Chronik der Stadt Reichenau

net. Derselbe dürfte das Richteramt bis zum Jahre 1804 verwaltet haben, da vom Jahre 1805 als Richter Josef Hoffmann auf amtlichen Urkunden unterschrieben ist. Glaube und Kirche im Wandel der Zeit. Die geschichtlich nachgewiesenen ersten Bewohner des Landes Böhmen und unserer engeren Heimat, die eingewanderten Germanenstämme waren noch ihren Göttern ergeben, weil das Christentum in jener Zeit noch unbe¬ annt war. Ihr höchster Gott war Wodan oder Allvater, der mit den ihm unter¬ stehenden Göttern und Göttinnen die Welt regierte. In der himmlischen Götterburg Walhalla saß er auf einem goldenen Throne und Heimdal stand als treuer Wächter mit einem goldenen Horn vor dem Tore der Burg. Eine goldene Brücke führte zur Erde herab, auf welcher Wodan zur Erde her¬ niederritt. Die Eiche war den Germanen ein heiliger Baum und in den Eichen¬ hainen hielten sie ihren Götterdienst ab. Die höchsten Feste waren das Jul¬ fest, das zur Wiederbelebung der Mutter Erde durch den Beginn des Win¬ terschlafes gefeiert wurde. Das Fest der Göttin Ostaria verkündete den Frühling und das Erwachen der Natur. Beide Feste wurden nach der Christianisierung der Deutschen von der römischen Kirche mit in den christlichen Glauben verflochten. Das Julfest wurde in unser heutiges Weihnachtsfest umgewandelt und aus dem der Frühlingsgöttin Ostaria geweihten Feste erstand unser heutiges Ostern. Ein mächtiger Gott war auch Donar, der Beherrscher des Blitzes und Donners. Die ihm geweihte Eiche wurde vom heiligen Bonifacius, dem christlichen Apostel der Deutschen gefällt zum Beweise, daß Donar kein Gott ei und keine Macht über die Elemente besitze. Voll Staunen blickten die versammelten Germanen auf den Apostel, der stärker sei als ihr Donnergott und von diesem ungestraft den Frevel an der heiligen Eiche begehen konnte. Dieses sich vor ihren Augen vollzogene Wunder bewog die Deutschen, sich vom Götterkult abzukehren, und sich zu Ehren des alleinigen Gottes taufen zu lassen. Viele Bräuche des altgermanischen Götterkultes haben sich bis in unsere Zeit erhalten, so die bereits erwähnten Jul= und Ostariafeste, auch die Wal¬ purgisnacht (Walperoubd), in welcher die Hexen auf dem Besen oder Zie¬ genbocke nach dem Blocksberge zum Hexentanz ritten. Bis vor wenigen Jahrzehnten wurde bei uns dieser Abend noch durch Höhenfeuer, Schießen und durch das 3 Kreuze mit Kreide an die Scheunentore und Stalltüren zeichnen in Erinnerung gehalten. Durch die 3 Kreuze sollten die Hexen und bösen Geister abgehalten werden, in den so gezeichneten Gebäuden Schaden zu stiften. Die Sonnenwende oder Johannisfeuer sind auch ein aus der Germanenzeit auf uns vererbtes Merkmal Wie die Christianisierung des Sudetenlandes und unserer engeren Hei¬ mat hervorgerufen wurde, darüber bestehen verschiedene Mutmaßungen. Mit Gewißheit ist jedoch anzunehmen, daß dieselbe nicht vor dem 10. Jahrhun¬ dert in unserer Gegend Eingang gefunden hat Auch von dem Heidentume der Tschechen sind uns aus der vorchristlichen Zeit wichtige Zeichen ihres Götterglaubens in den Opfersteinen hinterblie¬ ben, so der Teufelsstein in Seidenschwanz, der Kesselstein in Gablonz und andere in der weiteren Umgebung mehr. 42

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2