Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1917

188 Frau von Kerschberg, samt — ihrer Tochter Wigbert sprach die letzten Worte nur zögernd aus. Der Abt lächelte fein und sagte „Weiß es, hast ja mit Emma bei allen Festlichkeiten in Nürnberg getanzt und warst den Frauen stets zur Seite. Hast auch einmal der Kerschbergerin, als auf der Jagd ihr das Pferd scheu wurde und durchging, das Leben gerettet der Herr Burggraf oben hat's erzählt, der erst vor wenig Wochen von Nürnberg kam, wo er im Auftrage unseres gnä¬ digsten Herrn geweilt. War brav von dir, Wigbert —“ „Hat mir's schlecht genug gelohnt diese Tat, die Frau Ottilia,“ brach da Wig¬ bert, der bei seines Oheims Worten sehr unruhig geworden war, plötzlich los. „Hat mich dafür einen fahrenden Ge¬ sellen heut' genannt, als ich zu Mittag ihr meine Aufwartung machte und mir —47 die Tür gewiesen „Ei, um's heilige römische Reich, rief der Abt erstaunt, „wie käme die Kerschbergerin dazu, dir solche Worte zu geben? St. Petrus, jetzt weiß ich warum du von gestern auf heut' in Steyr bliebst und nicht nach Gleink weitertrabtest! Du warst bei der Kersch¬ bergerin heut' morgens, lieber Wigbert, die Frau Ottilia mag doch Grund ge¬ habt haben, dir solch' harte Worte zu sagen, denn täusch' ich mich nicht, so bist du ein wenig verliebt in ihre Tochter Emma „Nicht ein wenig, hochwürdigster Herr Ohm,“ sagte Wigbert, der in das rich¬ tige Fahrwasser kam, als der Abt auf seine Herzensangelegenheiten das Ge¬ spräch brachte. „In ehrlicher Miene bin ich Frau Ottiliens Tochter zugetan und hab' Emma heut' von der Kerschber¬ gerin zum Ehegemahl begehrt „O, Jugend und Verliebtheit,“ un¬ terbrach ihn der Abt lachend, „nur so ist es möglich, daß der tapfere Junker Wigbert übersehen konnte, daß Frau Ottiliens stolzer, hochfahrender Sinn mit ihrer Tochter höher hinaus will, als sie zur Frau Junkerin Hinterholzer zu machen! Jetzt find' ich auch die Worte begreiflich, die sie dir als Antwort ge¬ geben „Und billigt sie am Ende noch,“ sagte Wigbert unwillig und beleidigt durch seines Oheims Munterkeit: „dann hoch¬ —77 würdiger Herr Ohm „Dann läufst du mir auf der Stelle davon,“ ergänzte der Abt, noch immer gut gelaunt, fügte aber ernsthaft hinzu, wobei er die Hand auf Wigberts Arm legte: „Nur ruhig Blut, mein Lieber, bin ich auch Abt und lebe fern von dem Weltgetriebe, so bist du doch meines seligen Bruders Sohn, und hab' für dich zu sorgen, bis du auf eigenen Fü¬ ßen stehst! Wärst du zuerst nach Gleink gegangen und dann nach Steyr, hättest 77 du dir den Korb ersparen können „Hochwürdigster Herr Ohm —“ wollte Wigbert beginnen, etwas sagen, aber der Abt fuhr ruhig fort: „Hätt' ich für dich geworben, wär's —77 wahrlich anders geworden „Ohm — ihr wollet — ihr wär't imstande —“ stieß Wigbert freudig über¬ rascht hervor. „Ei, freilich wär' ich imstande, für dich zu werben,“ sagte der Abt lächelnd. „Aber — nicht für den Junker Wig¬ bert — für den Ritter Hinterholzer.“ Wigbert senkte betrübt das Haupt und die Hoffnungslosigkeit seiner Wün¬ sche einsehend, murmelte er: 77 1— „Ja wenn ich Ritter wär „Wär'st ohne Heim und Besitz, wie als Junker,“ sagte der Abt, „übrigens da fällt mir gerade zur rechten Zeit noch ein — bist ja Ritter von heute an, es hat dich unser gnädigster Herr und Herzog ja in den Ritterstand er¬ hoben „So war's kein Irrtum, als er zu mir Ritter Wigbert sagte? So hätt er sich nicht bloß versprochen?“ „Nein. — Es war wie gemeint, so gesagt —“

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