Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1958

58 Denkmalen, das schlichte Steinbild eines in jungen Jahren verstorbenen Mädchens, das ich nie ungeschmückt antraf. Die Freiburger, und auch viele Studenten, die in dieser Stadt glücklich sind, lieben dieses spätbiedermeierliche Grab und bringen ihm ihre Blumen als Zeichen des Gedenkens und Lebensdankes. Je länger die zurückgelegte Lebensstrecke, desto mehr Kreuze an ihren Weg¬ markierungen — so geht es allen. Uns Geschöpfen einer kriegerischen und leben¬ raubenden Zeit sind sie schon früh beschieden, diese vielen Kreuze, und wie oft sind die Gräber unserer Toten unerreichbar für uns. Diese fernen Gräber verstärken das Gefühl unserer Verlorenheit und Heimatlosigkeit. Denn nichts bindet so sehr an einen Ort, wie das Grab eines geliebten Menschen, weil in ihm auch ein Stück unseres eigenen Herzens ruht. Darüber tröstet auch nicht die lebendige Verbunden¬ heit mit unseren Toten. Manchmal brauchen wir den Fleck, in den man sie zur Ruhe gebettet hat, so kindlich dies auch scheinen mag. In solchen Augenblicken hilft mir allein das einsame Grab zweier in der Ge¬ fangenschaft gestorbener Russen, die man auf unserem stillen kleinen Bergfriedhof begraben hat. Allein und verlassen sind sie gestorben, wie unsere toten Soldaten überall in der Welt. Aber überall in der Welt gibt es auch Menschen, die im stillen Verweilen an den Gräbern der Fremden sich den eigenen fernen Toten nahe fühlen. Und das ist ein Trost. HEIMAT Ottokar Kernstock Als schuldbeladen unter lauten Klagen das erste Paar aus Edens Pforten schritt, gab ihnen Gott, daß sie nicht ganz verzagen, ein kleines Stück vom Paradiese mit. Die Heimat, wo den ersten Kuß du fühltest, mit dem die Mutter dich willkommen hieß, wu du die ersten Kinderspiele spieltest, die Heimat ist ein Stück vom Paradies.

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