Gemeinderatsprotokoll vom 18. Juli 1931

Gefahren aufmerksam gemacht habe. Ich habe im April dieses Jahres einen eingehenden Bericht an die Landes- und Bundesregierung abgeschickt, indem alle unsere Forderungen und Vorschläge niedergelegt wurden. Auf diesen Bericht habe ich von der Landesregierung die Antwort erhalten, dass sie die Eingabe an die zuständigen Ministerien weitergegeben habe. Nun steht das Finanzministerium auf den Standpunkt, dass die von uns in der Finanzverfassung begründete Sonderbehandlung bei der gegenwärtigen budgetären Lage des Bundes in absehbarer Zeit unter keinen Umständen in Betracht komme. Was den Ausgleichsfonds anlangt, so hat die Landesregierung eröffnet, dass diese Frage der Beschlussfassung des Landtages überlassen bleibe. Wir sind also innerhalb des letzten Jahres um keinen Schritt weiter gekommen. Das Finanzministerium scheint sich über den Ernst der Lage in dieser Stadt keineswegs im Klaren zu sein. Ich habe in der letzten Zeit beim Bundeskanzler die furchtbare Lage von Steyr geschildert, ohne Erfolg. Ich weiss nur, dass der gegenwärtige Zeitpunkt sicherlich sehr ungünstig ist, für unsere Stadt ausserordentliche Massnahmen zu erwirken. Ich sage mir aber, dass der Staat, der sich verpflichtet fühlt, den Zusammenbruch von privatkapitalistischen Unternehmungen durch Leistung von unerhörten Summen zu verhindern, einer Gemeinde, die mitten in einem solchen Zusammenbruch ist, mindestens ebenso helfend beispringen muss, noch dazu, wo diese Gemeinde nicht etwa aus Leichtsinn in diese Lage versetzt wurde, sondern durch die furchtbare Dauerarbeitslosigkeit in einem noch nie dagewesenen Umfang. Wir dürfen uns auch nicht verhehlen, dass der kommende Winter an unser Armenbudget ganz besondere Anforderungen stellen wird, wir müssen uns aber darüber klar sein, dass man die verzwifelten Menschen in dieser Stadt nicht mehr lange mit Worten trösten kann, wir müssen also in irgend einer Form den Kampf gegen den Hunger aufnehmen.

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