Gemeinderatsprotokoll vom 2. September 1920

4 1 Oberösterreichische Landes=Hypothekenanstalt. Linz, am 26. August 1920 ad Z. 760 An den Magistrat der Stadtgemeinde Steyr Wir beehren uns, Sie hiemit in Kenntnis zu setzen, daß Ihr Ansuchen um ein Darlehen von 20 Millionen Kronen über vom Kuratorium der Hypotheken= und Kommunalkreditanstalt olgender Beschluß gefaßt worden ist Der Stadtgemeinde zu bewilligen a) ein sofort zuzählbares 4 prozentiges Hypothekar=Darlehen von 4,000.000 K (vier Millionen Kronen) mit 2 prozentiger Amortisation, sicherstellbar auf dem wesentlichen Realbesitz der Stadtgemeinde nach den bisherigen Satzposten, für die Zwecke der Zeichnung von Aktien der Wasserkraft= und Elektrizitäts¬ gesellschaft und der Errichtung eines Mustergutes (Realitäten nach Auswahl der Direktion). b) Ein 4 prozentiges in 54½ Jahren rückzahlbares Dar¬ lehen von 16,000.000 K (sechzehn Millionen Kronen) zuzäh bar n Teilbeträgen nach Maßgabe des Baufortschrittes und je nach Wahl der Direktion als Hypothekar= oder Kommunaldarlehen zur Ermöglichung des Ausbaues der 22 Arbeiterwohnhäuser auf der Ennsleite unter der Voraussetzung, daß der Staat ein Drittel des verlorenes Bauaufwandes übernimmt und unter der Bedingung, daß die Waffenfabrik erstens ein volles Drittel des verlorenen Bauaufwandes bedingungslos zur Verzinsung und lmortisation übernimmt, zweitens den Sitz der Gesellschaft läng¬ tens ab 1. Jänner 1921 nach Steyr verlegt, und drittens in die Annullierung des seinerzeit mit der Stadtgemeinde Steyr abgeschlossenen Vertrages willigt. Wir bemerken hiezu, daß dieser Beschluß noch der Ge nehmigung des Landesrates bedarf und wir unter Einem den Akt dem Landesrate zu diesem Zwecke vorlegen. Nach Einlangen der Bewilligung des Landesrates werden wir sofort die Durch¬ führung des Teilbetrages von vier Millionen Kronen (für den Ankauf der Aktien und die Erbauung und Einrichtung des Mustergutes) in Angriff nehmen; bezüglich der 16 Millionen muß der der Bewilligung des Landtages zur Uebernahme des eines Drittels analoge Erlaß des Staatsministeriums abgewartet werden. Was die ersten zwei Drittel (zirka zehn Millionen Kronen) welche von Staat und Land übernommen werden, anbelangt, so wird die Direktion nach Abschluß des Viermillionen-Darlehens ich mit der Stadtgemeindevorstehung ins Einvernehmen setzen. Direktion der Oberösterreichischen Landeshypothekenanstalt Dr. Graßl m. p Wie aus dem Schriftstücke zu ersehen ist, wurde der Stadt¬ gemeinde das Zwanzigmillionen=Anlehen bewilligt, und werden vir von demselben derzeit vier Millionen zugezählt erhalten Die Gemeinde war natürlich in der letzten Zeit in Not, mußte sich mit der Bank für Oberösterreich und Salzburg ins Ein¬ vernehmen setzen und hat auf Grund dieses Kredites ein Dar lehen abgehoben. Die Bank gab uns die vier Millionen Kroner mit der Bedingung, daß sie zwei Millionen für das zu Appro¬ visionierungszwecke schon gegebene Darlehen sofort davon abzieht Selbstverständlich gehen der Gemeinde diese in Abzug gebrachten zwei Millionen Kronen wieder ab, so daß die Stadtgemeinde gezwungen ist, für diese abgezogenen zwei Millionen Kronen um ein Darlehen in dieser Höhe anzusuchen. Zur Aufnahme dieses neuerlichen Darlehens muß eine Form gefunden werden und hat die Stadtgemeinde auf ihre eingeleiteten Schritte von der Oberösterreichischen Landeshypothekenanstalt nachfolgendes Schrei ben erhalten Oberösterreichische Landes=Hypothekenanstalt. ad Z. 780 Linz, am 28. August 1920. An