Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 30, April 1972

„Magistralen an der Bürgerschaft nur einen gehässigen Beschwerder Ihrer Ein1<.ünfte sehen, sowie letztere in Ihrem Magistrate nicht Ihre schützende Obrigkeit, sondern Ihre Feinde erkennet". Es bleibt also unbe– streitbar wahr, meinten die zwei Herren, ,,daß dieses Beispiel einer unglück– lichen Ehe die Gemeinde zu Grunde richten müßte, wenn sie es in finanziel– ler Hinsicht nicht ohnedies wäre". Am Schlusse ihrer Ausführungen betonten die Vertreter des Bürger– ausschusses, daß „am übelsten hiebey gewis der Vorsitzende (Werloschnigg von Berenberg) ist, e r m a g s i c h M ü h e g e b e n so viel er will beyde Partheyen zu vereinigen, so läuft er um so mehr Gefahr, es mit allen zu verderben". Diese Feststellung der zwei in dieser Zeit bedeutendsten Bürger der Stadt beleuchtet am klarsten die schwierige Position Werlosch– niggs, die Diplomatie, Klugheit und Eingehen auf die sich ergebenden Probleme erforderte. Bei einer Zusammenkunft der Mitglieder des Bürgerausschusses und der Wahlmänner am 28. August 1814 wurde die Notwendigkeit in Erwägung gezogen, sich wieder an den Kaiser zu wenden, ,,damit dem unvermeidlichen Untergang, welchen die Stadt Steyr in Hinsicht ihres Vermögensstandes unterliegt Abhilfe geleistet und dieserwegen eine Deputation nach Wien abgeordnet" werde. Der Entwurf eines Gesuches an den kaiserlichen Hof wurde verlesen und von den Anwesenden zur Kenntnis genommen. Diese machten den Eisenhändler Koller und den Postmeister Mayrhofer namhaft, als Deputierte nach Wien zu reisen und das Gesuch bei Hof zu überreichen. Die beiden erklärten, alles zu unternehmen, was sie nach eigener bester Beurteilung für notwendig und zweckmäßig hielten. Da hiefür, nach Ansicht der Bürger, ein gewisser Aufwand erforderlich war, wurde den beiden Abgesandten die volle Vergütung ihrer Auslagen zugesandt. Mißernten in den Jahren 1816 und 1817 zogen eine große Teuerung nach sich und bedeuteten für viele Bewohner der Stadt Hunger und Not30 ). Weil es wenig Arbeit gab, mußte mancher Geselle sein Brot erbetteln. Sogar zehn Jahre später erinnerte man sich noch dieser bösen Zeit, ein Rats– protokoll von 1826 hielt fest, daß in diesen Jahren auch „der Kassastand der Stadt erbärmlich und verwirret war"31 ). Die wirtschaftliche Lage der städtischen Beamten hatte sich zusehends verschlechtert. So mußte der Dirigierende Rat Ende Dezember 1815 dem Bürgerausschuß berichten, daß wohl jene von ihrer Entlohnung unmöglich 30 ) Im November 1816 kostete ein Pfund (560 Gramm) Rindfleisch 23 Kreuzer, im Dezember 22 Kreuzer. Im Mai des folgenden Jahres war der Preis bereits auf 25 Kreuzer gestiegen und im Dezember um 1 Kreuzer gesunken. 1818 ging die Teuerung etwas zurück, das Pfund Rindfleisch kostete im März 18 und im November 13 Kreuzer. Schließlich sank der Preis im Juni 1819 auf 11 Kreuzer. Erst im Oktober 1822 erreichte das Fleisch wieder den Normalpreis von 3 Kreuzer je Pfund. 3 1 ) RP 1826 A, 818. 15

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2