Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1907

oft in Schutz. Der Vogt verlangte hie und da von Zauch auch Dienste welche nicht im Zusammenhange mit Jagd und anderen Herrenbeschäftigungen standen, welche dieser aber zu tun sich weigerte, sich dann destomehr von den Ansiedlern abschloß und tagelang oft nicht gesehen wurde. Er hauste in der kleinen Höhle am Stein hinter dem Turm, wo Reta und Rupprecht jetzt den kleinen Bären herausgeholt hatten, und neckte man ihn deshalb, dann richtete sich Zauch hoch auf und sagte blitzenden Auges: „Ich bin als Geisel hier bei euch nicht als Knecht — ich wohne auch nicht unter Knechten, wie ihr alle es seid. Ich bin ein Prinz') und mir kommt es allein zu, darüber zu bestimmen, was ich tun will, nicht euch! Dann lachten die Ansiedler wohl hell auf, redeten ihn scherzweise mit „Herr Prinz“ an und nannten den Fels woran der Turm gebaut war weil der Avare von dessen Höhe täglich sehr oft gegen das Avarenland in ungestillter Sehnsucht auslugte, „des Prinzen Stein“ und be¬ zeichneten scherzweise auch damit den Ort wo er wohnte. Der wackere Pipin aber, weiter herum¬ gekommen in den Grenzgauen und oft im Avarenlande tief drunten gewesen, daher vertraut mit Spracheund Sitten derselben, hatte rasch erkannt, daß dieser „Geisel“ von nicht geringer Herkunft sei, und meinte oft begütigend „Laßt doch den Avaren in Ruh! Er hat ja recht, wir haben ihn hier als Geisel und nicht als Gefangenen, was stört ihr ihn in seinem Tun? Gebt acht, die Avaren werden ihn noch zurückver¬ langen und wehe dann uns, so ihm ein Leid widerfahren— sie rotten uns dann aus mit Feuer und Schwert, seid doch vernünftig, Leute! So ließen sie ihn denn auch in Ruhe und der Avare lebte ganz seinen für die Ansiedler „unterm Stein“ oft so seltsamen Neigungen. *) D. h.: ein Fürst. Das Wort Prinz hatte damals nicht den Sinn von heute und das lateinische Wort „Prinz wurde von Deutschen und Avaren in der Rede gar oft in der Bedeutung von „Fürst“ gebraucht. 101 Der Lärm, den Reta und Rupprecht machten, als sie das Bärlein jetzt vom Stein herabschleppten, hatte die Leute in der Ansiedelung aufmerksam gemacht und bald waren einige Weiber und Männer um die beiden und fragten und wunderten sich, lachten und streichelten und reizten das Bärlein, das sich dagegen wacker wehrte, mit den dicken Pranken zuschlug, den kratzte und die biß, und zappelte, daß es eine Art hatte „Was mit dem Bärlein nun geschehen sollte?“ fragte einer der Männer und ein anderer meinte gar rasch darauf: „Erschlagen, abhäuten und räuchern, gibt einen feinen Imbiß! Da richtete sich aber Reta trotzig auf und sagte drohend: „Da wird nichts daraus, du Lecker¬ maul, ich habe das Bärlein entdeckt und mit Rupprecht herabgeholt, es ist mein, ich ziehe es mir auf! Sie lachten alle, wie sie da herum¬ standen, und nannten Reta sogleich eine „Bärenmutter“ der Avare aber drängte sich durch die Leute, stellte sich wie schützend vor Reta hin und sagte auf den Bären zeigend, bald die Leute bald Reta ansehend, sehr bestimmt im Ton „Schweigt, der Bär ist mein, in meinem Wohnort wurde er gefunden Einem Weibe verzeihe ich, daß es mein Eigentum an sich genommen, aber Retas Vater hat mir oft Gutes erwiesen, Reta mag den Bären behalten, als Geschenk von mir für das Verdienst ihres Vaters! „Ganz wie ein Prinz redet er wieder der Avare“, spöttelte einer der Männer „was hat er hier dreinzureden? Reta aber, die blutrot im Gesichtchen geworden war, sah herüber zum Sprecher und sagte trotzig: — sein ist das „Zauch hat recht Bärlein! Hätt' es sich unter unser Dach verlaufen, dürfte er auch darüber nicht verfügen; nimm dein Eigentum, Avare, ich brauche kein Geschenk von dir! „Wahr“, pflichtete Rupprecht bei und sie hielten ihm ihren zoltigen Gefangenen hin. Der Avare griff aber nicht darnach und ein verächtliches Lächeln umglitt

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