Chronik der Stadt Reichenau

Das Fuhrwerk und die gestohlenen Waren wurden an mit unter einer Decke stehende Hehler in den Städten verkauft Einen verunglückten und erfolglosen Einbruch verübten die Räuber an einem Sonntagabend bei Hofrichter (unter dem Spitznamen Franto be kannt) in Jestrschab. Der Sohn Josef, welcher später die Schneidermühle im Besitze hatte, war zur Zeit des Einbruches ein etwa vierjähriger Junge. Derselbe erzählte in seinem Alter oft in ausführlicher Weise von dem Ein¬ bruche. Es waren 7 im Gesichte geschwärzte und vermummte Männer, die mit Ungestüm in das Haus eindrangen und von dem großen und riesen¬ tarken Franto drohend die Herausgabe seines Geldes forderten. Hofrichter war als reicher Mann bekannt. Er ließ sich durch die Drohung nicht aus der Ruhe bringen und sagte, daß er sein Geld auf der Bühne (am Dachboden hätte und sie sollen nur mitkommen und es sich holen. Er zündete einen Span an und ging den Räubern voran. Auf der letzten Treppenstufe trat er plötzlich die Flamme des Spanes aus, sodaß augenblickliche Finsternis eintrat, ergriff ein auf dem Deckenbalken liegendes Knetscheit und hageldicht sausten die Hiebe auf die Köpfe der hinter ihm stehenden Räuber, so daß diese schleunigst die Treppe herabstürzten und ohne Geld das Weite suchten Der kleine Junge hatte einen der Räuber an der Stimme erkannt und sagte: „Dou wor doch Vetter Antoun drbei“. Die Frau des Franto war in das Nachbarhaus gelaufen, um Hilfe zu holen. Als sie vor die Fenster kam, örte sie noch, daß der Mann eben vor ihr das Haus betrat. Auf die Frage seines Weibes, ob sie etwas erwischt hätten, antwortete der Mann: „Ja, viel Hiebe haben wir erwischt“ Hofrichter wußte nun, daß sein nächster Nachbar und auch sein Schwager an dem Einbruche beteiligt waren, doch unterblieb wegen der Umständlichkeit eine gerichtliche Anzeige. In späterer Zeit gesellte sich zu der Diebsbande auch der vielen Bürgern gewiß noch bekannte Kasimier Peukert; derselbe mochte ein brauchbares, aber auch ein gefährliches Mitglied der Bande sein, da er auch vor Mordtaten nicht zurückschreckte. In Jungbunzlau statteten die Räuber dem Kreisgerichte einen Besuch ab, um die dort gegen sie vorliegenden Akten zu stehlen. Kasimier erzählte, daß sie dort Schleiferschusters Büttel, einen damals kleinen, schmächtigen Burschen, durch ein eingeschlagenes Fenster in das Haus gesteckt hätten, damit er von inwendig die Türen aufmache und dann auf Schnarrposten stehe. Zu diesem Zwecke sei das Büttel bei den Einbrüchen immer verwendet worden. Die Akten wurden von der Bande nicht gefunden, weshalb der im Amts¬ gebäude wohnende Verwalter aus dem Bette geholt, gefesselt und mit vor¬ gehaltenem Gewehre am Leben bedroht wurde, wenn er nicht die bewußten Akten zur Stelle schaffe. Dem bedrängten Manne blieb nichts übrig, als den Verbrechern die Schriftstücke auszufolgen, die an Ort und Stelle verbrannt wurden. Als Entschädigung für ihre Arbeit raubten die Einbrecher noch die Gelder aus der Amtskasse. Wie gefährlich diese Räuberbande auch für Reichenau war, darüber schrieb der Maler Anton Ullrich am 2. Jänner 1841 in seinem Tagebuche olgendes: „Waren mehrere Inwohner aus Reichenau, die eine geheime Wache auf eigene Kosten unterhalten hatten, in Swijan beim Verwalter. Sie erhielten wohl die Bewilligung zu der Wache, doch wurde die Sache von der Behörde nicht mit dem Nachdrucke behandelt, die sie verdiente, da seit län¬ gerer Zeit viel Dieberei in der Gegend herrscht, und besonders vor wenigen Wochen in Reichenau nacheinander bei Peukert (Bargschneider), bei Lindner (Flurl), bei Gerber, und zwar fast allnächtlich gestohlen wurde, das aber auf¬ gehört hat, so lange die Wache besteht. Doch hatte die Beschwerde der Wache Wilhelm Preißler: „Chronik der Stadt Reichenau“. 10 145

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