Chronik der Stadt Reichenau

Fünf Jahre hielt er sich in Dresden auf, machte bedeutende Fort¬ schritte in seiner Kunst und nahm einen hervorragenden Platz unter den vaterländischen Künstlern ein. Johann Schöffel hatte nun genügend Arbeit, fand Eingang am Hofe des sächsischen Kurfürsten und den höheren Beamten, von welchener mit Arbeit Bildnisse des überhäuft wurde. Besonders wurden durch lange Zeit die Kurfürsten und seiner Gemahlin verlangt. Bei einem hohen Beamten des Kurfürsten lernte Schöffel das Stubenmädchen Katharina Beck kennen, welche er auch während seines Aufenthaltes in Dresden heiratete. Katha¬ rina war die Tochter eines Grafen Beck, welcher durch ein Zerwürfnis mit seiner Familie in Dobrzan gänzlich verarmt gestorben war. Die Tochter sah sich genötigt, infolge ihrer Mittellosigkeit in Stellung zu gehen Johann Schöffel hätte nun in ganz günstigen Verhältnissen leben kön¬ nen, aber der Drang nach Verbesserung seiner Kunst verleitete ihn, große Summen in allerlei Gipsformen, wie Tiere, Gewächse, Fruchtarten und Figuren anzulegen, welche sich dann als unbrauchbar erwiesen Von Dresden reiste Schöffel nach Hamburg, wo er einige Kisten solcher Gipsformen in die Elbe versenkte, da sie ihm zu hohe Transportkosten ver¬ ursachten. Er bereiste die Hansastädte, die Fürstentümer des deutschen Rei¬ ches, kam nach Köln a. Rh., wo ihm der Sohn Karl geboren wurde. Nach 18jähriger Reise kehrte Johann Schöffel nach Böhm.=Kamnitz zurück, welches er als den Anfangspunkt seiner Künstlerschaft betrachtete. Johann Schöffels Plan zur Dosenfabrikation. Bereits im Böhm.=Kamnitz befaßte sich Schöffel mit dem Plane, eine Dosenfabrikation zu errichten und begab sich zum Grafen von Kamnitz, um ihm sein Vorhaben zu unterbreiten. Der Graf sagte ihm auch seine Unter¬ tützung zu, falls sein Inspektor die Sache für gut befände. Der Inspektor jedoch erklärte Schöffel für einen Schlendrian, welcher den Grafen nur um ein Geld betrügen wolle. Nach diesem Mißerfolge reiste Schöffel nach Prag wo er seinen Freund und ehemaligen Kompagnon, den Maler Albert traf mit welchem er eine Unterredung wegen der Dosenerzeugung hatte. Schöffel wollte die Dosen erzeugen und Albert dieselben durch Malerei für den Ver¬ kauf fertig machen. Der Prager Kaufmann Griner erbot sich, die Dosen zum Verschleiße zu übernehmen. In Prag gebar die Gattin Schöffels die Toch¬ ter Anna Müde des vielen Reisens mit seiner zahlreichen Familie, verließ er im Jahre 1775 Prag und erhoffte in seiner Heimat Reichenau durch die Dosen¬ fabrikation für sein Alter eine sorgenfreie Existenz zu schaffen. Schöffel hatte nach dem Berichte Anton Ullrichs 14 Kinder, nach anderer Meldung sogar 17. Auf seinen Reisen hatte Schöffel einige Scharnierdosen erworben, die¬ selben auf die Masse und den Lack untersucht und hatte gehofft, mit Leich¬ tigkeit dieses Fabrikat nun selbst herstellen zu können. In dieser Erwartung hatte er die gekauften Dosen seinen Verbündeten als eigenes Erzeugnis gezeigt, ohne zu ahnen, wie viel Mühe und Anstrengung es ihm kosten würde, ein gleichwertiges Fabrikat zu erzeugen Seine Barmittel waren bald verbraucht und so ging Johann Schöffel zur Besitzerin der Herrschaft Swijan, Gräfin von Waldstein, um von ihr einen Vorschuß für sein Unternehmen zu erbitten. Die Gräfin stellte ihm 39

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