Chronik der Stadt Reichenau

8.Wenn man der heutigen Schillerstraße (früher Brechweg genannt) gegen Pelkowitz entlang geht, findet man rechts der Straße am Rande des Planewaldes ein schlichtes Kreuz, welches seine Erstehung einer grauenhaften MNordtat zu danken hat. Dieses Kreuz wurde im Jahre 1806 vom Schneider¬ meister Franz Klinger zum ewigen Gedenken an seine an dieser Stelle ermordete Frau Marianne errichtet. Das Ereignis spielte sich am 29. März 1805 gegen 7 Uhr abends ab. Die erst 24jährige Frau, Mutter von zwei Kindern, hatte zur Bezahlung einer Tuchlieferung von den ihr verwandtem Schmiede Ebel Nr. 53 den Betrag von 50 fl. ausgeliehen. Der Schmiedegeselle Ebels war bei der Aus¬ zahlung des Geldes mit in der Stube anwesend und faßte beim Anblick des Geldes schon den verruchten Vorsatz, die allein nach Hinterbusch gehende Frau zu berauben. Er ging in die neben dem Wohnhause stehende Schmiede¬ werkstätte, nahm dort einen Teilhammer und schlich der Frau voraus. Im Planewalde, der sich zu jener Zeit noch weit gegen Osten erstreckte, holte die Frau den Schmiedegesellen ein und beide gingen noch ein Stück Weges, sich unterhaltend, weiter, bis zur Stelle des heutigen Kreuzes, wo der Unhold die Frau mit dem Teilhammer niederschlug und ihr die 50 fl. raubte. Kurz vorher begegneten die beiden dem von Pelkowitz aus der Arbeit heimkehren¬ den Tischler Josef Zappe mit seinem Sohne August und hinter ihnen kam der Kaschener Hausbesitzer Jörg Schöffel mit seinem Sohne aus der Schneidermühle mit einem Handschlitten voll Mehl. Die vier sich begegnen¬ den Männer blieben stehen und unterhielten sich eine Weile, während nur wenige Schritte von ihnen zur selben Zeit die Mordtat geschah. Der Kaschener Schöffel fuhr nach dem kurzen Gespräch nicht den Weg entlang, sondern über die fest gefrorene Schneedecke nach seinem Hause, sonst wäre er noch Zeuge des Raubmordes geworden. Die unglückliche Frau wurde noch lebend und schwer röchelnd gefunden. Nach der überführung in ihr Haus lebte sie noch einige Stunden, jedoch ohne Bewußtsein. Am 3. April fand das Begräbnis unter großer Teilnahme der Bevölkerung auf dem alten Friedhof statt. An der Mordstelle hielt der Leichenzug und Pfarrer Stovasser hielt eine lange, den Mord betreffende Leichenrede. Diese Trauerrede ist zur Gänze im Buche des Augustin Weiß enthalten Der Mörder wurde am 4. April 1805 gefangen und am nächsten Tage nach Turnau abgeführt, von wo er nach Swijan transportiert wurde. Am 27. April holten ihn 4 Soldaten nach Jungbunzlau ab. Leider ist in den alten Schriften keine Nachricht über das Urteil enthalten Das Kreuz, hier im Volksmunde „Klingerkreuz“ genannt, wurde bisher von der Familie Maschke (Klingerwirt) instand gehalten. 9. Auf den Feldern der Bauernwirtschaft Nr. 124 (jetziger Besitzer To¬ bias Rilk) steht das sogenannte „Schwarzpauerkreuz“. Nach einem früheren #7 Eigentümer Schwarz heißt der Besitz noch heute „Schwarzpauer=Wirtschaft“. Das Kreuz wurde im Jahre 1831 von Marianna Maschke aus unbekann¬ ten Beweggründen errichtet und zu demselben einen Erhaltungsfonds von 20 fl. C.M. in die Kirchenkasse gestiftet. Die Kirchendienerin Marie Prei߬ ler ließ im Jahre 1927 auf eigene Kosten das Kreuz renovieren Bis hierher sind die Daten über das Aufstellen und Renovieren der Kreuze und Heil. Statuen den kirchlichen Aufzeichnungen entnommen und nur die Beweggründe aus alten Schriften und mündlicher überlieferungen alter Leute zusammengetragen. Zum Schlusse sei noch einer in der kirchlichen Chronik nicht verzeichneten grün angestrichenen Holzsäule mit einer am oberen Ende in einer Nische Wilhelm Preißler: „Chronik der Stadt Reichenau“. 6 34

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2