"Großfahrt" in die Gottschee 1939

ihnen bei der Ernte geholfen. Am Feierabend sassen sie dann mit den Leuten beisammen, und haben mit ihnen Lieder gesungen und den Kindern Märchen erzählt Sie haben dafür gesorgt, dass in jedem Haus eine deutsche Fibel ist und wo die Bäuerin nicht Zeit hat dort tun es die Mädel vom Kulturbund und lernen mit den Kindern lesen, schreiben und singen. Und dann im Winter da haben sie angefangen mit den Bauernmädeln zu sticken. Da haben sie die alten Stickmuster auf ihren Trachten wieder hervorgesucht und sie auf Kopftücher und Taschentücher gestickt. Anfangs war das schwer für die grobe ungeübte Hand, aber nach und nach gelang es immer besser und jetzt liegen im Genossenschaftshaus ganze Stösse solcher Tücher, die von hier aus den Weg nach Deutschland nehmen, Sie versuchten dann auch Borten und Gürteln nach alten Vorlagen zu weben und bald hat sich eine regelrechte Heimindustrie entwickelt, die den notwendigen Lebensunterhalt für den langen Winter sichern hilft Die Burschen haben sich den Arbeitseifer der Mädel zum Vorbild genommen und begannen nach alter Väter Sitte mit Holzdreherarbeiten. Wie einst ihre Vorfahren, so ma¬ chen die Gottscheer Jungen auch jetzt wieder saubere Arbeiten:Teller, Holzschüsseln, Eierbecher, Kochlöffel und derlei Dinge mehr. Diese Heimarbeiten geben den jun¬ gen Leuten in der Gottschee wieder Gemeinschaftssinn und Halt für die langen Winterabende, Noch andere Schwierigkeiten waren da, die in zähem Kampf überwunden werden mussten. Da war zum Beispiel die Kleidung. Es war in den Jahren nach dem Krieg schon so weit gekommen, dass die Mädel die unmöglichsten Toiletten zur Arbeit trugen die ihnen ihre Verwandten aus Amerika schickten, wenn sie dort unmodern geworden waren. Nun aber sahen sie nach und nach ein, dass das Dirndlkleid zu ihrer Arbeit auf Feld und im Stall besser passt. Und die Mädel vom Kulturbund halfen ihnen beim Nähen. Am Sonntag nahmen sie dann das weisswollene, gestrickte Schultertuch, das sich jede sel¬ ber mit bunter Stickerei geschmückt hatte, und an den Blusen trugen sie den weissgestärkten Faltenkragen dazu, den sie von der Feiertagstracht iherer Vorfahren übernommen haben. So haben sie wieder zurückgefunden zu einer eigenen vernünftigen artgemässen Kleidung. Natürlich wollen wir nun alle diese Tücher genau besehen, Unsere Gottscheer Kameradinnen müssen sie von den Schultern nehmen, und allgemein bewundert wandern sie von Hand zu Hand. Da stimmt die Führerin eines ihrer Gottscheer-Lie¬ der an. Langsam, fast feierlich ernst klingt es durch den Raum. Eins nach dem anderen singen sie, mit ihren schönen etwas schwermütigen Weisen. Es sind die Lieder von ernsten Menschen auf hartem Boden. Dazwischen singen wir unsere Vilkslieder und Jodler, wohlauch das eine oder andere gemeinsame Lied. Ein Lied lernen wir von den Gottscheer Mädeln: „Dirndle, wer wird die wohl treaschten.. 2.

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