den Magistrat der Stadtgemeinde Steyr In Erledigung der Darlehensangelegenheit der Stadt¬ gemeinde Steyr wird die Oberösterreichische Landeshypotheken¬ anstalt in Gemäßheit der erteilten Ermächtigung, daß dieses be¬ willigte Darlehen per 4,000.000 K als erster Teilbetrag aus dem angesuchten Zwanzigmillionen=Darlehen in Pfandbriefen bei der eigenen Kassa übernehmen und den Erlös nach Abzug der im vorhinein zu zahlenden Schuldigkeiten infolge Ermächti¬ gung in der Schuldurkunde an die Bank für Oberösterreich und Salzburg in Linz für Rechnung der Stadtgemeinde Steyr am 11. September 1920 überweisen und die Abrechnung hierüber dem geehrten Magistrate zusenden. Die Zuzählung dieses Darlehens erfolgt über Ermächtigung des oberösterreichischen Landesrates vom 26 August 1920, Z 25.287 gegen nachträgliche Genehmigung seitens des oberösterreichischen Landtages. Oberösterreichische Landeshypothekenanstalt Dr. Graßl m. p. Herr Bürgermeister Wokral hat zum Gegenstande fol¬ gendes Schreiben an den löblichen Gemeinderat gerichtet: Gelegentlich einer Besprechung wegen Kreditbeschaffung in der Bank für Oberösterreich und Salzburg und der Landes¬ hypothekenanstalt, wurde erreicht, daß die Bank für Oberöster eich und Salzburg sich bereit erklärte, der Stadtgemeinde Steyr uf den von der Landeshypothekenanstalt zu erwartenden Kredit von vier Millionen Kronen aus dem Zehnmillionen=Anlehen vom Jahre 1917 und Vorschüsse zu geben. Wir erhielten tatsächlich rund zwei Millionen, während die veiteren zwei Millionen Kronen die Bank für Oberösterreich und Salzburg für sich zur Deckung eines früher gewährten Kredites in Anspruch nahm. Infolge neuerlicher Intervention wurde von er Bank für Oberösterreich und Salzburg die zwei Millionen an die Stadtgemeinde Steyr ausgefolgt, jedoch mit dem Bemerken, aß sich die Stadtgemeinde verpflichten müsse, diesen Betrag zwei Millionen Kronen) aus einem später aufzunehmenden Dar lehen zurückzubezahlen Der Gemeinderat hatte mittlerweile beschlossen, um einen Kredit von 20 Millionen einzuschreiten. Mit der Zuzählung dieses kredites müssen die genannten zwei Millionen an die Bank für berösterreich und Salzburg zurückbezahlt werden, wodurch der beanspruchte Kredit von 20 Millionen Kronen zu den gedachten Zwecken nicht ausreichen würde Der Gemeinderat wolle daher beschließen, daß zur Deckung des Kredites von zwei Millionen Kronen bei der Bank für Ober¬ sterreich und Salzburg, bei der Landeshypothekenanstalt um inen weiteren Kredit von zwei Millionen Kronen angesuch werde und der Landtag, bzw. der Landesrat um die Zustimmung ersucht werde. Steyr, am 30. August 1920. Der Bürgermeister: Josef Wokral. Diesen Antrag unterstützt gleichzeitig die 1I. Sektion und ersucht den löblichen Gemeinderat denselben anzunehmen. Herr Vorsitzender Bürgermeister Wokral teilt aufklärend mit, daß der Gemeinderat bei den Verhandlungen über die Auf¬ nahme der 20 Millionen Kronen von der Rückzahlungspflicht er zwei Millionen Kronen keine Ahnung hatte, sonst hätte sich der Gemeinderat darnach gerichtet. Wenn wir diese zwei Milli¬ nen zurückbezahlen, gehen sie uns auf der anderen Seite wiede b. Von Seite des Landesrates und des Herrn Landeshaupt¬ mannes wurde erklärt, daß für den Fall als die Gemeinde die wei Millionen für die beim Zwanzigmillionen=Anlehen ange ührten Zwecke benötigt, auch der Landesrat keine Schwierigkeiten nachen werde; anders steht es mit den 16 Millionen Kronen ür den Bau auf der Ennsleite. Diese Bauführung macht