Chronik der Stadt Reichenau

1780 von dem Hausbesitzer Josef Preißler Nr. 38 aus Verehrung des heiligen Johannes gestiftet und im Juni vom Pfarrer Johann Georg Li߬ ner geweiht. Zugleich mit dem Aufstellen der Statue wurden zu derselben als Einfassung 4 Lindenbäume gepflanzt, von denen einer eingegangen ist, aber später wieder neu gepflanzt wurde, während die noch stehenden schon eine beträchtliche Stärke und Höhe erreicht haben Der Stifter Josef Preißler errichtete diese Statue aus folgendem Grunde: Eines Nachts kam Preißler aus Radl über den alten Friedhof, wo plötzlich ein Gespenst vor ihm auftauchte. In seinem Schreck rief er aus: „Heiliger Johannes stehe mir bei“ und das Gespenst verschwand. Dessent¬ wegen fühlte sich Preißler verpflichtet, die Statue zur Aufstellung zu bringen Dieselbe wurde im Jahre 1825 vom Dosenfabrikanten Johann Schöffel aus eigenen Mitteln renoviert. Eine zweite Säuberung von Moos und neuer Anstrich erfolgte durch den Maler Anton Seidel im Jahre 1857. Die Familien Peukert, Preißler, Seiboth und Hofrichter ließen im Jahre 1880 die Statue renovieren und wäre zu deren Erhaltung ein neuer Anstrich nötig. über die Sommermonate bietet der Standort des Johannes dem fremden und heimischen Spaziergänger mit seinen schattigen Linden einen beliebten Ruheplatz. 6. Zwischen dem Gasthause „Zur Krone“ und der Sense=Mühle steht am Garteneck auf einem Sandsteinsockel ein Eisenkreuz mit dem Bilde Christi. Am Sockel befindet sich der Name des Stifters und die Jahreszahl der Er¬ richtung. Johannes Ullrich, Besitzer der von seinem Vorfahren erbauten Schenke, errichtete das Kreuz nach einem Vermächtnis und in dankbarem Gedenken an eine seine Vorfahren betreffende verruchte Tat mit glücklichem Ausgange. Der Maler Anton Ullrich, ein Angehöriger der Schenkfamilie, schreibt in seinem Buche darüber folgendes: Bei seinem Urgroßvater Tobias Ullrich, welcher in dem Hause Nr. 28 wohnte und der Stammvater der Ullrichschen Familien in Reichenau war, wurde im Jahre 1704 an einem Sonntage vormittags ein großer Gelddiebstahl ausgeführt. Tobias Ullrich war mit seinen Kindern zum Hochamte in der Kirche und nur seine Frau war allein zu Hause geblieben. Es war bekannt, daß sich Ullrich durch seinen Flachs= und Garnhandel ein bedeutendes Vermögen erworben hatte. Wäh¬ rend an diesem Unglückssonntage die Frau allein daheim war und ihre häuslichen Arbeiten verrichtete, drangen vermummte Männer ein und fes¬ selten das hilflose Weib und zwangen sie, den Ort anzugeben, wo sie ihr Geld aufbewahrt hätten. Das Weib gab in ihrer Todesangst das Versteck des Geldes bekannt, worauf die Diebe alles Geld raubten, die Frau gefesselt und geknebelt liegen ließen und mit der Beute flüchteten. Als Tobias Ullrich mnit seinen Leuten aus der Kirche kam, war das Unheil geschehen Einige Jahre waren seit der Untat vergangen, als Ullrich einen Brief aus Budweis erhielt mit seiner genauen Adresse, auch die Gasse und Woh¬ nung des Absenders waren deutlich angegeben. In diesem Briefe wurde Tobias Ullrich sehr freundlich und dringend eingeladen, an einem näher bezeichneten Sonntage mit seinem Weibe nach Budweis zur Kirchweih zu kommen, der Weg werde ihn nicht reuen. Tobias Ullrich machte mit seinem Weibe wirklich zur angegebenen Zeit die Reise nach Budweis, fand die angeführte Wohnung des Briefschreibers und wurde von diesem sehr gut und freundlich ausgenommen und gleich zum Mittag essen eingeladen. Nach beendetem Essen lud der Budweiser Herr unseren Ullrich zu einem Spaziergang vor die Stadt ein. Ullrich war damit einver¬ standen und als sie außerhalb der Stadt waren, fragte ihn der Fremde, ob 79

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