Chronik der Stadt Reichenau

sen Nachkommen es bis 1814 inne hatten. Seitdem besaßen es die Fürsten Rohan (Sichrov). Die Grundherrschaft. Die deutschen Bauern des Mittelalters standen zu ihrem Grundherrn in einem genau geregelten Vertragsverhältnis, das zumeist zwischen dem Manne, der die Gründung durchführte, dem Locator und dem Grundherrn vereinbart worden war. In dem Vertrage, der sich bei einigen Orten erhal¬ ten hat, war festgesetzt, welchen Umfang das Dorf haben sollte, wieviel Bau¬ ern in ihm ausgesetzt werden sollten, die Pflichten und Rechte des Locators, dem meist die Erbrichterei eingeräumt wurde, sowie die Pflichten und Rechte jedes einzelnen Bauern Die Bewohner der deutschen oder der nach deutschem Recht ausgesetzten tschechischen Dörfer besaßen ihren Grund und Boden zwar nicht in vollem Eigentum, aber doch erblich, und konnten ihn mit allen Rechten und Pflich¬ ten veräußern. Die Erblichkeit insbesonders war ein unantastbares, in jedem Verkauf immer von neuem ausgesprochenes Recht, das auch in der Zeit der schlimmsten Leibeigenschaft (zweite Hälfte des 17. und 18. Jahrhunderts nicht gebrochen wurde. Ungleich waren nur die Grade der Verwandtschaft, auf die sich das Erbrecht erstreckte Bezüglich der Veräußerung hatten die Bauern ursprünglich freie Hand; doch wurde schließlich allgemein die Bestätigung des Kaufes oder Tausches durch die Grundherrschaft erforderlich. Der Herrschaft lag vor allem daran, daß die Bauerngründe in der Hand tüchtiger Wirte waren, die imstande waren, ihren Erbverpflichtungen nachzukommen. Die Leute waren frei und konnten ihres Weges ziehen, wenn sie ihren Grundbesitz veräußert hatten nach den Hussitenkriegen — wurden sie leibeigen — Erst im 15. Jahrhundert und gehörten zu der Herrschaft als Untertane, mochten sie Besitz haben oder nicht, Bauern sein oder einen anderen Beruf ausüben. Die Freizügigkeit war aufgehoben und die Veränderung des Wohnsitzes hing von der Bewilli¬ gung der Obrigkeit ab, nicht minder wie die Wahl eines anderen Berufes. Bis zum dreißigjährigen Kriege war die Lage noch immer erträglich und die Rechte der Obrigkeit dienten mehr einer allgemeinen Wohlstandsförde¬ rung als der Ausbeutung. Zu dieser wurden sie erst nach dem großen Kriege in immer steigendem Maße mißbraucht. Die Erblasten, welche bei jedem Besitzerwerbe mit übernommen wurden, bestanden anfangs meist nur in z. B. zu Galli und Georgi — einem jährlichen, gewöhnlich in zwei Raten zahlbaren Zinse, der für alle Zeiten festgesetzt war und auf vielen Herrschaf¬ ten tatsächlich bis zur Aufhebung der Erbuntertänigkeit nicht erhöht worden ist. Dazu kamen gewisse Abgaben an Getreide, Hühnern, Eiern u. a. m., was aber nicht überall der Fall war, ferner und wohl nicht vom Anfange an Ar¬ beitsleistungen, die im Pflügen, Jäten, Mähen und Schneiden, Flachsraufen Rübenhacken, Spinnen, Holzfahren u. a. m. bestanden, aber ebenfalls genau festgelegt waren, sich auch in solchen Ausmaßen bewegten, daß bis zum drei¬ ßigjährigen Kriege von einer Ausbeutung nicht gesprochen werden kann Selbst bei den größten Bauern Nordböhmens war die sogenannte Robot mit 12—15 Tagen jährlich abgetan, worunter meist nur 4—5 Tage Zugrobot varen, die man, wie die übrigen Dienste, auch durch Knechte verrichten lassen konnte. Hausleute, die zur Miete wohnten, desgleichen Häusler ohne son¬ stigen Grundbesitz, leisteten auf der Lemberger Herrschaft noch 1615 nur 4 Robottage jährlich: 2 Tage mähen und 2 Tage schneiden, d. h. als zwei Mäher= und zwei Schnittertage. Die Witwen solcher Leute hatten nur zwei Tage zu schneiden. 24

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