Chronik der Stadt Reichenau

mußte, wo meistens junge und arbeitsame Menschen bei denen Landbauern blos um Kost zu Arbeiten wenig Gelegenheit finden konnten. In dem von Franz Preißler hinterlassenen Buche sind ebenfalls Nach¬ richten über das Geldwesen früherer Zeit enthalten. Ein Satz lautet: „Im Jahre 1802 kam neues Geld: 24=kr.=, 12=kr.= und 6=kr.=Stückel aus Silber (kr. = Kreuzer) In den Jahren 1803 und 1804 bildete sich eine Bande, die sich damit befaßte, das österreichische gute Silbergeld gegen hohen Gewinst über die Grenze nach Sachsen und Preußen zu paschen und für teures Geld reichs¬ deutsche Lebensmittel im Orte zu verkaufen. Der Bevölkerung blieb nur das fast wertlose Scheingeld und stieg das Getreide neuerlich hoch im Preise. Auch Schwarzecker berichtet, daß zu Anfang des 19. Jahrhunderts in der ganzen Umgebung ein großer Geldmangel herrschte und die Garnhändler das für die Ware erhaltene gute Silbergeld scheffelweise einsammelten und die Arbeiter aber nur mit Papier=Scheingelde auszahlten.“ Erzäh¬ Dieser Bericht dürfte den Tatsachen entsprechen, denn nach den lungen unserer Vorfahren haben die Garnhändler ihr Geld nicht gezählt. sondern mit dem Scheffel gemessen. Der alte Hausbesitzer Johannes Hübner Nr. 27 (Kaspern Hons) erzählte oft, daß sein Nachbar Lang Nr. 28 (Pauer¬ christel), der früher einen großen Garn= und Salzhandel betrieben habe, sein Geld, Taler= und Silberzwanziger. in einer Backteise aufbewahrt hätte und monatlich ein Seidel (Hohlmaß) Silberzwanziger für den Lebensunterhalt aus der Backteise geholt habe Franz Preißler schrieb, daß im Jahr 1806 viel falsches Geld und auch gefälschte Stempel im Umlaufe gewesen sind. Die damals kunstlose Ausstattung der Banknoten mag erfinderische Köpfe dazu verleitet haben, den großen Geldmangel jener Zeit aus Profit¬ aier durch Nachmachen der echten kaiserlichen Geldscheine zu beheben. Haupt¬ sächlich waren es 10=fl.=Noten, die in großen Mengen jahrelang von Fäl¬ schern hergestellt wurden. Die Behörden kamen nach langem Suchen zu der überzeugung, daß das Falschgeld nur in der hiesigen Gegend auftauche und nur in unmittelbarer Nähe gemacht worden sei. Als Haupt der Geldfälscherbande wurde der uns bereits aus dem Lotte¬ riebetriebe bekannte John aus Grünwald festgestellt. Zu der Habhaft¬ in machung der Bande waren Gendarmen und Soldaten aus Jungbunzlau der hiesigen Gegend postiert Nach den Erzählungen der alten Nachbarn wurde John von den Gen¬ darmen in Gablonz ausgeforscht, entkam aber durch die Flucht und wurde durch den Großwald über Gutbrunn bis nach Reichenau verfolgt, wo er viel¬ leicht hoffte, sich bei einem Spießgesellen verbergen zu können. Beim Hause Nr. 34 (Honsodel) war John plötzlich vor den Augen seiner Verfolger ver¬ schwunden. Nach gründlichem Suchen wurde John im Keller des Hauses gefunden, hatte aber eine Pack falsches Geld unter den dort lagernden Kar toffeln versteckt. John wurde gefangen und von den Gendarmen nach Jung¬ bunzlau überführt, wo er zu einer langen Zuchthausstrafe verurteilt wurde. Auch die anderen Mitglieder der Fälscherbande wurden nach kurzer Zeit festgenommen, darunter ein Krause aus Heilgenkreutz und Karl Pelzel aus Reichenau, der auch eine längere Freiheitsstrafe verbüßte. Karl Pelzel (Pelz Korl) dürfte unseren älteren Bürgern noch durch seinen ruckweisen Gang in Erinnerung sein. Derselbe wurde später der Schwiegervater des Blauen=Lotterie=Unternehmers Haderich. 131

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