Chronik der Stadt Reichenau

Gutbrunnwarte erstanden, von welcher der Naturfreund eine herrliche Aussicht auf das im Neißetale liegende Gablonz, das Iser= und Riesengebirg genießt. Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts lebte in Gutbrunn ein Viehhändler, welcher weder lesen noch schreiben konnte, dafür aber ein sehr gutes Gedächtnis hatte. Er hatte oft über hundert Kühe auf Borg und Abzahlung in der weiteren Umgebung verkauft und kassierte die Raten stets am Sonntage abwechselnd nach dem Gottesdienste vor dem Kirchentore, ohne sich jemals in den abgezahlten Beträgen zu irren Grenze. Als letzter größerer Ortsteil der Gemeinde Reichenau ist die Siedlung Grenze zu nennen. Der Name stammt wohl daher, daß der Ortsteil unmit¬ telbar mit der Gemeinde Kukan zusammenhängt und so die Ortsgrenze bildet. über das Alter der Siedlung ist wenig bekannt, nur soviel ist sicher, daß sie schon vor dem 30jährigen Kriege bestand Schwarzecker schreibt nämlich, daß in diesem Kriege in Reichenau und Umgebung die Pest durch die Soldatenhorden eingeschleppt wurde und oft sämtliche Mitglieder einer Familie der Seuche zum Opfer fielen. Die Nach¬ barn haben, nachdem sie sich vom Tode aller Bewohner überzeugt hatten, die Häuser angezündet und die Leichen mit verbrannt, um der Pest Einhalt zu tun. Unter den drei in Reichenau mit an der Pest gestorbenen Leuten ver¬ brannten Häusern befand sich auch die Fichtelschänke (heutige Grenzschänke). Dieselbe wurde nach dem Erlöschen der Seuche von einem Verwandten wieder aufgebaut und unsere Väter erzählten oft, wie sie in die Fichtel¬ schänke zum „Bieroubte“ (Tanzmusik) gegangen seien. Am 18. Oktober 1871 brannte das weitläufige Holzgebäude der Fichtel¬ schänke wieder ab und es erstand auf der Brandstelle die heutige feuerfest gebaute Grenzschänke. Die Einwohner des Ortsteiles Grenze beschäftigen sich nur zum geringen Teil mit Landwirtschaft, sondern hauptsächlich mit der Glasindustrie. Unter den Häusern der Grenze gehörten die meisten Besitzern mit dem Namen Rößler. Südlich von Reichenau in der Richtung gegen Kopain liegt die zum Ge¬ meindegebiete gehörende Einschicht „Liska“. Diese dürfte wohl in Kriegs¬ zeiten erbaut worden sein, da, wie Schwarzecker berichtet, die Bewohner vor anrückendem Kriegsvolke mit ihrem Vieh und beweglichen Gute in schwer auffindbare und unzugängliche Waldschluchten geflüchtet seien. Noch im Kriegsjahre 1866 verbargen sich in der Liskaschlucht mit ihren Pferden einige Bauern aus Furcht, daß ihnen die Preußen ihre Pferde wegnehmen wür¬ den. Als sie sahen, daß ihnen von den harmlosen Preußen keine Gefahr drohe, kehrten sie nach dreitägiger Abwesenheit mit ihren Gäulen wieder zurück. Der Ursprung des Namens dürfte wohl auf das tschechische Wort „Liska“ (Fuchs) oder aber allenfalls nach dem tschechischen Worte „Liska“ (der Hasel¬ trauch) zurückzuführen sein, da das Gelände jedenfalls ebenso von Füchsen belagert war wie die Fuchsbresche. Noch eine ähnliche Talschlucht mit 4 Häusern am Eingange soll hier ver¬ nerkt werden, es ist das sogenannte „Maukeloch“. Auch von dieser Wald¬ schlucht erzählen alte Leute, daß ihre Vorfahren in Kriegszeiten dort Schutz und Zuflucht vor der Soldateska gesucht haben. Die Bezeichnung des Tal¬ einschnittes mit dem Namen „Maukeloch“ wird auf mehrere Arten begrün¬ det. Der überlieferung nach sollen sich die dort verborgenen Flüchtlinge in Ermangelung der Kartoffeln mit einer Manke aus Mehl, Pilzen, 16

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2