Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 23, Dezember 1962

ses Werk nicht in Angriff genommen. Erst sechs Jahre später interessierten sich wohlhabende Bürger für die Produktion von Armaturen. Die Rohrschmiede des Bäckermeisters Stephan Grafhaidcr Am 4. Juni 1639 forderte Kaiser Ferdinand III. (1637—1657) vom Landeshauptmann Hans Ludwig Graf v. Kufstein die Abgabe eines Gutachtens über die Erzeugung von „Kriegsarmaturforten" im Lande ob der Enns und die Lieferung von Probemuskcten. „Sollest Tu alsobald", so schrieb der Landesfürst, „eine Anzahl Musgueten in einer gleichen Größe, daß alle Zeit vierzehen Kuglen auf ein Pfund'") gehen zur Prob samt Baudalicr") und Gabeln") verfertigen lassen und Uns dieselbe zur Ersehung samt dem eigentlichen Preis wie hoch sie gestehen würden, herabschicken".") Begreiflicherweise wandte sich der obderennsische Landeshauptmann in dieser Sache an den Magistrat der Stadt Steyr. Von den Mitgliedern des Inneren Rates ließ sich der Handelsmann Gottlieb Hofmann herbei, die Wiederaufnahme der Musketenerzeugung zu organisieren. Hofmann, der um 1651 die Häuser Stadtplatz Nr. 9, Enge Gasse Nr. 6 und Berggasse Nr. 10 besaß,") machte für die Erbauung einer Rohr-, Bohr- unb Schleifwerkstatt im Stadtgebiet „Voglgesang bei dem Wasserfluß Steyr" ein geeignetes Grundstück ausfindig, ließ es am 18. Juni 1639 von Werklcuten besichtigen und sich von diesen Kostenüberschlag und Plan vorlegen.") Der aus drei Blättern bestehende Plan („Abriß"),") jedenfalls der älteste einer Steyrer Industrieanlage, zeigt eine einstöckige Wcrkstätte mit zwei unter- schlächtigen Wasserrädern. Ebenerdig sind eine Rohrschmiede, eine Bohrmühle und eine Schleifmühle, im Oberstock je eine Stube, eine Kammer und eine Küche für den Schleifer, für den Bohrmeister und für den Rohrschmied vorgesehen. Die Baukosten wurden im „Überschlag" mit 2323 Gulden angegeben. Am 20. Juni erkundigte sich der Landeshauptmann bei der Innerberger Hauptgewerkschaft nach dem Zentnerpreis des gut ausgcschlagenen Musketenbleches und nach den Lieferbedingungen. Über Anordnung des Kammergrafenamtes in Eisenerz wurde von den Obervorgehern und Vorgehern der drei Gewerkschaftsglieder") im August durch eine „eigentliche Prob" der Herstellungspreis der für Gewehrläufe tauglichen Eisensorte ermittelt. Kammergraf v. Claffeuau gab am 8. September dem Landeshauptmann das Kalkulationsergebnis bekannt: Jährliche Liefermenge drei- bis vierhundert Zentner Rohrblcch ä 6 Gulden bei Barzahlung.'") ’°) 1 Pfund = 560 Gramm: eine Kugel wog 40 Gramm. ") Bandelier = breiter Lederriemen mit 12 bis 20 hölzernen Pulverbehältern. O. Zierer, Entfesselte Gewalten (1956), S. 309. ’2) Auflegegabel für die schwere Muskete. ’3) Wien, HKA., N.-O. Herrschastsakten, F. 234, S. 114/6, Musketenwerkstätte in Steyr, fol. 1395. ’4) I. Krenn, Häuserchronik d. Altstadt Steyr. Phil. Dissertation Innsbruck, Maschinschrist (1950), Nr. 90, 107, 148. — Gottlieb Hofmann. (Hofman) hatte früher das Stadtrichteramt inne. 1640 wurde er zum Bürgermeister gewählt. Da er dieses Amt nicht übernehmen wollte, durfte er es mit kaiserlicher Genehmigung zurücklegen. E. Krobath, Die Bürgermeister der Stadt Steyr und ihre Zeit. VKSt., Heft 22 (Oktober 1961), S. 13 f. ") Wien, HKA., a. a. €)., fol. 1405—1410. ’*) Ebenda, Kartensaimmkung Sig. Ra 303/1—3. ”) Radmeister, Hammermeister, Stadt Steyr. '") Wien, HKA., a. a. C., fol. 1402. 51

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