Chronik der Stadt Reichenau

Auch mit den Tongefäßen und Scherben, die beim Bahnbau zu Tage gefördert wurden und verloren gegangen sind, wäre es nicht anders gewesen Allem Anscheine nach sind die ersten Ortschaften der Gegend von Rei¬ chenau nicht vor dem 13. Jahrhunderte entstanden. Nur Fischer, Vogelstel¬ ler und Jäger mögen zuvor daselbst ihrem Erwerbe nachgegangen sein und die aus alter Zeit überlieferten tschechischen Flur= und aus solchen entstan¬ denen Ortsnamen, die sich neben den deutschen vorfinden, mögen auf sie zu¬ rückgehen. In das 13. und 14. Jahrhundert fällt die älteste Bauernsiedlung, die sogenannte deutsche „Kolonisation“, zu deren Zeit auch die Tschechen stellen¬ weise vom Gebirge Besitz nahmen. Von den heutigen deutschen Dörfern waren einige ursprünglich tschechisch und wurden erst allmählich durch Zuzug deutsch wie in anderen Gegenden einstmals deutsche Orte heute der tsche¬ chischen Sprache angehören, manche wurden anstelle tschechischer Kleinsied¬ lungen ausgesetzt, die meisten in unserem Gebiete (Jeschken=Isergau) aber aus wilder Wurzel angelegt, sodaß sie also vom Anfang an deutsch waren. Siedlungen gehört Reichenau, was auch sein Zu diesen „urdeutschen“ „Reichenau“ bedeutet „zu der reichen Au“ (in reindeutscher Name bezeugt. alter Lautung: ze der richen ouwe), muß aber in den Verhältnissen unseres Ortes keine sichtliche Ursache haben, da man diesen nach einem Vorbilde so genannt haben kann (man denke an Reichenau bei Zittau oder Reichenau an der Knezna) „Rychnov“ ist nur die tschechische Form dieses Namens, der ja auch im mittelhochdeutschen „Richnow“ geschrieben wurde. Aus dem Umstande, daß der tschechische Name mit „R“ anlautet und nicht mit „R“, folgert Universi¬ tätsprofessor Dr. Schwarz, daß Reichenau erst nach der Zeit gegründet wurde zu der sich im Tschechischen vor „i“ das „r“ in „r“ verwandelte. Da dies um 1250 geschah und längere Zeit in Anspruch nahm, so kann Reichenau nicht vor 1300 gegründet worden sein Nach J. V. Simak, dem Vertreter der Heimatkunde an der tschechischen Universität in Prag, wurde Reichenau im 13. Jahrhunderte oder wenig spä¬ ter von deutschen Kolonisten angelegt. (Vergl. Simäk, Déj. paméti okresu Den sprachlichen Grund, der für das Mnichovohradistského. I, S. 26 f.). 14. Jahrhundert spricht, zog er noch nicht in Betracht. Etwa gleichaltrig wie Reichenau war Radl, dessen Name aus dem Tschechischen erklärt wird. Beide Orte gehörten zum Besitze des 1144 oder 1145 von einem Vorfahren „Mark¬ wartitze“ gegründeten Zisterzienserklosters Münchengrätz. Die Zisterzienser verwandelten nicht nur die schon vorhandenen Dörfer ihres Besitzes in solche mit deutschem Recht, sondern legten auch zahlreiche neue an, darunter um 1300 Radl und Reichenau. Zum erstenmal erwähnt wird Reichenau im Jahre 1361, und zwar in den „Bestätigungsbüchern Libri confirmationum) der Prager Erzdiözese (näheres darüber im Ab¬ chnitt „Kirche und Glauben“ Was über die Auffindung einer alten Kapelle durch einen heimkehrenden Kreuzfahrer erzählt wird, entbehrt jeder geschichtlichen Begründung. Reichenau gehörte dem Kloster bis zu dessen Zerstörung 1423 an. 1425 nahm es Johann Ralsko von Wartenberg in Besitz, am 27. Jänner 1436 wurde es mit Radl, Jenschowitz und vier Leuten von Nudwojowitz dem Heinik von Waldstein verschrieben und gehörte bis 1538 zu Kleinskal, so¬ dann bis 1565 zu Rohosetz und 1565 bis 1850 zu Swijan. Dieses war von 1565—1602 im Besitze des Johann von Wartenberg, dann hatte es seine Witwe Anna Katharina und deren zweiter Gemahl Joachim Andreas Schlick, der 1621 enthauptet wurde. 1624 kam es an Maximilian von Waldstein, des¬ 20

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