Chronik der Stadt Reichenau

Bauernwirtschaft Nr. 100 und wird auch diese Wirtschaft heute noch „beim Doftbäcken“ genannt Im ersten Heft der neuen Bezirkschronik wird die „Doftmühle“ fälsch¬ licherweise als „Dorfmühle“ bezeichnet. Erst in neuerer Zeit wurde die Mühle von der Bevölkerung „Ober=Mühle“ genannt Einen alten, anhaftenden Namen führte auch die Familie Rößler Nr. 17. Der ehemals große Grundbesitz ist heute durch Erbteilung in drei bis zum Ortsteile Grenze laufende Streifen zergliedert. In Reichenau stehen au dem einstigen Rößlergrunde die Häuser von Nr. 11 bis Nr. 18 und im Orts¬ teile Grenze auch noch zwei Rößlerhäuser. Die Vorfahren der Familien befaßten sich nebst der Landwirtschaft mit dem Fuhrwesen und kamen nach überlieferungen auf ihren Fahrten, hauptsächlich mit Gablonzer Glaswaren und Reichenberger Tuch ausführend, bis Triest, Hamburg und Warschau. Die Familie ist heute noch als Rießlerleute bekannt. Einen alten, über 100 Jahre anhaftenden Spitznamen hat auch die Bauernwirtschaft Nr. 23. Der Bauer Maschke war zu Ende des 18. Jahrhun¬ derts herrschaftlicher Dorfrichter in Reichenau und hatte einen Sohn namens Josef. Nach der Amtsenthebung des Vaters übernahm der Sohn die Wirt¬ chaft und erhielt diese den Namen „bei Röchtersseffeln“ der heute noch fort¬ besteht. Einen zweiten Spitznamen, der aber von der Familie nicht gern gehört wurde und dessen Ursprung nicht zu ermitteln ist, führte die Familie ebenfalls und wurde die Wirtschaft im Volksmunde auch „beim Kankelpauer“ genannt. Die Großmutter des jetzigen Besitzers hieß allgemein „die Kanke“ Aber seit deren Tode ist der Name allmählich in Vergessenheit geraten. Noch älter ist der Spitzname der Bauernwirtschaft Nr. 33. Sie führt seit Jahrhunderten den Namen „beim Prasselpauer“. Das Haus wurde im Jahre 1716 von einem Sohne Johann Adam Preißler errichtet. Wie der Name entstanden ist, darüber bestanden verschiedene Erklärungen. Von einer Seite wurde angeführt, daß das Wort „Prassel“ eine Ableitung von Preißler sei. Von anderer Seite wurde erklärt, daß das Wort von den drei Bränden erstamme, von denen das Haus kurz nach seiner Erbauung heimgesucht wurde, ohne jedoch ganz abzubrennen. Dieses öftere Feuergeprassel soll der Ursprung des Namens sein. Im Jahre 1824 kam eine Zigeunerin in das Haus und bannte durch ihre Orakelsprüche für die Zukunft jede Feuersgefahr von dem Hause. Gleichzeitig übergab sie dem damaligen Besitzer ein kleines Bild des hl. Florian, das heute noch in einer Vertiefung an einem Balken über der Stubentür sichtbar ist. Vor weiteren Bränden blieb das Haus seit¬ her bewahrt Nach den Erzählungen der alten Nachbarn soll der Spitzname durch eine andere Begebenheit entstanden sein. Der junge Bauer Preißler habe auf seinem Felde Korn gesät, als ein vorübergehender Tschesche ihn fragte: „Prosim vas strejtsku, kde je cesta do Jablonce?“ Der Bauer, der den Tsche¬ chen nicht gut gesinnt war, antwortete ihm, ohne von seiner Arbeit aufzu¬ sehen: „Dos es ejtun, obs prosselt oder treitscht, giet ock der Nose nouch“ Durch diese Antwort vom Prasseln oder Trejtschen, die von den Nach¬ barn gehört wurde, soll der Bauer den Namen „Prasselpauer“ erhalten haben. Bei einer Einquartierung im Jahre 1809 wurde laut Eintragung in den Kirchenbüchern der Prasselbauer zur Aufnahme von 8 Mann Militär ver¬ pflichtet. Daß der Name nach über 200jährigem Bestande noch nicht erloschen st, beweist der Umstand, daß heute die Nachkommen der Familie noch als Prasselbauer bezeichnet werden. Um das Jahr 1780 starb der ehemalige herrschaftliche Richter und Bauer Johann Adam Preißler Nr. 34. Schon in seiner Jugend hatte die damalige 139

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