Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 37, Juni 1986

Landwi rte, die bisher den Bü rgermeister stellten, hätten nur mehr äußerst geringen Einfluß gehabt. Ebenso hätte der Verlust von Münichholz für Steyr die Folgen einer Verschiebung zuungunsten der sozialistischen Rathausmehrheit in empfindlicher Höhe gebracht. Auf Landesebene hätte die Versch iebung ebenso Folgen gehabt. Neben der politischen Kräfteverschiebung von tausenden Stimmen in Oberösterreich zugunsten der ÖVP und zuungunsten der SPÖ und i n Niederösterreich zugunsten der SPÖ und zuungunsten der ÖVP, hätte N iederösterreich nach dem Stand von 1 958 gerade jene Einwohnerzahl, die Münichholz aufweist, für ein weiteres Bundesratsmandat gefehlt. Oberösterreich wäre aber du rch den Verlust von Münichholz gerade unter jene Grenze gefallen, die ein weiteres Mandat ausmacht, und hätte ein Bundesratsmandat verloren. 1 4) Schließlich wäre durch die Angl iederung von Münichholz das Hauptwerk Steyr in einer oberösterreichischen und das Kugellagerwerk in einer niederösterreichischen Gemeinde gelegen. Ein Teil der Steyr-Werke-Arbeiter wü rde bei der oberösterreichischen, der andere Teil bei der niederösterreichischen Gebietskrankenkasse versichert sei n . Es gäbe verschiedene Einigungsämter, Gewerbeinspektorate, Arbeitsgerichte etc. 1 5) U nvorstellbar wäre es aber für die Bewohner geworden, die sich in ih ren Freizeit- und Konsumgebräuchen eindeutig an der Stadt orientieren. Ein Großteil kam aus Steyr, hatte Eltern, Geschwister und Freundeskreis in Steyr. Viele arbeiteten in Steyr, kauften h ier ein, g ingen ins Kino, Theater, in die Lokale oder besuchten hier eine höhere Schule. Es gab allerdings auch positive Ü berlegungen zum ,Anschlußgedanken ' . Das Geschäftsleben in Münichholz hätte einen Aufschwung bekommen. Münichholz hätte eine Außenstelle der Bezi rkshauptmannschaft, ein Gendarmeriepostenkommando, vielleicht sogar später einmal den Sitz des Bezi rksgerichtes. Viele öffentliche Gebäude, eventuell auch ein Rathaus, hätten gebaut werden müssen. Viele Menschen wären dadurch angezogen worden und hätten hier ihre Einkäufe getätigt. Grund-, Gewerbe- und Umsatzsteuer wären bedeutend niedriger gewesen als bisher. Die Straßen hätten ausgebaut werden müssen, denn bisher endeten die meisten noch in Sackgassen . Schließlich hätte auch e i n ordentlicher Bahnhof gebaut werden müssen. 1 6) Eine Lösung der Probleme konnte daher nur auf Bundesebene und mit Vermittlung der Bundesregierung erfolgen. Die oberösterreichische Landesregierung wandte sich auch kurz nach dem niederösterreichischen Landtagsbesch l uß an die Bundesregierung mit dem Ersuchen um Vermittlung. 11 ) Zwischen Oberösterreich und N iederösterreich kam es zu Verhandlungen, wobei die Absicht des Landes Niederösterreich bald zu erkennen war, nämlich für Münichholz eine finanzielle Entschädigung zu verlangen . Man sollte auch die N iederösterreicher verstehen, die sicherlich nicht n u r in gewinnbringender Absicht handelten. Dem lande wu rde nach dem Kriege übel mitgespielt. Seine I ndustrien verlagerten sich zu einem großen Teil nach dem Westen , und Oberösterreich war eines jener Länder, das daraus N utzen zog . Man hat N iederösterreich Boden entzogen und ein g roßes Wohngebiet entwickelt, einen mächtigen I ndustriebetrieb etabliert. 1B) So drängten die N iederösterreicher auf eine finanzielle ,Wiedergutmachung ' . 9 1

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