Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 23, Dezember 1962

Landeshauptmann und Vizedom,") die am 1. Juli 1639 im Aufträge des Kaisers von der Hofkammer als Kommissäre über das Armaturwesen im Lande ob der Enns eingesetzt worden waren, suchten nun geeignete Facharbeiter. Nachdem sie bei einem Rohrschmied aus Unterösterreich Erkundigungen eingezogen hatten, wollten sie Leute aus Suhl kommen lassen. Dieses Vorhaben kam aber nicht zur Ausführung. Man entschloß sich für die Einstellung einheimischer Schmiede, da man annahm, daß sie unter einem tüchtigen Meister „geschwinde Hand und Griff bekommen" würden?") Es ist nicht bekannt, ob der Ratsherr Gottlieb Hofmann, der die- erwähnten Vorarbeiten durchgeführt hatte, auch den Armaturenverlag für sich in Anspruch nehmen wollte. Im Spätsommer bekundete nämlich der bürgerliche Gastwirt, Völker- und Bräumeister S t e p h a n Grafhaider (Graffhaider) großes Interesse an der Musketenerzeugung. Er war damals Besitzer des Hauses Grünmarkt Nr. 12/') später, um 1652, bewohnte er das Gasthaus zum „Goldenen Löwen" (Stadtplatz Nr. 32, Bummerlhaus) ?2) Im Jahre 1637 hatte er sein Brauhaus am Laichberg aufgelassen und im Stadtteil Vogelfang ein neues errichtet?") Am 8. September 1639 erklärte Grafhaider in einem Schreiben an den Landeshauptmann, daß er auf seine Kosten auf eigenem Grund und Boden im „Gsang" (Vogelfang), wo vor Jahren schon eine „Musketenrohr- oder Bohrmühle" gestanden, seit geraumer Zeit aber „nicht allein ganz abkommen, sondern in gänzlichen Ruin, und Verödung geraten" sei, eine Rohrschmiede erbauen könne. Es betraf jedenfalls das von Hofmann vorgesehene Grundstück, auf dem vor etwa fünfzig Jahren die Werkstätte der Rohr- und Büchsenhandlungsgesellschaft errichtet worden war. Graihaider teilte auch mit. daß er in der Lage sei. schon nach drei Monaten Musterstücke von Büchsenrohren vorlegen und die Erzeugung aufnehmen zu können?") Der Landeshauptmann war mit dem Anerbieten des unternehmungslustiqen Handwerksmeisters einverstanden und berichtete hiertiber am 1. Oktober 1639 dem Kaiser. Er meldete, daß Grafhaider mit der Aufrichtung der Werkstätte schon begonnen habe, zeigte aber auch die Vorteile auf, die sich ergeben würden, wenn der Landessürst „auf eiaene Unkosten und Verlag" unter Heranziehung der Innerberger Hauptgewerkschaft die Musketenerzeugung durchführen möchte. Eisen und Stahl kämen billiger, Holz und Kohle könnten aus den kaiserlichen Wäldern bezogen werden?") Im Jänner 1640 schlossen der Landeshauptmann und der Vizedom mit Grashaider einen Lieferungsvertrag auf zwei Jahre. Auf Grund dieser Vereinbarung erhielt der Bäckermeister „zu etwas Eraötzlichkeit", zur Bestreitung der Unkosten „und damit dieses Werk nit gcsverrt. sondern befördert werde" vom Landeshauptmann 250 Gulden. Die zu liefernden Musketenrohre habe Grafhaider in Anwesenheit einer vom Kaiser bestellten Person ..wie sonsten gebräuchia beschießen" zu lassen und „nicht gerecht oder gut befundene Rohre" durch fehlerfreie zu ersehen. Er verpflichtete sich ferner, die beschlossenen und einwandfrei geschäften Musketen* 21 22 ") Landesvizedomamt — oberste Finanz-Landesbehörde. 2°) Wien. HKA., a. a. O., fol. 1393, 1394. 21) I. Krenn, Hüuserchronik der Altstadt Steyr. VKSt. (Juni 1951), S. 20 f. 22) I. Krenn. Häuserchronik. Phil. Dissertation, a. a. O., Nr. 62. 23) RP 1637, 17. 24) Wien, HKA., a. a. £)., fol. 1411, 1412. 25) Wien. HKA., a. a. O.. fol. 1392 ff. 1 ,.H. Hans Ludwig Grafen v. Kueffstain Landthauptmanns zu Linz berichtliche Relation in Sachen Wegen anrichtung etlich(er) gewissen Werckhstött Zu Steyr Zu uerferttigung Musaueten vnd ander allerhand Kayserl. Kriegsarmatur sortten betr." v. 1. Oktober 1639. 52

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