Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1905

10 Spähers, nicht erklären konnte .... Sein scharfes Nachtfalkenauge durch¬ drang das Gebüsch trotz der raben¬ chwarzen Nacht, denn sollte Verrat im Spiele sein, so konnten die Akziser nur hart am Gestade im Hinterhalt liegen, da sie sonst die Schwarzach nicht über¬ wachen konnten! Schon wollte er leichter aufatmen, indem er hoffte, nun müsse sich, wie schon oft, auch dieses gewinnreiche lichtscheue Geschäft für ihn erfolgreich ab¬ wickeln, da drang ein schwacher, verdäch¬ tiger Ton an sein Ohr, gleich dem Knacken eines Büchsenhahnes! Sofort lag Martl platt am Boden im tiefen Neuschnee und hielt seinen Doppelstutzen chußfertig . . . . Doch alles blieb toten¬ still, und nur mehr das Rauschen des immer höher gehenden Flusses war hör¬ bar, in das sich das Geräusch des näher¬ kommenden Ochsentriebes mischte! Verdächtig blieb aber das Ding doch! Und—als jetzt der Hirschhofer mit größter Vorsicht, ziemlich von einem Erlenstrunk gedeckt, aufstand, da mußte er auf Kugelweite schwarze Gestalten sich die erheben sehen! ... Ohne Zweifel — Grünröcke! . . .. Also verraten und ver¬ kauft! Schon wollte er zu den Ochsentreibern zurücklaufen, so schnell wie ein Hirsch doch dascholl ihm der donnernde Haltruf durch den heulenden Wind ent¬ gegen! Fluchend sprang Martl durch das „ Gebusch zurück; da blitzte es auf; der Sturm ward übertönt durch einen dum¬ pfen Knall; darauf wurde es sofort lebendig am Gestade. Der Hirschhofer sah sich und die anderen Schwärzer bis auf die Wasserseite gleich dem Wilde aus einer Treibjagd eingekreist ... Er be¬ fand sich bereits bei den vordersten seiner Leute, die, ziemlich gedeckt vor dem Feuer der Grenzer, den etwaigen Angriff der¬ selben auf den Knien schußbereit erwar¬ teten! Er schrie diesen zu: „Aufhalten, aufhalten!“ . .. Gleich darauf befand er sich bei den Treibern und keuchte: z’ruck mit dem Vieh!“ Doch „Z'ruck! war es nicht leicht möglich, in diesem dicht verwachsenen Busche den zum Um¬ wenden für einen so bedeutenden Ochsen¬ trieb nötigen Raum zu gewinnen. Die Tiere waren schon durch den früheren langen Marsch, dann durch das eisige Wasser, als sie die Schwarzach übersetzen mußten, durch den schon lange währen¬ den wütenden Schneesturm, sowie durch die unmenschliche Behandlung sehr er¬ schöpft und unruhig — nun endlich machte ie das andauernde Schießen ganz scheu! Wohl konnten einige Stücke nochmals zurück in die Wellen geleitet werden, die meisten jedoch rissen sich los und stürzten in wilder Flucht gesenkten Kopfes in die Nacht hinein! Auch die Pascher wichen schnell zu¬ rück, denn ihre Lage hart am Gestade des wvildschäumenden Flusses, der immer höher stieg, war die denkbar gefahrvollste, da ihnen nun jede Deckung gegen die Schüsse der sie verfolgenden Akziser fehlte! Wirklich lagen schon mehrere Schmuggler angeschossen und stöhnend im Schnee der Uferboschung, und der Rest der Pascher feuerte noch die letzten Schüsse auf die ihnen so verhaßten Grünröcke ab und warf sich dann in die finstere, schauerlich gurgelnde Flut, welche den Männern die Knochen erstarren ließ. Die alten Stutzen konnten sie nicht mehr laden, ehe sie in den Fluß getaucht, und so waren sie fast wehrlos gegen die Gendarmen, welche ihnen, als sie ans andere Gestade ge¬ kommen, von allen Seiten, wie aus dem Boden gewachsen, entgegensprangen. Jeder Rückzug war den Schwärzern ab¬ geschnitten, und voll Verzweiflung, da es nun ans Leben ging, kämpften sie um ihr armseliges Dasein; allerdings verteidigte der Hirschhofer mit seinen Riesenkräften die sehr zusammenge¬ schmolzene Schar feiner Genossen, machte auch etliche Feinde kampfunfähig, allein die Uebermacht erwies sich als zu groß und der Rest der Schmuggler ergab sich endlich! Martl schleuderte jetzt seinen Doppel¬ stutzen in das Wasser, faßte blitzschnell den Gendarmen, der sich ihm entgegen¬ gestellt hatte, mit einem Griffe um den

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