Chronik der Stadt Reichenau

mentieren wohl nach kirchlichen Berichten den Bestand unserer ersten Kirche bereits um das Jahr 1300. An diesem Glauben wollen und können wir festhalten, wenn auch von verschiedenen Seiten selbst von Gelehrten das hohe Alter der Ortschaft Rei¬ chenan und seiner ersten Kirche bezweifelt wird, aber das Gegenteil wurde nloch nicht bewiesen Die Weiterführung der Kirchengeschichte nach dem Jahre 1900 folgt im zweiten Bande der „Geschichte von Reichenau“ Nachtrag: Im Jahre 1840 schenkte Fürst Rohan der Kirche in Reichenau zur Zeit des Pfarrers Franz Neuber das vom Maler Hellmich in Rom gemalte Altarbild. Der Friedhof bei der neuen Kirche wurde im Jahre 1732 angelegt. Die Schule von ihrem Anfange bis zum Jahre 1900. Die Kultur unserer Vorfahren war bäuerlich und nur in den Klöstern lebte ein Teil der Bildung des Altertumes weiter. Es dauerte Jahrhun¬ derte, bis auch das Laientum (Adel und Bürger) an Wissenschaft und Kunst sie auf dem Lande na¬ teilnahm. Was die Schulbildung anbetrifft, so war türlich noch viel mangelhafter als in den Städten. Doch scheinen schon im Mittelalter bei den Pfarrkirchen unseres Landes Schulen bestanden zu haben, die von „Schulmeistern, Schuldienern oder Schulbedienten“ betreut wurden. Bezeugt sind sie freilich fast ausnahmslos erst aus dem 16. Jahr¬ hunderte, dem Zeitalter der Reformation, die dem Schulwesen besondere Förderung zuteil werden ließ. Schwarzecker schreibt in seinem Buche, daß in Reichenau im Jahre 1611 der evangelische, aus Pirna in Sachsen gebürtige Schulmeister Bar¬ tholomäus Fritsche im Hause Nr. 44 (bei Poldshansen) unterrichtet habe und in dem danebenstehenden Finkehause Nr. 43, das im Jahre 1899 abbrannte, gewohnt habe. Dieses Haus habe seinen Namen dadurch erhal ten, daß in den das Haus umstehenden Sträuchern unzählige Finkenpaare genistet hätten. In der alten Kirchenmatrik ist auf Seite 177 und 202 verzeichnet, daß der Reichenauer evangelische Schulmeister Barthel Fritsche am 9. Feber 1616 von seinem Landsmanne, dem Pastor Andreas Kroell mit der Radler Wirtstochter Katharina Bartel in der alten Holzkirche getraut wurde. Die Lutheraner errichteten überall, wo die evangelische Seelsorge einge¬ führt war, gleichzeitig auch Schulen, um die Jugend von Grund aus für den neuen Glauben empfänglich zu machen. Nach genauer Erforschung der Schulverhältnisse der weiteren Umgebung und des Bezirkes in früherer Zeit für sich beanspruchen kann, den läßt sich feststellen, daß Reichenau den Ruhm ersten geordneten Schuldienst im Gablonzer Bezirke nachweisen zu können, da in anderen Orten erst Jahrzehnte später Berichte über die Schule auf¬ tauchen In der Zeit des dreißigjährigen Krieges (1618 bis 1648) verfiel jedoch der Schulunterricht wieder gänzlich, da der Herzog Wallenstein auf Befehl des Kaisers Ferdinand II. im Jahre 1624 die evangelischen Prädikanten (Pa¬ storen) und Schulmeister aus Böhmen vertrieb und sich niemand in der chweren Kriegszeit um den Fortbestand der Schule kümmerte. Schwarzecker schreibt, daß Schulmeister Fritsche noch im Jahre 1627 in Reichenau gewesen sei, da er auf den Sieg der evangelischen Heere hoffte und auf die Rückkehr der Pastoren gewartet habe. Fritsche ließ bei seiner Abreise, 61

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