Chronik der Stadt Reichenau

Nach dem Umsturze wurde der „Deutsche Schulverein“ in den „Deut¬ schen Kulturverband“ umgewandelt, doch bleiben die zu erstrebenden Ziele dieselben Im Jahre 1883 errichtete der Turnverein eine Sängerriege; die Ursache hierzu lag in dem Umstande, daß im Gesangverein „Liederkranz“ nur dem Malerstande angehörende Sänger Aufnahme fanden. Die jungen sanges¬ kundigen Männer der anderen Industriezweige, denen der Eintritt in den „Liederkranz“ verschlossen war, sahen sich genötigt, in anderen Kreisen ihre Sangeslust zu betätigen. Da die meisten dem Turnvereine angehörten, Die Sängerriege kam es zur Errichtung der Sängerriege im Vereine. schaffte ein eigenes Klavier an und die nun öfters veranstalteten Turner¬ kneipen fanden Anklang und waren immer gut besucht. Beide Vereine, Turner und „Liederkranz“ hatten ihre Vereinsheime in der „Vereinshalle“ und schon nach kurzer Zeit kam es zu Zerwürfnissen zwischen den Mitgliedern und der Leitung der beiden Vereine. Die Sänger¬ riege zog mit ihrem Klavier aus der „Vereinshalle“ aus und zerfiel nach einiger Zeit von selbst. Doch kam die Sängerschaft des Turnvereines nicht zur Ruhe und es kam wenige Jahre später zur Gründung eines zweiten Gesangvereines in Reichenau. Deutscher Kindergartenverein. Im Jahre 1891 befanden sich in Reichenau einsichtsvolle Männer und Frauen, die um das Wohl noch nicht schulpflichtiger Kinder, hauptsächlich der arbeitenden Klasse, besorgt waren. Viele Frauen und Mütter waren mit gewerblichen Arbeiten in der Glasindustrie, Olmalerei und Gürtlerei beschäftigt und konnten ihren Kindern nicht die nötige Pflege und Sorgfalt angedeihen lassen. Aus diesem Grunde ergab sich die Notwendigkeit, eine Anstalt zur Aufnahme solcher kleiner deutscher Pfleglinge über die Tages¬ tunden ins Leben zu rufen. So erstand im obengenannten Jahre der „Deutsche Kindergartenverein“. Das Lokal zur Unterbringung des Kindergartens wurde in der Volks¬ chule gefunden, wo es sich noch heute befindet. Eine geprüfte Kindergärt¬ nerin betreut die Kinder in den Vor= und Nachmittagsstunden, unterhält sie mit verschiedenen Spielen und lernt sie geistbildende Kleinarbeiten, wäh¬ rend die Mütter unbehindert ihre häuslichen und gewerblichen Arbeiten verrichten können. über die Sommermonate spielt die Kindergärtnerin mit ihren Zöglingen in den Gartenanlagen der Volksschule oder macht mit ihnen Spaziergänge durch die nähere Umgebung. Spar= und Vorschußverein. Die ersparten Gelder der Bewohnerschaft von Reichenau gehören zum Wohle und Nutzen der Gemeinde und Allgemeinheit in örtliche Verwaltung. Unter dieser Devise wurde im Jahre 1892 in Reichenau der „Spar= und Vorschußverein“ gegründet. Die Verwaltungsräume besanden sich ansäng¬ lich im neuerbauten Hause des Herrn Josef Maschke Nr. 468 an der Schul¬ und Hochstraße. Erster Buchführer und Kassier war der Volksschullehrer Josef Czerwinka. Durch den guten Geschäftsgang in allen Industriezweigen um diese Zeit und den Sparsinn unserer Bevölkerung sammelten sich bedeutende Geldbe träge im Orte an, die bis zur Errichtung der heimischen Geldanstalt in die Sparkassen in Liebenau, Gablonz, Reichenberg und Friedland eingelegt wurden, wodurch den Sparern oft weite Wege und Zeitverlust erwuchsen. 138

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