Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 20, April 1960

gegen seinen Bruder zu beanspruchen, bann wieder wollte er die Nachfolge im Reiche und in Böhmen seinem jüngsten Bruder Leopold, Bischof von Straßburg und Passau zuwenden. Eine Gelegenheit hiefür bot der Jülichische Erbfolgestreit. Im Jahre 1609 war der Herzog von Jülich ohne Nachkommen gestorben. Um das erledigte Herzogtum entstanden Streitigkeiten. Der Kaiser ließ, unter dem Vorwände, das Herzogtum zu besetzen, im Bistume Passau, aber auch, ohne Wissen des Königs Matthias, in Steyr, Linz und Freistadt, Truppen anwerben. Die Stände in Linz berichteten über diese Werbung dem Könige, der dieses Vorgehen durchschaute und die Werbungen, die gegen ihn gerichtet waren, untersagte und alle Maßnahmen für den Fall eines Ausbruches von Feindseligkeiten treffen ließ. An den Landesgrenzen wurden Schanzen aufgeworfen, für die Sperrung der Donau bei Neuhaus wurde eine schwere eiserne Kette in Steyr bestelltst« eine andere aus dem Zeughause in Wien geliefert und das Landaufgebot wurde zur Verteidigung aufgerufen. Von der Stadt Steyr verlangten die Stände die Lieferung von Scharsachstahl zur Anfertigung von SBaffen.17 Im April 1610 faßte Rudolf ein Schreiben ab, in dem er die ober- und niederösterreichischen Stände einlud, sich wieder unter seine Herrschaft zu begeben. Gleichzeitig versprach er diesen das Recht der freien Religionsausübung, die Bestätigung der alten und die Erteilung neuer Privilegien. Mehrere Reichsfürften vermittelten in dieser sich zuspihenden Situation und es kam zu einem Übereinkommen, wonach die sogenannten „Pasfauer" Soldaten innerhalb eines Monates und auch die von Matthias Ausgehobenen heimgeschickt werden sollten. Das Pasfauer Kriegsvolk unter seinem Obersten Laurentius Ramee, einem Wallonen, hatte noch Sold zu erhalten, den der Kaiser, wegen Geldmangels, nicht auszahlen konnte. Da es diesen Truppen an Verpflegung fehlte, fielen sie im Dezember in Oberösterreich ein und besetzten Lambach und die Welser Vorstadt. Eiligst traten nun die Stände in Linz zusammen. Den Steyrer Abgesandten wurde aufgetragen, die Stadt vor dem Einmarsch dieser Truppen zu bewahren. Der Rat verfügte die Aushebung der wehrfähigen Bürgerschaft, weiters wurden 100 Soldaten auf Kosten der Stadt angeworben. Frauen und Kinder wurden in sichere Gebiete geschickt, bewegliches Gut ins Schloß gebracht!« Ramee hatte die Absicht, sich mit seinen Truppen in die Steiermark durchzuschlagen. Am 28. 12. 1610 verließ er Wels und marschierte über Kirchdorf nach Klaus zum Pyhrnpaß. Hier wurde er durch die den Paß verteidigenden benachbarten Bewohner am Weitermarsche gehindert. Steyr, das nun seinerseits wieder einen Angriff befürchtete, erbat sich Truppenverstärkung. Mit fieberhafter Eile wurde vor dem Taborfriedhofe ein Blockhaus gebaut, das eventuellen Angriffen Widerstand bieten sollte. Ramee jedoch zog sich über Traunegg nach Lambach zurück und begann von dort aus Linz zu bedrohen. Die Stände schloffen angesichts dieser Gefahr einen Vertrag, in dem den Truppen Ramees der ungehinderte Übergang über die Donau zugesagt wurde, falls er das Land verließe. Über das Mühlviertel zogen die „Pasfauer" nun nach Budweis und Prag, um sich dort den lange ausständigen Sold zu holen. Bei Annäherung des Kriegsvolkes baten die böhmischen Stände den Kaiser, den Befehl zum Rückzug Ramees zu geben und ihm den ausständigen Sold in Krummau anweisen zu lassen. Rudolf willfuhr diesem Verlangen scheinbar, indem er Erzherzog Leopold den Auftrag erteilte, die Pasfauer Truppen zurückzuführen. Ramee erklärte jedoch, er käme zum Schutze des Kaisers nach Prag. In dieser Stadt kam es nun zwischen dem Kriegsvolke und den Bürgern zu blutigen Auftritten. Die Stände begehrten nun vom Kaiser nochmals die Fortschaffung der „Pasfauer" und machten sich erbötig, den rückständigen Sold zu bezahlen. Der Kaiser lehnte diesen Antrag ab, worauf die Stünde sich an Matthias und einige protestantische Fürsten wandten. Dies bewirkte, daß Erzherzog Leopold mit Ramee und seinen Truppen in die Pasfauer Diözese abzogen. Matthias kam nach Böhmen 50

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