Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 30, April 1972

sich von diesen Tatsachen überzeugen konnte. Da die Bürgerschaft der Ansicht war, daß ein derartiger Zustand „in politischer und finanzieller Hinsicht nicht bestehen kann" und sie sich jedoch in rechtlichen Angelegen– heiten nicht einmengen wollte, hatte sie, unter Zuziehung „erfahrener Landbeamten und Landadvokaten", der Regierungskommission einen Plan zur Reorganisierung des Magistrates vorgetragen und diesen auch im Jänner 1813 in Form einer Bittschrift an den kaiserlichen Hof gesandt. Die Hauptpunkte dieses Sanierungsplanes betrafen „die Realisierung des Gemeinde Gutes in seinen vollkommenen Werthen, Kapitalien und lntresse (Zinsen) Bezug, zur Bedeckung der Pashiven und Intressen (Schulden und Schuldzinsen)", weiters Einsparungen an Aufwand für das Personal und die Verwaltung des juridischen Magistrates. Die Regierungskommission selbst empfahl in ihrem Berichte „die Bitte der Bürgerschaft der kaiserlichen Gnade". Die amtliche Behandlung der Bittschrift in Wien erfolgte jedoch erst im Mai 1813, zu einer Zeit, da Kaiser Franz nach Böhmen gereist war. Daher konnte eine nach Ansicht des Bürgerausschusses „zu Aufrechterhaltung der Stadt" notwendige Entscheidung bis nun nicht getroffen werden. Inzwischen hatten sich die Aktivposten der Stadt weiter vermindert und deren Passiva vermehrt. Beinahe alle im Besitz der Stadt befindlich gewesenen Gründe und Realitäten hatte man schon veräußert, ,,alle Vorräte aufgezehrt", der Zustand der öffentlichen Gebäude wäre „erbärm– lich", die Zinsenrückstände für aufgenommenes Kapital hätten eine bedeu– tende Höhe erreicht, klagten die beiden Ausschußmitglieder. Man müsse also weiter auf den Notstand Steyrs hinweisen, bei „gänzlichem Still– schweigen" würde geglaubt werden, daß sich die Stadt selbst irgendwie geholfen habe. Von der Bürgerschaft könnte man nicht verlangen, daß sie den Abgang durch zusätzliche Steuern decke, jene hätte ja ,, . . . aus Liebe und Anhänglichkeit zu Ihren Monarchen reelles Vermögen, die gewerk– schäftlichen Einlagen, gegen eine Geldsorte hinanngeben g e muß t, die selber aufgedrungen und später in ihren Werthe und Erträgnißen so bedeutend herabgesetzt wurde". Die Geschäftsbetrieb eines „fabricirenden und comercierenden (Handel treibenden)" Ortes erfordere Geld. Es ist erwiesen, fuhren die Ausschußmitglieder fort, daß sämtliche Einnahmsposten der Stadt die sogenannten Stadtkammeramtsausgaben nicht decken; die Magistratsräte als auch das andere Personal der Stadt klage über die Unzulänglichkeit der Bezüge. Es sei eine „traurige Sache die Herren Räthe sowohl, als die übrigen Individuen, immer über die Unzulänglichkeit des Solarium klagen zu hören", deshalb sei schon 1813 um Umgestaltung und Vereinfachung der Magistratsorganisation in per– soneller Hinsicht gebeten worden. Die Bürgerschaft erliege der Last der Abgaben. Dies führe zu einer Disharmonie zwischen dem Magistrate und den Bürgern. Es habe sich nun die Lage so verschlimmert, daß die 14

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