Chronik der Stadt Reichenau

Saatgänger=Verein. Den Vereinsgründungen der gewerblichen Kreise folgte auch die der Landwirtschaft, indem im Jahre 1869 der landwirtschaftliche „Saatgänger¬ Verein“ ins Leben gerufen wurde. Die Ziele dieses Vereines entsprachen mehr den kirchlichen Interessen. Alljährlich am „Christi=Himmelfahrtstage cierten die Saatgänger ihr Fest. Schon bei Morgengrauen donnerten die Feuermörser den Beginn des Festtages und nach dem ersten Mörserschuß chmetterte die Musikkapelle ihre Märsche der noch schlafenden Bevölkerung als Festgruß in die Ohren. Gegen 8 Uhr früh versammelten sich die Saatgänger in ihrem Vereins¬ heime „Zur Stadt Prag“ und zogen dann nach kurzem Gottesdienste bis gegen Mittag durch die Felder gegen Kukan, Puletschnei, Kopain, Pelkowitz oder Radl unter Vorantritt der Fahne und Musikkapelle, die auf dem gan¬ zen Wege Kirchenlieder spielte. Zu den Reichenauer Saatgängern gehörten auch die Landwirte der umliegenden Nachbarorte, nur Radl gründete später einen eigenen Verein Bis auf den heutigen Tag sind die Saatgänger ihrer Tradition treu geblie¬ ben und halten am Christi=Himmelfahrtstage ihren Umzug mit Musik und Böllerschießen. Mehrere Vereinsgründungen entstanden nun in kurzen Zwischenräu¬ men infolge der in Reichenau aufblühenden Industrie und Geistesbildung. Maler=Unterstützungsverein. In der früheren Zeit gab es noch keine Krankenkassen und war der arbeitende Stand im Falle der Erkrankung mit seiner Familie der bitteren Notlage preisgegeben. Diesem übelstande abzuhelfen, faßten die fortschritt¬ lich gesinnten Maler den hochherzigen Plan, für erkrankte Berufsgenossen im Jahre 1869 eine Unterstützungskasse zu gründen und so entstand in Reichenau als erste derartige Gründung der Maler=Unterstützungs=Verein, dessen Vereinslokal im Gasthause Schöffel („Grüner Baum“) am Markte gewählt wurde, wo es sich noch heute befindet. Maler=Fortbildungsverein. Zu Beginn der Olmalerei in Reichenau gab es noch keine Fachschule oder anderes Institut zur fachmännischen Vorbildung der jungen Zöglinge dieses Kunstgewerbes. Zur besseren Ausbildung in ihrem Fache gründeten die Maler im Jahre 1871 den „Maler=Fortbildungsverein“ und verlegten ihr Vereinsheim ebenfalls in Schöffels Gasthaus am Markte. Dem Streben dieses Vereines mag wohl ein großer Teil des Verdienstes anzurechnen sein, daß Reichenau im Jahre 1874 vom hohen Ministerium die Bewilligung zur Errichtung einer Fachschule für Zeichnen erhielt. Feuerwehr. Einem dringenden Bedürfnisse der stets fortschreitenden Zeit bei Feuersgefahr abzuhelfen, wurde am 20. September 1875 in Reichenau im Gasthause des Josef Schössel, Nr. 262 (heutige Vereinshalle), die Freiwil¬ lige Feuerwehr gegründet. 133

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