Chronik der Stadt Reichenau

Platz von der Bevölkerung umlagert, da dieselbe in Ermangelung von Haus¬ brunnen am linken Mohelkaufer ihren Trink= und Kochwasserbedarf dort holt. Die Quelle führt im Volksmunde die Bezeichnung „Das Rinnel“ Beim Hause Nr. 38 befindet sich eine mit kellerartiger Umfassung versehene Wasserschöpfe, welche von den Bewohnern der Bauernseite in Anspruck genommen wird. Nahe der Puletschneier Ortsgrenze befindet sich beim Hause Nr. 24 eine ausgiebige Quelle, der sogenannte Molkeborn. Diese Quelle gehörte früher in das Puletschneier Gemeindegebiet und wurde bei der Grenzvermessung im Jahre 1845 der Gemeinde Reichenau einverleibt. Noch zu vermerken ist die Wasserschöpfe auf dem Grunde der ehemaligen Dosenfabrik Hofrichter, welche mit einer Mauer umgeben und überdacht ist. Klima. Die Witterungsverhältnisse sind in unserer Gegend der nördlichen und gebirgigen Lage entsprechend schon ziemlich rauh, wohingegen in dem nur eine Wegstunde entfernten, südlicher gelegenen Flachlande hinter dem Ka¬ chener und Kopainer Berge ein schon viel milderes und wärmeres Klima vorherrscht. Infolge der geschützten Lage durch die sich im Westen und Norden hin¬ ziehenden hohen Jeschkenkämme ist der Herbst meist noch milde und von län¬ gerer Dauer, wie uns auch der Winter vor der strengen Gebirgskälte der nördlicheren Gegend bewahrt. Ebenso bieten die den Ort südlich und östlich umsäumenden Gebirgszüge genügend Schutz gegen Elementarkatastrophen, wie schwere Gewitter, Wol¬ kenbrüche und Windhosen, sodaß Reichenau von derartigen gewaltigen Na¬ turereignissen bisher verschont geblieben ist. Jahre mit ungewöhnlicher Witterung machten sich natürlich auch hier bemerkbar. So berichten die ältesten Aufzeichnungen aus unserer Gegend äußerst strenge und andauernde Winter in den Jahren 1609 und 1691. Schon im Monate Oktober einsetzende Kälte mit viel Schnee bis Ende April ließen Menschen in den Wohnungen und Vieh in den Ställen erfrieren. Wie Schwarzecker berichtet, fielen am 18. Feber 1718 in Reichenau und Umgebung so gewaltige Schneemassen, daß die Häuser überdeckt waren und die Bewohner nur durch den Kamin ins Freie konnten. Im Jahre 1740 herrschte ein so strenger und kalter Winter, daß am 26. Mai noch kein Gras¬ halm und grünes Blättchen zu sehen war. Auch das Jahr 1741 zeichnete sich durch einen zu Anfang November beginnenden harten und kalten, jedoch schneearmen Winter aus, der Mohelkabach und die Teiche waren ausgefro¬ ren. Die Mühlen waren wegen Wassermangel nicht imstande, zu mahlen, und die Bauern fuhren in Ermangelung des Mehles ihr Getreide in die Mühlen des nicht ausgefrorenen Polzenbaches hinter den Jeschken zum Mahlen und blieben mit ihren Fuhrwerken vier bis sechs Tage fort. Anfang Juli des Jahres 1785 brach eine Kälte aus, welche bis Ende August anhielt. Auf den Bergen lag Schnee, Baum= und Feldfrüchte erfro¬ ren, die Stuben mußten geheizt werden und die Getreidepreise stiegen bis auf 52 Gulden für einen Strich Korn, 56 Gulden für Weizen und 16 Gul¬ den für Erdbohnen (Kartoffeln). Hartes Holz 8 Gulden 50 Kreuzer, weiches 6 Gulden für die Klafter in gutem Silbergelde. Augustin Weiß schreibt in seinem Buche: „Anno 1804 fiel um die Zeit Martini ein so großer Schnee mit ungestümer Kälte und ist bis 18. Mai 1805 liegengeblieben, worauf aber noch einige Nachwinter kamen, und 7

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