"Großfahrt" in die Gottschee 1939

22 klappert noch mit dem Kochtopf und den Esschalen, da kommt ein Mädel und holt den ersten Trupp ab. Es ist beinahe wie in der illegalen Zeit. Harmlos mischen wir uns unter die bummelnde Menge, biegen dann rechts ab durch ein paar stille Strassen. Mit der Taschenlampe leuchtet uns das Mädel eine Stiege hinauf. Wir kommen in einen geräumigen Turnsaal, er sieht sauber und ordentlich aus. Auf den Sesseln, die in einem grossen Kreis aufge¬ stellt sind, sitzen schon einige Gottscheer Mädeln im Dirndl mit den weissen, gefälteten Kragerln an den Blusen und dem wollenen selbstgestrickten Schultertüchern. Kaum sitzen wir beisammen, haben wir auch schon feste Kameradschaft geschlossen, und erzählen uns gegenseitig von unserem Leben und unserer Heimat. Sobald sie alle beisammen sind, wird unten sorgfältig abgeschlossen. Wir fangen mit dem gemeinsamen Lied an: Ein junges Volk steht auf. Es ist alles so, wie wir es in unseren Heimabenden gewohnt sind. Die Gottscheer Mädel wollen nun vor allem von unserer praktischen Arbeit im BDM hören. Hibo erzählt ihnen davon, aus der Verbotszeit und jetzt. Dann erzählt uns Elfi Lackner von ihrer Arbeit und von ihrer Heimat. Es wohnen da in Gottschee in den etwa 30 umliegenden Dörfern 16.000 Deutsche, Hier in der Stadt sprechen sie hochdeutsch, aber draussen am Land, da reden sie gottscheerisch, Sie haben sich ihren eigenen Dialekt gebildet die Bauern, während der 600 Jahre, die sie hier das Land bebauen, Sie sind von fast allen Gauen des Reiches hiehergekommen, damals im 14. Jahrhundert. Aus Bayern, Thüringe und Schwaben, aus Kärnten und Tirol sind sie hier angesiedelt worden, im steinigen Karst zur Strafe, weil sie sich als Rebellen gegen ihre Herrschaft empört haben. Da haben sie den Wald gerodet und das Wort hat wohl auch für sie gegolten: Der Erste hat den Tod, der Zweite hat die Not, der Dritte erst das Brot. Aber es ist ein sehr karges Brot gewesen, das sie dem Boden abgerungen haben. Zu Zeiten ist es so schwer gewor¬ den, dass viele sich aufgemacht haben, ihren Hof verlassen haben und nach Amerika ausgewandert sind. Immer wieder, bis in unsere Zeit, sind Jahr für Jahr eine Reihe der Besten ausgewandert und haben ein fremdes Volk mit ihrem Blut genährt.30.000 Deutsche aus dem Gottscheerland leben jetzt schon im Ausland, vorwiegend in Amerika. Erst voriges Jahr, erzählt Elfi, sind wieder 80 Mädel aus¬ gewandert, die hofften, drüben ein besseres Auskommen zu finden. Mancher Hof drohte leer zu werden, aus dem die Jungen fortwanderten und die Alten aussterben. Da ist es oft schwer geworden den Hof und Boden zu halten und nicht preiszugeben. Denn es besteht ein Gesetz, wonach Deutsche keine slowenischen Höfe aufkaufen dürfen, wohl aber Slo¬ wenen einen deutschen Hof. Da hat sich die Jugend zusammengetan im Schwäbisch¬ deutschen Kulturbund und hat angefangen zu arbeiten so, wie bei uns in der illegalen Zeit gearbeitet wurde. Die Mädels sind zu den Bauern hinausgegangen und haben

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2