzählungen von eini¬ gen wahren und unendlich vielen erdichteten Leiden und Gräueln, welche die Tedeschi gegen diese Flüchtlinge ver¬ übt haben sollen. Frankreich. Paris. Cavaignac verstärkt durch Dufaure und Vivien sein Kabinet, und vergrößert seine Majorität, wäh¬ rend er Thier's Candidatur und dessen Anhang schwächt. Toulon. Die Dampffregatte „Vauban“ ist nach der Küste von Italien abgegangen, um zu dem Mittelmeer¬ geschwader zu stoßen. Sie kam von Algier mit 150 Mann von der Fremdenlegion, lauter Italienern, welche dem Heere Karl Alberts einverleibt werden sollen. Sie sind bereits auf dem Marsche nach Piemont, eine Kompagnie bildend „Volontaires d'Afrique“ unter dem Befehle des Grafen Zuchi. Dieß ist zwar nur eine kleine Hülfe, aber sie zeigt den guten Willen der republikanischen Regierung. Wird jedoch in den Sitzungen der Nationalversammlung zu Paris der Minister der auswärtigen Angelegenheiten um Auf¬ schluß gefragt, wie Frankreich seine politische Aufgabe in Italien verstehe, ob die Regierung Angesichts der Er¬ eignisse in Oesterreich den König Karl Albert unterstützen werde, so kommt die Erklärung: in den auswärtigen Be¬ ziehungen hat sich nichts verändert, die Regierung ver¬ folgt alle Begebenheiten mit gleicher Aufmerksamkeit, auf weiter gehende Erörterungen kann sie sich aber selbst nicht einlassen, auch keinen Tag bestimmen, wenn sie dieses vermag. Französische Blätter über den Stand der italienischen Angelegenheiten: Die italienische Kriegsparthei, Gioberti (von der Turiner=Kammer am 18. d. M. zum Präsident erwählt) an der Spitze, bietet Alles auf, um den König Karl Albert zum Wiederbeginn der Feind¬ seligkeiten zu bewegen. Sie hat im sardinischen Kabinet den Beschluß herbeigeführt bei Frankreich und England einen dringenden Schritt zu thun, mit der Erklärung: wenn die Vermittlungsverhandlungen nicht soweit vorge¬ schritten seien, um den wahren Abschluß eines für die ita¬ lienischen Waffen ehrenvollen Friedens hoffen zu lassen, so werde Sardinien wieder die Offensive ergreifen. Der Marquis Ricci, als bevollmächtigter Minister, ist nach Paris, und hat sich zugleich an das englische Kabinet ge¬ wendet. Von beiden Seiten sind jedoch die Antworten ausweichend; namentlich von Seite des Pariser Kabinetes. Es scheint, entschloßen dem Prinzip der Nicht¬ intervention in Bezug auf Deutschland (Oester¬ reich) bei dem rußischen Hofe Geltung zu verschaffen, auch seinerseits diesem Prinzip in Bezug auf Italien nachkommen zu wollen. General Czarnowski organisirt eben 30 tausend Pie¬ F. W. A. montesen am rechten Ufer des Tessin. Verantwortlicher Redakteur Alex. Jul. Schindler; Mitredakteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Haas in Steyr.

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