Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 20, April 1960

Die Vorbedingung für die Anlage einer Siedlung war im alten Steyr nur im Aichet, dem alten „Aichach" gegeben. Aichach — der Ort wo Eichen standen. Hören wir die anderen Ortsbezeichnungen im Aichet, und wir bekommen wahrhaftig ein vortreffliches Bild der Landschaft, die von den ersten Siedlern hier angetroffen wurde. Die Schottertcrrasse nördlich des Aichets fällt erst südöstlich, dann südlich einige Meter tief fast senkrecht ab. Dem Südostabfall ist gegen das Wieserfeld ein tieferes Plateau vorgelagert, das die Alten Gießhübel nannten. Von diesem Hübel oder Hügel kamen also die Güß oder Wasser gegen das Steyrtal. Das Haus auf dem Hügel heißt heute noch Seifentruhe. Man erklärt sich den Namen aus dem alten Sife, was wasserdurchlässig bedeutet. Unterhalb des Hügels entspringt ein Quell, das „Aichetbrünnl". Sein Wasser muß anfangs den erst ziemlich steilen, dann aber flacher werdenden Hang gegen die Steyr herabgeronnen sein, denn der Hof, der an dem Rinnsal gebaut wurde, hieß der „Hof an der Rinn". Der steile Hang unter der Felswand wurde die „Hungerleiten" genannt. Der felsige Untergrund tritt stellenweise hier noch zu Tage und war sicher unfruchtbar. Diese Eigenschaft dürfte der Leiten den Namen verschafft haben. Der flachere Hang ist sehr feucht. Das Erdreich ist dort öfter gegen die Steyr abgerutscht. Dadurch ist der Hang buckelig geworden und hat den Namen „Buckelige Wiese" erhalten. Westlich anschließend wird das Terrain ebener und fällt gegen das Steyrbett steil ab. Hier wurden die Felder angelegt, die anfangs wohl sehr steinig waren, weshalb sie „Steinfeld" genannt wurden. Von Laureacum führte über Stein ein alter Karrenweg um den heutigen Taborberg herum durch das heutige Steyrdorf und Aichet in das Steyrtal gegen Sierning. Die Gründe im Tale links der Steyr waren fast ausschließlich im Besitze der Herrschaft Steyr; dies wissen wir auf Grund der Dienste, welche die ältesten Höfe der Herrschaft zu leisten hatten. Wir haben aber keinerlei Nachricht wann und von wem die Herrschaft Steyr diesen Besitz, der das befestigte Steyrdorf, sowie die Ortschaften Aichet und Ort umfaßte, erworben hat. Mit fortschreitender Rodung fiedelten sich in dem quellenreichen Aichet mehrere Bauern an. (Plautzenhof, Kleehof, Fladergut etc.) Die Grundherren legten am Zusammenfluß der Enns und Steyr das befestigte Steyrdorf an. Jedes der Häuser an dem alten Karrenweg hatte wohl seinen Hausbrunnen, doch leitete man später frisches Quellwasfer aus dem Aichet in Holzröhren in das Dorf. Auf der Schotterterrasse an der Steyr und Enns stand, wahrscheinlich schon von Römerszeiten her, eine aus festem Stein gefügte hohe Warte, von welcher man das ganze höhergelegene Terrain der Umgebung gut beobachten konnte. Ein noch heute stehender Ziehbrunnen deutet darauf hin, daß die Besatzung des Turmes mit Wasser versorgt war. Als die großangelegte Burg erbaut wurde, leitete man Quellwasser vom Fuße des Laichberges in dieselbe. Als im Fahre 1582 die Herrschaft diese Leitung, welche über Stadtgründe führte, ausbesserte, unterließ sie es, dies der Stadt zu melden (sie zu „begrüßen") worüber sich die Stadt beschwerte. Die Herrschaft erwiderte, daß auch die Steyrer Bürger, deren Leitung über Herr-, schaftsgründe führe, die Herrschaft bei Ausbesserungsarbeiten nicht begrüßen müssen, wenn fte keine Beschwerung verursachen (Stadtarchiv Bau- u. Straßensachen). Am Fuße der Burg entstand — aus anderer Herren Grund — eine geschlossene, von Mauern umgebene Kaufmannssiedlung. Obwohl jedes Haus seinen eigenen Ziehbrunnen hatte, wurde ein öffentlicher Brunnen in einem schmalen Gäß- chen, dem „Brunngassl" errichtet, welches heute Goldschmiedgasse heißt. Preven- huber (S. 296) erzählt, daß der Stadtrichter und Abstinenzler Benedikt Ättl auf den Brunnen in der Enge besonders acht gab. Sein Nachfolger am Hause Enge 20

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