Chronik der Stadt Reichenau

eingeführte Dezemabgabe, bestehend aus 6 Strich 1½ Achtel Korn (à 1 fl. 44 kr.) und 7 Strich 2½ Achtel Hafer (à 12 kr. C. M.) mit dem jährlich zu zahlenden Betrage von 16 fl. 20 kr. ab. Der kleine Turm auf dem Kirchendache war durch eindringendes Regen¬ wasser schadhaft geworden und wurde im Jahre 1868 zum dritten Male gänzlich erneuert, ebenso wurde auf Fürsprache PfarrerFelgers vom Pa¬ tronatsamte die Kirche mit Granitplatten neu gepflastert. Am 14. September 1876 verließ Pfarrer Felger zumLeidwesen seiner Kirchenkinder Reichenau. Die kirchlichen Obliegenheiten führte bis zur Neubesetzung der Pfarr telle der aus Böhm.=Leipa gebürtige Pater Adalbert Kundt als Admini¬ trator. Pater Kundt war in der Bevölkerung als guter Gesellschafter und hervorragender Kanzelredner sehr beliebt. Ihm wurde nachgerühmt, daß kein anderer beim Hochamte das „Gloria in Excelis deo“ mit so klangvoller und wohltönender Stimme zum Vortrage bringen konnte. Pater Kundt über¬ trat wegen einer Liebesangelegenheit zum Altkatholizismus und heiratete im Jahre 1881 die Bauers= und Gastwirtstochter Franziska Preißler aus Puletschnei Nr. 66. Kundt erhielt die Stelle als Stadtpfarrer in Zell i. Wiesental (Schwarzwald). Eine würdige Abschiedsfeier veranstalteten ihm seine Freunde und Bekannten am Vorabende seines Scheidens in seinem Stammwirtshause „Beim Pauer“ in Puletschnei. 19. Pfarrer Franz Krupitschka, geb. am 11. Juni 1827 in Vschejam, kam am 13. Feber 1877 nach Reichenau. Derselbe betätigte sich als eifriger Landwirt, ergriff selbst den Ackerpflug oder die Sense und säte sein Getreide stets eigenhändig. Auch in der Rechtswissenschaft war er gut beraten und verhalf manchem seiner Pfarrkinder zu einem günstigen Erfolge in Rechts¬ sachen. Krupitschka starb nach sechsjährigem Wirken am 8. August 1883. 20. Pfarrer Johann Bernard, in Modrschitsch am 21. März 1846 geboren, am 23. Juli 1870 zum Priester geweiht, war Kaplan in Langen¬ bruck, Böhm.=Aicha, Oschitz, Pfarrer in Gablonz bei Niemes und kam am 26. November 1883 nach Reichenau. Bernard war ebenfalls ein tüchtiger Land¬ wirt, aber ebenso um die innere und äußere Ausstattung der Kirche bemüht. Viele Verbesserungen und Neuanschaffungen wurden während seiner Amts¬ zeit durchgeführt. Im Jahre 1884 wurde eine neue Turmuhr, die 5., ange¬ schafft, durch Beiträge der Reichenauer Bevölkerung, und am 10. April chlug dieselbe das erstemal die Mittagsstunde Das Jahr 1886 war für die Kirche sowie für den ganzen Reichenauer Kirchsprengel ein bedeutsames und denkwürdiges. Pfarrer Bernard schreibt darüber folgendes: „Die Reichenauer Kirchengemeinde feierte am 17. Oktober 1886 den 200jährigen Gedenktag der Wiedereinführung des Katholizismus und der Wiedererrichtung einer katholischen Seelsorge. Aus diesem Anlasse wurde ein feierlicher Gottesdienst in der Kirche abgehalten. An diesem Tage (Kirchweihsonntag) war die Kirche von früh bis mittag in allen Räumen mit Andächtigen überfüllt“. Nachmittag um 2 Uhr wurde ein feierlicher Festzug auf den alten Fried¬ hof, wo bis vor 200 Jahren die alte Holzkirche gestanden hatte, veranstaltet. An demselben nahmen teil: „Die Schuljugend, die Vereine von Rei¬ chenau, Radl und Puletschnei, so der Veteranenverein, die Feuerwehr, der Unterstützungsverein und die Turner, wie auch der Gesangverein. Außer¬ dem beteiligte sich an der Festprozession, wie die „Reichenberger Zeitung berichtet, eine endlose Menschenmenge, wie sie Reichenau noch nie gesehen. Am Festplatze (alter Friedhof) hielt der Redemptoristen=Pater Mathias Wieser, ein Tiroler, eine herrliche Festrede. Diesem Jubiläum ging eine 53

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