uns roße Sorge; wir haben bereits aus der Stadtkassa viereinhalb Millionen Kronen ausgegeben, welche natürlich für die ander weitigen Gelderfordernisse abgehen. Nun verlangt die Landes ypothekenanstalt von uns Erfüllungen von Bedingungen, die igentlich nicht in der Macht des Gemeinderates stehen. Sie ver¬ langt z B., daß die Waffenfabrik ein Drittel des verlorenen Bauaufwandes übernimmt, und einen Plan, in welcher Weise die Deckung und Amortisation dieses Zweckdarlehens erfolgt Sie verlangte die Vorlage der Protokolle und des Vertrages mit der Waffenfabrik. Diese Beilagen wurden nach Linz geschickt, worauf uns der vorne bekanntgegebene Beschluß der Landeshypotheken¬ anstalt mitgeteilt wurde Der Gemeinderat kann keinen Einfluß nehmen, daß die Waffenfabrik ihren Sitz nach Steyr verlegt nan kann allenfalls vorstellig werden und sie ersuchen, die Ver¬ egung des Sitzes der Gesellschaft zu beschließen. Heute dürften gegen einen solchen Beschluß keine so große Schwierigkeiten mehr bestehen, als sich die Steuerverhältnisse für die Gesellschaft in Wien gegenüber Steyr zu ihren Ungunsten verschoben haben. Es könnte daher die Gesellschaft vielleicht aus finanziellen Gründen dem Begehren der Landeshypothekenanstalt zugänglich sein Be züglich des Begehrens auf Uebernahme des einen Drittels des erlorenen Bauaufwandes stützt sich die Landeshypothekenanstalt auf eine Aeußerung des Staatsamtes für soziale Verwaltung, bzw. des Staatsamtes für Finanzen, welches entschieden hat, daß, venn auf der Ennsleite die Wohnhäuser überwiegend im Interesse es Industrieunternehmens gebaut werden, auch dieses zur Ueber¬ nahme des Drittels des verlorenen Bauauswandes verhalten werden müsse, bzw den ganzen oder zumindestens einen wesent lichen Teil des verlorenen Vauaufwandes aus eigenem zu be¬ treiten hat. Leider kommt diese Sache reichlich zu spät, nachdem zur Zeit der Verhandlungen über die Weiterführung der Bauten er Standpunkt dieser Staatsämter noch nicht so klar zum Aus¬ rucke kam. Daher können wir bei der Waffenfabrik auch wieder tur vorstellig werden, sie möge einen großen Betrag gegebenen falls durch die Vermittlung des Staates übernehmen Was den dritten Punkt bezüglich des Vertrages betrifft, so kann gesagt werden, daß wir hiezu allerdings Einfluß nehmen können. Der zertrag mit der Waffenfabrik ist für die Stadtgemeinde derar schwerwiegend, daß er nicht zu ertragen ist; allerdings haben wir diesen Vertrag bis jetzt nicht eingehalten, u. zw. dadurch, ls in dem Vertrage eine Bestimmung enthalten ist, die besagt, daß die Stadtgemeinde, wenn sie um 100 000 K Gelder aufnimmt, oder in einem solchen Betrag Veräußerungen durchführt, oder finanzielle Aktionen unternimmt, zuerst die Zustimmung der Waffenfabrik einholen müsse. Um diese Bestimmung hat sich der Gemeinderat noch nie bekümmert und die Zustimmung der Waffenfabrik nie eingeholt. Es handelt sich auch um wesentlich andere Dinge, u. zw. um eine Vereinbarung, nach welcher die Differenzierung der Umlagen und eine verschiedenartige Behandlung der Steuerträger nicht tattfinden darf. Nach diesen Grundsatze dürften wir die Waffen¬ abrik trotz der ungeheueren Abnützung der Straßen und Brücken nicht höher mit Steuern belasten. Dieser Vertrag bildet eine Fessel, von der wir uns so rasch als möglich befreien müssen. Der Gemeinderat muß sich darüber klar werden, wie er sich zu diesen Fragen stellen solle. Von Seite der General=Direktion ist

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