Chronik der Stadt Reichenau

Nach dem Tode Josef Peukerts überging das Vorsteheramt im Jahre 1892 zum zweitenmale an den Postmeister und Wirtschaftsbesitzer Vinzenz Peu¬ kert Nr. 48. Unter seiner Zeit sind für Reichenau als erwähnenswerte Ereig¬ nisse zu verzeichnen: Am 13. September 1892 starb im Schlosse Sichrov im Alter von 92 Jahren der ehemalige Grundherr von Reichenau und Patro¬ natsherr, Sr. Durchl. Fürst Kamill Rohan, Herzog von Montbakon und Buillon, Prinz zu Guemenee, Rochefort und Montaban, erblicher Reichsrat, Ritter des goldenen Vließes, Großkreuz des Leopoldordens u. a. m. Die Familie Rohan entstammte einem alten Fürstenhause in der französischen Bretagne. Ein Sprößling des Hauses war Gottfried von Boullion, der Füh¬ rer des ersten Kreuzzuges im Jahre 1096 zur Befreiung Jerusalems aus Türkenherrschaft war. Beim Leichenbegängnisse des verstorbenen Fürsten waren der Ortsvorsteher Vinzenz Penkert, Pfarrer Bernard, Altförster Stütz, sämtliches Forstpersonal und einige Honoratioren aus Reichenau in Sichrov, um dem einstmaligen Grund= und Patronatsherrn die letzte Ehre zu erweisen Im Jahre 1893 wurde von Anton Schmidt aus Frydstein in der Puletsch¬ neier Mühle ein Elektrizitätswerk erbaut, in Reichenau die Stromleitung in die Häuser gelegt und am 28. Jänner 1894 erstrahlte zum erstenmale das viel bestaunte Wunder des elektrischen Lichtes. Am 14. November 1895 wurde die Ortschaft Reichenau auf allerhöchsten Entschluß Sr. Majestät des Kaisers zum Markte erhoben. Vinzenz Peukert war somit vom letzten Vorsteher zum ersten Bürgermeister von Reichenau geworden. Den neuzeitigen Bildungsbestrebungen entsprechend, gelang es den Bemühungen der Gemeindevertretung und Schulleitung, am 1. Jänner 1897 eine Knabenbürgerschule im Gebäude der Volksschule zu eröffnen. Ebenso wurde einem sanitären Bedürfnisse durch die am 22. Juli 1897 von der hohen k. k. Statthalterei in Prag bewilligte Apotheke abgeholfen unddieselbe am 1. Jänner im Hause des Leichenbestatters Karl Wenzel in Nr. 171 am Markte eröffnet. Das baufällige Steigerhaus wurde abgetragen und durch einen Neubau ersetzt, der der Feuerwehr am 7. Oktober 1898 übergeben wurde Am 8. Juni 1899 wurde der Grundstein zum Neubau der Bürgerschule gelegt. Im selben Jahre wurde auch mit dem Bau der elektrischen Straßen¬ bahn vom Bahnhofe Reichenau nach Gablonz begonnen. Bei der Gemeindewahl im Jahre 1899 ging aus derselben Josef Ullrich (der lange Poul) Nr. 228 als Bürgermeister hervor und fallen auch unter dessen Amtszeit für Reichenau wichtige Errungenschaften Am 1. Dezember 1899 fuhr der erste Probewagen auf der elektrischen Bahn und am 6. Feber 1900 wurde dieselbe dem öffentlichen Verkehre über¬ geben. Der bis zu dieser Zeit bestehende Omnibusverkehr zwischen Rei¬ chenau und Gablonz wurde eingestellt Am 19. August 1900 fand die feierliche Weihe und übergabe der neuen Bürgerschule statt. Bei der im Jahre 1900 vorgenommenen Volkszählung hatte Reichenau 3384 Einwohner. In dem Abschnitte „Grundherren“ sind wohl alle zu ermittelnden Grundzüge und Ereignisse bis zum Schlusse des Jahres 1900 über Herr¬ chaftsbesitz, Rechte und Richter aus früherer Zeit sowie die Vorsteher und Bürgermeister der Neuzeit enthalten und soll die Weiterführung in dem von der Gemeinde im Jahre 1900 angeschafften Gedenkbuche erfolgen. Nachtrag: Nach dem Richter Johann Christos Hillebrand im Jahre 1795 erscheint in den Kirchenbüchern als Richter David Preißler verzeich¬ 41

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