Chronik der Stadt Reichenau

Wurzeln und Waldbeeren genährt haben, wodurch das Wort Mankeloch entstanden sei. Auf andere Weise läßt sich das Wort mit Sparen oder Auf¬ bewahren erklären. Bei uns ist heute noch der Ausspruch üblich, daß, wenn jemand Geld oder andere Sachen spart oder aufhebt, er legt es in die Manke. Möglicherweise können unsere Vorfahren in unsicheren Zeiten ihr Vieh und Lebensmittel in der Schlucht verborgen haben, wodurch der Name entstan¬ den sei. Als letzte von aller Welt abgesonderte Kleinsiedlung der Gemeinde Reichenau sind wohl die zwei Häuser im „Grundloche“ zu nennen, welche jedoch erst nach Eröffnung der Eisenbahn erbaut wurden. Die Bezeichnung Grundloch ist jedoch schon von altersher im Volke gebräuchlich. Hinter dem Bahnhofe in westlicher Richtung stehen ziemlich abgeschlossen für sich fünf Häuser, welche von der Bevölkerung das „Vogtland“ genannt werden. über die Entstehung des Namens lassen sich nur Vermutungen hegen, es ist die Möglichkeit vorhanden, daß der Erbauer des ersten Hauses auf dem Grunde Vogt geheißen habe, und in der Zeit der Spitznamen das ganze Gelände Vogtland genannt wurde. Die beim Bahnbau errichteten Wächterhäuschen stehen fast alle in Ein¬ samkeit am Bahngelände, doch hat der Volksmund noch keinen Namen für diese abgesonderten Stellen erfunden. Vorgeschichtliches. Um die Entstehung oder Gründung unseres Heimatsortes Reichenau in der Vergangenheit in möglichst entsprechender Weise beurteilen zu kön¬ nen, bedarf es eines Rückblickes in die graue Vorzeit und einer eingehenden Betrachtung der geographischen Lage und der geologischen Bodenverhältnisse. Die das Reichenauer Tal von allen Seiten umschließenden Berge und Höhenzüge sowie die Ablagerungen von Quarzitsand und Schiefergerölle an tiefer gelegenen Stellen lassen mit Sicherheit darauf schließen, daß das Ta einst ein See gewesen sein muß, dessen Abfluß sich an der niedrigsten Stelle, dort, wo jetzt die Radler Mühle steht, durch den sich von Radl bis Jestrschab hinziehenden kammartigen Höhenrücken aus Schiefergestein Bahn brach und zur allmählichen Entleerung des Wasserbeckens führte. Vulka¬ nische Erschütterungen des Jeschkens dürften diesen Vorgang mit beschleu¬ nigt haben. Die umliegenden Höhen mögen damals mit Eichenwäldern bewachsen gewesen sein, welche sich nach dem Abflusse des Wassers wohl über das ganze Tal ausbreiteten. Beim Bahnbau in den Jahren 1857 bis 1858 wurden beim Grundgraben zum Viadukt in 8—10 Ellen Tiefe starke und fast ver¬ steinerte Eichenstämme ausgegraben, an denen der gewaltigste Axthieb wir¬ kungslos abprallte. Noch vor 50 Jahren standen in Reichenau viele mäch¬ tige Eichen, welche, wie schon erwähnt, zu Wellen und Rädern für den Mühlbau abgeschlagen wurden. Auch wurden beim Bahnbau aus beträchtlicher Tiefe Tongefäße und Scherben zu Tage gefördert, und brachte der damalige Bauleiter Stix ein dort ausgegrabenes, unseren heutigen Tonkrügen ähnliches, jedoch mit zwei Henkeln versehenes Gefäß mit in sein Stammgasthaus (heutige Vereins¬ halle) mit, um es mit Bier füllen zu lassen. Die resolute Wirtin, mit dem Namen „Traute Liese“ benannt, nahm jedoch das unappetitlich aussehende Gefäß und warf es durch das offene Fenster in den Hof, wo es in Scherben ging. Wilhelm Preißler: „Chronik der Stadt Reichenau“. 2 17

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